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Der Stalker

Der Stalker

Titel: Der Stalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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scharf nachdachte, dann konnte er sich an eine Zeit erinnern, in der alles noch anders gewesen war. Vor dem Brand.
    Vor den Alpträumen und den Dämonen.
    In diesen Erinnerungen und Träumen war es immer Sommer. Die Farben so leuchtend und bunt. Da waren Schaukeln und Gelächter. Und ein Mädchen. Immer wieder dieses Mädchen. Ein kleines Mädchen, das ihn anlachte. Es war so schön.
    Es war nicht Rani. Es war ganz anders als sie.
    Und trotzdem gar nicht so anders.
    Das Mädchen lachte, und er lächelte, und die Sonne kitzelte die weichen Haare auf seinen Armen. Diese Traumerinnerungen …
    Und wenn er dann die Augen öffnete, war die Welt wieder so wie jetzt. Keine Farben. Keine Sonne, die auf seiner Haut kitzelte. Keine Wärme.
    Das Mädchen mit dem süßen Lachen war verschwunden.
    Und er versank in trübseligen Gedanken, bis irgendwann Rani zu ihm kam. Und es nur noch sie gab.
    Die Leiche der alten Frau hatte angefangen zu stinken. Erst war sie ganz steif geworden, wie das bei Leichen immer passierte, so dass er sie kaum hatte bewegen können. Jetzt wurde sie allmählich wieder schlaff. Nicht lange, und sie wäre nichts als ein alter Sack voller Knochen, Fett und Flüssigkeit.
    Dem Creeper war das egal. Solche Dinge bedeuteten ihm nichts.
    Er lag immer noch auf der Lauer. Beobachtete. Wartete. Übte sich in Geduld. Hoffte, dass Rose bald wieder auftauchen würde.
    Rose Martin. Unter diesem Namen lebte Rani jetzt. Aber der Name war nicht wichtig. Schon bald würde er sie bei ihrem richtigen Namen nennen. Und sie würde darauf hören.
    Der Mann allerdings gefiel ihm nicht. Immer wenn er an ihn dachte, spürte er, wie etwas Heißkaltes ihn im Innern durchbohrte. Wenn er sich vorstellte, wie er sie berührte, mit ihr sprach … Wenn er ihr doch nur näher sein könnte. Nicht auf der gegenüberliegenden Straßenseite, sondern im selben Haus, so wie es sich gehörte. Zusammen wie ein echtes Liebespaar.
    Bald. Sobald er sich einen Plan zurechtgelegt hatte. Bald.
    Er schloss die Augen. Er konnte sie spüren und versuchte zu ihr durchzudringen. Mit ihr zu sprechen.
    Und dann war sie da.
    »Hallo, Rani.«
    Hallo, mein Liebster.
    »Ich … ich beobachte dich. Kannst du mich sehen?«
    Ja, ich kann dich sehen. Ich weiß immer, wenn du in der Nähe bist.
    Er lächelte erst, dann lachte er glucksend. »Das ist gut.«
    Hör zu, sagte sie. Willst du zu mir kommen und mich treffen?
    Einige Sekunden lang war er zu erschrocken, um antworten zu können. Nie im Leben hatte er damit gerechnet, dass sie so etwas sagen würde. »Was – wann? Wo?«
    Sie erklärte ihm den Weg.
    Warum nicht jetzt sofort?
    »Wirklich? Meinst du das ernst? Ich muss nicht mehr das Haus beobachten, ich kann mich jetzt gleich mit dir treffen?«
    Das wäre wundervoll.
    Er hörte die Sehnsucht in ihrer Stimme. Sie verzehrte sich nach ihm. Wieder lachte er.
    Aber es gibt da eine Sache, die ich dir noch sagen muss. Es ist sehr wichtig, dass du darüber Bescheid weißt .
    »Was, Rani? Du kannst mir alles sagen …«
    Es gibt da einen Mann. Er belästigt mich. Er will, dass ich … nein, ich mag es nicht aussprechen. Bestimmt kannst du es dir denken.
    Da war er wieder, dieser harte, heißkalte Speer, der in sein Innerstes fuhr und ihn rasend machte. »Ist es der von gestern Abend? Im Wagen?«
    Sie schwieg einige Sekunden lang, dann: Ja, genau den meine ich. Ich will, dass du dich um ihn kümmerst. Ihn für mich beseitigst. Würdest du das tun?
    »Aber natürlich, Rani, das weißt du doch. Für dich würde ich alles tun. Alles!«
    Sie lachte. Ja, ich weiß. Er wird bei mir sein. Kümmere dich um ihn, und dann …
    Er war voller fiebriger Ungeduld. »Ja?«
    Dann kannst du mich haben. Dann gehöre ich ganz dir.
    »Ich kann es kaum erwarten.«
    Und ich erst. Ist das nicht wunderbar? Wir werden endlich wieder vereint sein …
    72 »Haben Sie eine Minute?« Milhouse fing Phil ab, sobald dieser in die Bar kam. Er versuchte unauffällig vorzugehen, aber da er direkt bei der Tür stand und immer wieder verstohlene Blicke über die Schulter warf, hätte er ebenso gut einen Trenchcoat und einen Trilby mit der Aufschrift »Spion« am Hutband tragen können.
    Als er Milhouse sah, wurde Phil bewusst, dass er seit Stunden nicht an Marina gedacht hatte. Kein Wunder bei dem Tempo, mit dem sich der Fall weiterentwickelte. In den letzten Stunden hatten sich die Ereignisse geradezu überschlagen. Trotzdem hatte er sofort ein schlechtes Gewissen.
    Milhouse zog ihn mit zu seinem

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