Der Stachel des Skorpions
habe mich gefragt: >Wer ist dieser müde alte Mann?< Dann erst ist mir langsam klar geworden, dass ich selbst es war.«
»Es ist ja nicht mehr lange«, lachte der Phantompaladin. »Alle sind überzeugt, dass du mit dieser vorgezogenen Wahl ein heimtückisches Ränkespiel betreibst.«
»Ich sehne mich einfach nach den Redwoods.«
Der Phantompaladin schüttelte den Kopf. »Es mag Leute geben, die dir das abkaufen, aber ich gehöre nicht dazu.«
»Das ist meine Antwort und ich bleibe dabei«, erwiderte Redburn mit einem Schulterzucken.
»Obwohl du weißt, dass du irgendwie wieder politisch aktiv sein wirst, bevor das Jahr um ist.«
»Ich weiß nichts dergleichen«, erklärte Redburn gelassen. Dann gestattete er sich ein leises Lächeln. »Aber ich habe einen Verdacht.«
»Wer weiß, ob du überhaupt aus Genf wegkommst. Du weißt sehr gut: Wer immer dein Nachfolger wird, er wird großen Wert auf deinen Rat legen.«
Redburns Miene wurde ernst. »Ich werde sicher nicht hierbleiben. Was immer ich sonst noch plane oder nicht plane, ich werde dem nächsten Exarchen genügend Raum zum Atmen lassen. Er soll seiner
Amtszeit seinen eigenen Stempel aufdrücken.«
»Ein Neuanfang?«
»Etwas in der Art.«
»Und die Unruhen, die der Wahl folgen werden? Glaubst du wirklich, du wirst bei all dem zusehen können, ohne dich einzumischen?«
Damit hatte der Phantompaladin einen wunden Punkt getroffen. So schlimm die Lage zwischen den verschiedenen politischen Fraktionen Terras auch war, die Wahl drohte, sie weiter zu verschlechtern. Noch hatte jede Gruppierung zumindest eine gewisse Hoffnung, dass ihr Kandidat - wer auch immer es war - Exarch wurde. Nach der Wahl würden die meisten von ihnen enttäuscht sein und wissen, dass sie auf mindestens vier Jahre die Chance verspielt hatten, an die Macht zu gelangen und ihre Pläne umzusetzen. Die Enttäuschung konnte in Hoffnungslosigkeit umschlagen, aus Hoffnungslosigkeit konnte Verzweiflung werden, und Verzweiflung drohte, die Straßen Genfs rot zu färben.
»Ich werde es müssen. Ich kann nur hoffen, dass unsere Untersuchungen ein paar der gefährlicheren Gruppierungen einschüchtern, bevor die Dinge aus dem Ruder laufen.«
»Du hast jemanden darauf angesetzt?«
Redburn nickte. »GioAvanti. Aber ich befürchte, die Aufrührer vermehren sich selbst für sie zu sc hn ell.«
»Sie ist eine gute Wahl«, bestätigte der Phantompaladin. »Ich sorge dafür, dass sie alle Informationen bekommt, die ich finde.«
Redburn strich mit dem Finger über den Rand seines Glases. »Sie könnte eine gute Exarchin abgeben.«
Der Phantompaladin verzog keine Miene.
»Keine Reaktion? Behaupte nur nicht, dir wäre gleichgültig, wer mein Nachfolger wird.«
»Devlin Stone hat eine weise Entscheidung getroffen, als er die Position des Phantompaladins außerhalb der politischen Arena ansiedelte. Die Versuchung, den Königsmacher zu spielen, wäre sonst zu groß.«
Redburn nickte. Er war keiner jener fanatischen Anhänger Devlin Stones, der schon die bloße Vorstellung ablehnte, Stone hätte jemals eine schlechte Idee gehabt. Tatsächlich hatte er eine lange Liste von >Was-in-Gottes-Namen-hast-du-dir-dabei-gedacht<-Fragen an den verschwundenen Gründer der Republik, falls der jemals wieder auftauchte. In diesem Punkt allerdings hatte Stone recht gehabt.
»Da wir uns hierin einig sind«, stellte er fest, »werde ich auch keine Zeit damit verschwenden zu fragen, für wen du votieren würdest, wenn du bei dieser Wahl eine Stimme hättest. Aber die Frage ist sicher gestattet, ob es deiner Ansicht nach einen momentanen Paladin gibt, der auf keinen Fall zum Exarchen gewählt werden sollte.«
Der Phantompaladin nahm mit nachdenklicher Miene einen Schluck aus seinem Schwenker. »Es ist wohl eine faire Einschätzung, dass sowohl Tyrina Drummond als auch Thaddeus Marik auf diesem
Posten eine absolute Katastrophe wären. Selbst wenn Drummond keine ClanKriegerin wäre - was sämtliche Systeme verärgern würde, in denen die Clanner in letzter Zeit Ärger gemacht haben -, gehört sie zur >Devlin-Stone-war-unfehlbar!<-Fraktion. Und Marik... Na, du kennst ihn ja.«
Redburn nickte. Und ob er Marik kannte: ein freiwillig ins Exil gegangener Spross der abgesetzten Herrscherfamilie aus der nicht mehr existierenden Liga Freier Welten, der eine wichtige Rolle in der Gründerbewegung spielte. Natürlich hing ihm der Makel der vermuteten Rolle seiner Familie im Heiligen Krieg der Blakisten unvermeidlich an. Marik
Weitere Kostenlose Bücher