Der Sprung ins Jenseits
unbeschreibliche Wesen hatte auch keinen Namen.
Sein Heimatplanet war nahezu zehn Lichtjahre vom Sonnensystem entfernt und umkreiste mit sieben anderen Welten eine Sonne, die von den Astronomen der Erde L-789-6 bezeichnet wurde. Die Sonne war ein Stern der Spektralklasse M und der Helligkeit 12.
Ohne seine Geschwindigkeit zu verringern, überquerte das fremde Raumschiff auch die Bahnen von Neptun und Uranus. Als es sich dem Saturn näherte, fast eineinhalb Millionen Kilometer von der Sonne entfernt, begann es die Geschwindigkeit zu drosseln. Als es die Jupiterbahn erreichte, siebenhundertachtzig Millionen Kilometer von der Sonne entfernt, bewegte es sich nur noch mit einigen tausend Sekundenkilometern fort. Schnell näherte es sich der Marsbahn.
Der Mars war zu dieser Zeit nur knapp einhundert Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Das kleine, spindelförmige Raumschiff schlug eine Kreisbahn um den Mars ein und blieb dort einige Tage. Das Wesen versuchte, telepathische Verbindung mit den Bewohnern aufzunehmen, aber es erhielt keine Antwort. Der Grund: Es gab keine Marsbewohner.
Als die Frist verstrichen war, nahm das Schiff erneut Geschwindigkeit auf und glitt auf die Umlaufbahn der Erde zu. Hier ging es erneut in eine Kreisbahn, und als das Wesen auf seinem Bildschirm die ersten künstlichen Satelliten erblickte, die schon seit Jahren die Erde umkreisten, wußte es, daß es seinem Ziel ein Stück näher gekommen war.
Es begann mit seiner Aufgabe.
Mit Lichtgeschwindigkeit jagten seine verstärkten Gedankenströme gebündelt auf die Oberfläche der Erde hinab. Es hatte Impulse empfangen und wußte, daß es auf dem dritten Planeten des ihm unbekannten Sonnensystems intelligente Lebewesen gab. Natürlich war es schwer, unter Millionen verschiedener Gedankenimpulse genau die herauszufinden, die für seine Zwecke geeignet waren.
Die Rasse der unbeschreiblichen Wesen bestand aus ungeheuer starken Telepathen. Sie hatte eine derartige Perfektion in der Kunst der Telepathie erreicht, daß die einzelnen Individuen es fertigbrachten, über Lichtjahre hinweg in Verbindung miteinander zu treten und sich zu unterhalten. Kein Wunder also, daß in dem Raumschiff auch nicht die geringste Spur einer elektronischen Nachrichtenzentrale zu finden war.
Der Telepath stellte fest, daß sich die Berichte der ersten Expedition bestätigten: Die Bewohner des dritten Planeten dieses Sonnensystems waren Telepathen. Wie eine ungeheure Welle schlugen ihm die Gedanken der gesamten Planetenbevölkerung entgegen, ungeordnet und chaotisch, aber das hatte nichts zu bedeuten. Trotzdem erschwerte das seine Aufgabe. Es war, als säße er vor einem Radio, das alle Sendungen der Welt zugleich ausstrahlte. Seine Aufgabe war es nun, aus dieser Vielfalt von Sendungen die für ihn geeignete herauszufinden.
Langsam rotierte der Planet unter ihm. Kontinente tauchten auf und versanken wieder hinter dem gekrümmten Horizont. Die Gedankenimpulse der Antipoden wurden schwächer, während diejenigen der direkt unter dem Schiff Lebenden sich wesentlich verstärkten.
Das Raumschiff des Telepathen stand mehr als dreißigtausend Kilometer über der Erde. In der Relation zur Sonne bewegte es sich kaum. Der Planet rotierte unter ihm hinweg, ohne daß es seine eigene Stellung veränderte. Es war immer Tag.
Tausende von Einzelgehirnen wurden erforscht und als uninteressant fallengelassen. Mehr als einmal machte der Telepath einen Kontaktversuch. Aber er mußte wohl bei der Auswahl nicht vorsichtig genug vorgegangen sein. Die Flut der antwortenden Gedanken war derart konfus, daß sich der Besucher aus dem Weltall sofort wieder zurückzog.
Wo war der Mensch, den er suchte?
Denn er war im Auftrag seiner Rasse hierhergekommen, um Verbindung mit intelligenten Bewohnern des Sonnensystems aufzunehmen. Er hatte ihnen eine wichtige Frage zu stellen, aber er konnte sie nur demjenigen stellen, der ihn auch verstand.
Es war eine lebenswichtige Frage.
Eine lebenswichtige Frage – vielleicht auch für die Bewohner des dritten Planeten.
Der junge Assistent der Stockholmer Sternwarte absolvierte seinen Nachtdienst mit den gleichen mißmutigen Gefühlen, wie er es schon seit Monaten tat. Er hatte sich den Beruf eines Astronomen wesentlich aufregender festgestellt. So war er natürlich enttäuscht, daß er nichts anderes zu tun hatte, als stundenlang in einer ungeheizten Kuppel zu sitzen und fotografische Aufnahmen herzustellen. Hinzu kam natürlich noch die
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