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Der Stalker

Der Stalker

Titel: Der Stalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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Bilder es waren. Sie musste sie gleich nach seinem letzten Besuch abgenommen haben.
    Nachdem er sie sich angeschaut hatte.
    Er räumte den Abfall von einem Sessel und setzte sich.
    »Warum haben Sie es mir nicht gesagt, Paula?«, fragte er erneut. »Sie wussten es doch, nicht wahr?«
    Paula sackte auf dem Sofa zusammen. Sie nickte. »Ja.«
    »Also?«
    »Was also?«
    Er seufzte. Zum dritten Mal dieselbe Frage: »Wieso haben Sie es mir dann nicht gesagt?«
    Sie holte Luft. Phils Blick fiel auf eine leere Wodkaflasche auf dem Teppich. Jede Antwort, die er von Paula bekommen würde – falls er welche bekam –, würde dadurch beeinträchtigt sein.
    »Ich … es …« Ein Seufzen, dann Schweigen.
    »Er ist nicht durch eine Sprengladung ums Leben gekommen, stimmt’s? Ihr Sohn?«
    Sie schüttelte den Kopf und blickte zu Boden.
    »Was ist passiert?«
    »Er … wurde verletzt.« Sie sah nicht auf. »Schwer verletzt. Sie …« Ihre Stimme verebbte.
    »Sie was, Paula? Sagen Sie es mir.«
    Doch sie saß einfach nur da. In sich zusammengesunken, als sei aller Atem, alle Kraft aus ihrem Körper gewichen.
    Phil beugte sich vor. »Paula, Ihre Tochter ist tot. Und wie es aussieht, ist Ihr Sohn für ihren Tod verantwortlich. Das ist schrecklich. Furchtbar. Das ist das Schlimmste, was einer Mutter passieren kann. Aber hier geht es noch um zwei weitere Frauen, die vermisst werden. Die Ihr Sohn in seiner Gewalt hat. Wenn Sie mir helfen können, sie zu finden, wenn Sie einer anderen Mutter das Leid ersparen können, das Sie gerade durchmachen, dann tun Sie es. Bitte.«
    Eine Zeitlang saß sie stumm da, dann begann sie am ganzen Körper zu zittern. »Niemand … niemand weiß, was ich durchgemacht hab. Niemand …«
    »Dann erzählen Sie mir davon«, bat Phil. »Damit ich es verstehe. Erzählen Sie mir von Ihrem Sohn. Erzählen Sie mir von Wayne.«
    Sie seufzte tief, nahm das Glas, das auf der Sofalehne stand, hob es an die Lippen und bemerkte, dass es leer war. Sie seufzte wieder, als ob sich jetzt sogar die Dinge gegen sie verschworen hätten, und stellte es zurück. Sie sah Phil resigniert an. Dann begann sie zu sprechen.
    »Er hat von Anfang an Probleme gemacht. Wayne. Schon als er klein war. Nichts als Ärger. Zuerst hab ich gedacht … na ja, er ist halt ein Junge. Aber daran lag’s nicht. Da oben …«, sie tippte sich an die Schläfe, »irgendwas war da bei ihm nicht ganz richtig.«
    Phil ließ ihr Zeit. Er wusste, sie würde weiterreden.
    »Seinem Vater war das völlig egal. Im Gegenteil, er hat’s sogar noch schlimmer gemacht. Hat immer zu Wayne gesagt, er soll endlich erwachsen werden. Ein Mann sein. Das machen, was Ian von ihm will.«
    »Was denn?«
    »Kämpfen. Hat ihm das Boxen beigebracht, da war er noch ganz klein. Hat ihn immer wieder geschlagen. Um ihn abzuhärten, hat er gesagt. Damit er lernt, sich zu wehren. Wollte, dass er Rugby spielt, Fußball war was für Schwuchteln. Hat ihn mit in den Wald genommen. Zum Jagen.« Ein Schatten legte sich über ihre dunklen, gequälten Augen. »Das hat er gesagt, aber da muss noch was anderes gelaufen sein.«
    »Sie meinen, er hat ihn missbraucht?«
    Paula nickte langsam. Ein geisterhaftes Bild auf einem schlecht justierten Fernsehschirm.
    »Jahrelang hat er … ging das so. Jahrelang …«
    »Haben Sie ihn deshalb verlassen?«
    »Er hat uns verlassen, das hab ich Ihnen doch gesagt.« Auf einmal lag wieder Schärfe in ihrer Stimme. Ein fast erloschenes Feuer, das kurz wieder aufflackerte.
    »Wo ist er denn hingegangen?«
    Statt eine Antwort zu geben, senkte sie nur den Blick.
    Nicht schnell genug. Phil hatte den Ausdruck in ihrem Gesicht gesehen.
    Als hätte sie zu viel gesagt, dachte er.
    Und plötzlich wusste er, was aus Ian Harrison geworden war.
    »Sie haben ihn getötet, nicht wahr?« Phils Tonfall war sanft. Er wollte sie nicht verdammen, wollte nur, dass sie es ihm sagte.
    Für einen Moment saß sie da, ohne sich zu rühren, dann nickte sie.
    »Ja«, flüsterte sie. »Ich hab ihn umgebracht.«
    90 Mark Turner sah auf, als Mickey mit einer Akte unter dem Arm und entschlossener Miene den Vernehmungsraum betrat. Er konnte nur hoffen, dass er während des Verhörs genauso selbstsicher blieb, wie er sich gab.
    Er setzte sich, klappte die Akte auf und schaute hinein. Turner saß ihm gegenüber zusammengesackt auf einem Stuhl und setzte sich weder gerade hin, noch nahm er in irgendeiner anderen Weise von Mickeys Anwesenheit Notiz. Mickey hielt den Kopf gesenkt und

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