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Der Sprung ins Jenseits

Der Sprung ins Jenseits

Titel: Der Sprung ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Darlton
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wurde nachdenklich. »Mein Onkel muß zum inneren Kreis der Wissenden gehören, aber ich glaube nicht, daß er die Fähigkeit erworben hat, sich aus der ihn umgebenden Energie einen neuen Körper aufzubauen. Oder er wollte es mir nicht verraten. Hätte er sonst gesagt, daß er sich ein Kind suchen müsse?«
    Ich gab keine Antwort.
    Ich wußte keine.
    Zwei Stunden später hatte das Kloster keinen Abt mehr.
     
    Noch bevor der neue Abt bestimmt wurde, verließen Yü und ich das Kloster. Wir hatten eine beschwerliche Reise vor uns, Yü kannte eine Abkürzung über das Gebirge, und so konnten wir uns den Weg durch die Steinwüste ersparen.
    Jeder von uns trug einen aus Fell genähten Rucksack, in dem sich Lebensmittelvorräte und einige Flaschen mit Wasser befanden. Geld besaßen wir kaum.
    Am liebsten wäre ich im Kloster geblieben und hätte dort meine vorhandenen Fähigkeiten weiter ausgebildet. Aber Yü hatte zum Aufbruch gedrängt. Schließlich hatte er sechsundzwanzig Jahre lang auf diesen Tag gewartet.
    Am frühen Morgen waren wir losmarschiert, als es noch nicht so heiß war. Als die Sonne höher stieg und die Schatten kürzer wurden, führte mich Yü unter den überhängenden Felsen der Steilwand und deutete auf einige Gesteinsbrocken.
    »Wir müssen eine Pause einlegen. Während der Mittagsstunden können wir nicht marschieren.« Er setzte sich und legte den Rucksack ab. »In einigen Stunden können wir eine Quelle erreichen, dann geht der Weg nur noch bergab. Bei der Siedlung finden wir sicherlich eine Möglichkeit, mitgenommen zu werden.«
    Ich ließ mich neben ihm nieder.
    »Sagtest du nicht, in dieser Gegend gäbe es Räuber?«
    »Das sagte ich, aber ich frage mich, was sie uns abnehmen wollen? Wir besitzen ja fast nichts außer den Brotfladen und getrocknetem Fleisch.«
    »Das könnte sie aber derart in Wut bringen, daß sie uns töten«, meinte ich.
    Yü packte seelenruhig das Brot aus und lächelte.
    »Damit würden sie einige Probleme für uns aus dem Weg räumen – auf der einen Seite. Allerdings würden sie damit auch ein neues schaffen, Alan. Das Problem nämlich, wie wir uns wiederfinden. Übrigens, sollte eine solche gefährliche Situation jemals eintreten, so verlasse deinen Körper unbedingt, bevor er stirbt. Ein gewaltsamer Tod bewirkt das Herausschleudern der Seele ins Ungewisse. Du hast zu wenig Übung, um dich danach zurechtzufinden. Geh bewußt, das ist einfacher.«
    »Und es bleibt bei unserem vereinbarten Treffpunkt, falls wir uns jemals verlieren sollten?«
    »Ja. Das Deutsche Museum in München.«
    Schweigend aßen wir von unseren Vorräten und legten uns dann in den Schatten, um ein wenig zu ruhen. Yü schlief sofort ein, ich aber konnte nicht schlafen. Vielleicht wollte ich auch nicht, denn die innere Unruhe war zu stark. Vor mir lag das Leben, das Erleben. Die Zeit der Ruhe, des Lernens und des Wartens war vorbei.
    Plötzlich hörte ich ein Geräusch. Ich blieb ruhig liegen, das Ohr auf den glatten Fels gepreßt. Es waren Schritte, die sich näherten. Ich konnte nicht feststellen, aus welcher Richtung sie kamen, aber mit Sicherheit verrieten sie die Vorsicht jener, die sie erzeugten.
    Ich stieß Yü an, um ihn zu warnen. Seine Geschichte mit den Räubern ging mir nicht aus dem Kopf. Selbst wenn wir keine wertvollen Dinge bei uns trugen, so konnte allein der Verlust des Wassers fatal sein.
    Yü war sofort wach. Er blieb liegen und legte den Zeigefinger auf die Lippen. Der Pfad führte direkt an unserem Lagerplatz vorbei, und jeder, der vorbeikam, mußte uns entdecken. Aber vielleicht geschah so etwas wie ein Wunder, und man ließ uns ungeschoren, falls es sich bei den Näherkommenden wirklich um Räuber handelte.
    Wir hörten eine dunkle, rauhe Stimme, die Befehle erteilte. Jemand lachte. Und dann tauchten nacheinander vier verdächtig aussehende Gestalten um die Wegbiegung und hielten an, als sie uns erblickten.
    Yü richtete sich langsam auf.
    »Räuber«, murmelte er, ohne überrascht zu sein. »Nur nicht die Ruhe verlieren, Alan …«
    Der Anführer war ein langer, hagerer Mann Ende der Dreißig. Er trug einen schmalen, schwarzen Bart auf der Oberlippe und in der rechten Hand eine langläufige Flinte. Ihr Lauf war auf uns gerichtet, als er näher kam, von seinen Kumpanen gefolgt. Ihre Absichten waren eindeutig.
    Yü erwartete sie mit stoischer Ruhe.
    »Wollt ihr etwas von uns?« fragte er.
    Der Anführer blieb stehen und gab seinen drei Begleitern einen Wink, uns den Fluchtweg

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