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Der Stachel des Skorpions

Der Stachel des Skorpions

Titel: Der Stachel des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Hardy
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Restaurant betrat, wurden die hallenden Schritte der Empfangshalle durch gedämpfte Gespräche und leises Klavierspiel verdrängt. Wie geplant traf er ein paar Minuten zu spät ein. Sinclair wartete schon auf ihn.
    Er stand auf, als der Oberkellner Jonah zum Tisch führte.
    »Paladin Levin!« Er streckte mit freudiger Miene die Hand aus. »Danke, dass du mir Gesellschaft leistest.«
    Jonah schüttelte die Hand. »Es hieß Jonah, bevor du ein Paladin wurdest, also solltest du jetzt unbedingt weiter Jonah sagen. Ich entschuldige mich für die Verspätung.«
    »Aber nicht doch«, wehrte Sinclair freundlich ab. »Ich weiß, wie beschäftigt du bist.«
    »Das ist es nicht«, bemerkte Jonah mit einem peinlichen Lächeln. »Es ist die Größe dieses Hotels. Daran werde ich mich nie gewöhnen. Ich habe bestimmt fünf Minuten nur damit zugebracht, im Foyer herumzuwandern.«
    »Das kann ich verstehen. Mich hat es beim ersten Mal auch verwirrt.«
    »Aber du hast dich schnell daran gewöhnt«, stellte Jonah fest und sprach weiter, als Sinclair zu einer Antwort ansetzte. »Nein, Gareth, keine falsche Bescheidenheit. Ich kenne dich und deinen Ruf. Du hast eine Gabe dafür, eine Situation einzuschätzen und dich anzupassen.«
    Jonah hasste sich für seinen freundschaftlichen Ton, dafür, wie er Sinclair mit Vornamen ansprach, für alles, was er tat, um den wahren Grund für dieses Essen zu verschleiern. Ich mache mit bei dem Spiel, dachte er angewidert. Sie haben mich endlich eingefangen und zu einem Politiker gemacht.
    Wieder dachte er an Hesperus II, an das Versteck in der Felsspalte. Es war dieselbe Taktik, nur auf einem anderen Schlachtfeld. Er hatte es schon immer verstanden zu tun, was nötig war, beruhigte er sich selbst.
    »Natürlich glaube ich nicht, dass du je gezwungen warst, eine Lage von der Größe einzuschätzen wie die, mit der du jetzt konfrontiert bist«, fuhr er fort. »Wie findest du dich in deiner neuen Position zurecht?«
    Sinclair hob den Blick von der Speisekarte und lächelte. »Bis jetzt noch gar nicht. Ich habe keine Ahnung, wie ein Paladin handeln, was er sagen sollte, von gar nichts. Ich weiß überhaupt nicht, was ich darstellen soll.«
    »Ein Paladin sollte sich so verhalten, wie du dich verhältst«, erwiderte Jonah, froh, ehrlich antworten zu können. »Du definierst deine Position. Lass dich nicht von der Position definieren. Anders Kessel ist in vielerlei Hinsicht ein guter Mann, aber er hat zugelassen, dass der Titel des Paladin ihn definiert, und inzwischen misst er alles, was er tut, in Ansehen und Unterstützung, sieht nur noch politische Bausteine und Punktlisten. Er benimmt sich, als wären das Richtige und das politisch Ratsame in jedem Fall ein und dasselbe.«
    »Klingt nach dem genauen Gegenteil dessen, was du bist«, bemerkte Sinclair.
    Wir werden uns ähnlicher, als mir lieb ist, dachte Jonah. Laut sagte er: »Nicht ganz. Wie ich bereits andeutete, er besitzt immer noch viele bewundernswerte Eigenschaften. Aber ich schätze, er hat das Vertrauen verloren. Man muss darauf vertrauen können, dass andere die Entscheidungen verstehen, die man trifft, ernsthaft genug über Probleme nachdenken, um zu verstehen, warum man so und nicht anders handelt. Das ist Führungsqualität. Und nicht, sich von seiner Umgebung an der Leine herumführen zu lassen und nur so zu handeln, wie man glaubt, dass es von einem erwartet wird.«
    Sinclair nickte nüchtern. Jonah wusste: Hätte Gareth einen Stift zur Hand gehabt, er hätte sich Notizen gemacht.
    Ihr Ober, dessen Haar ebenso schwarz und glatt war wie sein Anzug, nahm die Bestellung schweigend entgegen und verschwand wieder.
    »Denk daran«, mahnte Jonah, »dein Amt gehört dir, nicht umgekehrt.«
    »Ist das nicht genau die Art von Einstellung, die Katherine Steiner-Davion in Schwierigkeiten gebracht hat?«
    Jonah musste lachen. »Ausgezeichneter Einwand. Ja, das stimmt, aber nur eingeschränkt. Sie war nicht wirklich Herrin ihrer selbst. Sie war noch zu gefangen in den Begleiterscheinungen der Macht. Sie war so verzweifelt darauf aus zu herrschen, dass sie ihr ganzes Wesen daraufhin ausrichtete, Macht zu gewinnen und zu behalten. Ein Teil der Idee, sich selbst über die Position zu stellen, die man übernimmt, besteht in dem Bewusstsein, dass man sie aufgeben kann, ohne wirklich etwas zu verlieren, weil die Ideen, die einen leiten, größer und wichtiger sind als das Amt.«
    »Aber das funktioniert nur bei denen, die von vornherein etwas Positives

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