Der Stalker
legte sie den Laptop ab, den sie unter dem Arm getragen hatte, und drehte sich zu ihm um. Sie fing an, über ihren Brüsten die Bluse aufzuknöpfen. Sie warf den Kopf in den Nacken, als versetze die bloße Berührung ihrer eigenen Finger sie in Ekstase.
»Ich will dich, Ben. Hier. Jetzt. In deinem Büro. In deinem schicken neuen DCI -Büro.«
Seine Miene war unbezahlbar. Er wollte sie auch, so viel war klar. Hier und jetzt. Aber seinem Begehren nachzugeben lief allem zuwider, woran er je geglaubt hatte.
Sie ließ eine Hand zwischen ihre Schenkel gleiten und stöhnte. »Diese Macht hier. Deine Macht. Gott, die macht mich so geil …«
»Rose …« Er sah so aus, als stünde er kurz vor einem Herzinfarkt.
Er rang mit sich. Wie einfach es war, ihn zu durchschauen! Als säße ihm ein kleines Engelchen auf der einen und ein kleines Teufelchen auf der anderen Schulter, die ihm abwechselnd etwas einflüsterten. Fast hätte Rose laut aufgelacht.
Schließlich hatte er seine Entscheidung getroffen. Er stand vom Schreibtisch auf und kam auf sie zu.
Unverzüglich ließ sie die Hände sinken und richtete sich auf.
»Später«, sagte sie, stieß sich von der Tür ab, griff nach dem Laptop und ging zum Schreibtisch. »Jetzt haben wir erst mal einiges an Arbeit vor uns.«
Sie machte es sich auf dem Chefsessel bequem, auf dem er kurz zuvor noch gesessen hatte. Rollte damit hin und her. Lächelte. »Nicht schlecht. Ein DCI -Chefsessel in einem DCI -Büro. Daran könnte ich mich gewöhnen.«
»Ich dachte – ich dachte, wir wollten arbeiten …«
Armer Ben, dachte sie. Völlig planlos. Erlöse ihn von seinem Elend. Komm zur Sache.
Sie zog sich den Laptop heran, klappte ihn auf und schaltete ihn ein. »Der hier hat Julie Miller gehört.«
»Vergangenheitsform?«
Ärger blitzte in ihren Augen auf. »Von mir aus gehört er Julie Miller. Ich habe mir ihr Facebook-Account angesehen – und das hier gefunden.« Sie klickte sich durch einige Seiten und scrollte hinauf und hinunter. »Hier. Sieh es dir an.«
Fenwick ging um den Schreibtisch herum und stellte sich neben sie. »Was ist das?«
»Fotos. Julie Miller hat ihr ganzes Leben auf Facebook gepostet. Es gibt über hundert Fotos. Ich habe mir alle angesehen und dabei ein paar interessante Sachen entdeckt. Mehr als nur interessant, ehrlich gesagt.«
Sie schob ihm den Rechner hin und zeigte auf den Bildschirm.
»Und was genau soll ich hier sehen?«
Das Foto war auf einer Party aufgenommen worden. Die Gäste waren Studenten oder zumindest junge Leute. Julie Miller war in der Mitte des Bildausschnitts. Sie hielt ein Wasserglas voll Wein in der einen Hand, und neben ihr stand ein junger Mann, der den Arm um sie geschlungen hatte und sie fest an sich drückte.
»Ich meine den da.« Triumphierend sah sie Fenwick an. »Das«, verkündete sie laut, »ist Mark Turner, Suzanne Perrys Exfreund.«
Fenwick runzelte die Stirn. »Und er hat …«
»Hier gerade einen sehr kuscheligen Moment mit unserer Julie, ganz genau.«
»Das heißt also, die beiden kannten sich.«
»Ich habe noch ein bisschen weitergegraben. Irgendwann wäre es ja sowieso rausgekommen. Julie Miller hat zur selben Zeit studiert wie Suzanne Perry und Zoe Herriot, hier in Colchester. Und zur selben Zeit wie Mark Turner. Also, der studiert ja immer noch. Schreibt gerade an seiner Doktorarbeit.«
»Hat er gesagt, dass er sie kennt?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn gar nicht danach gefragt.«
Fenwick richtete sich auf. Seine Augen leuchteten. »Das könnte eine Spur sein.«
»Ich habe mich dabei an was erinnert, was Mark Turner mir gesagt hat. Er ist Mitglied in einem Horrorfilm-Club, der sich regelmäßig im Freemason’s Arms in der Military Road in New Town trifft. Also habe ich noch ein bisschen weiter nachgeforscht.« Sie lehnte sich zurück und lächelte triumphierend. »Rate mal, wer da am Tresen gearbeitet hat?«
Erneutes Stirnrunzeln bei Fenwick.
»Ich sage es dir: Adele Harrison.«
»Das heißt, Mark Turner hat eine Verbindung zu allen Frauen in diesem Fall?«
Sie nickte. »Stimmt genau. Und das ist etwas, wovon Phil Brennan nicht die geringste Ahnung hat.«
Fenwick richtete sich auf. »Dann sagen wir es ihm besser.«
Rose rührte sich nicht. »Nach dem, wie er dich heute behandelt hat? Wieso?«
»Weil es so Vorschrift ist. Heutzutage muss man für alles und jedes Rechenschaft ablegen, und wenn man sich nicht haarklein an die Vorschriften hält, kann man gleich seinen Hut nehmen.
Weitere Kostenlose Bücher