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Der Stammgast

Der Stammgast

Titel: Der Stammgast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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zustreben, als er seinen Namen rufen hörte:
    »Bernard!«
    Zunächst sah er nichts, dann bemerkte er eine Frauenhand, die ihn aus der Tür eines vor dem Haus stehenden Autos heranwinkte.
    »Komm schnell! … Und? …«
    »Sie ist am Leben.«
    Jonsac erkannte Stolbergs Gestalt im Fond des Wagens.
    »Steig ein! Wir kommen gerade von der Wohnung. Die Sache ist perfekt … Du mußt sie dir anschauen … Der Mieter reist schon heute abend ab …«
    Als er auf dem Notsitz Platz nahm, ergriff Nouchi seine Hand und drückte ihm heftig die Finger zusammen.
    »Habe ich es nicht gesagt?« triumphierte sie leise.
    Während der ganzen Fahrt fragte er sich, auf was sich Nouchis Frage wohl bezog, auf Leyla oder auf die Wohnung. Auf seinem Sitz stierte Stolberg mürrisch vor sich hin.

6
    Zwei Wochen danach, an einem Sonntag, kam es zu dem improvisierten Fest in Therapia.
    Schon das Wort hat in der Türkei etwas Köstliches an sich, wie eine schöne Frucht. Therapia, das ist der Inbegriff sommerlicher Unbeschwertheit, des luxuriösen Lebens am Bosporus, und vor allem ist es die Erinnerung an vergangene Pracht.
    Einige Kilometer nördlich von Stambul, da wo sich der Bosporus zum Schwarzen Meer hin öffnet, liegen am Wasser und über die grünenden Hänge verstreut große Yali.
    Es sind zwar nur Holzbauten, doch die Flaggen kennzeichnen die einen als Botschaften, die anderen als Villen hochgestellter türkischer oder ausländischer Persönlichkeiten.
    In den Buchten blitzen die Messingbeschläge großer Motorboote in der Sonne, und Segeljachten spiegeln im Wasser ihr elegantes Takelwerk.
    »… Frühstück in Therapia …« hatte Stolberg am Telefon verkündet.
    Und Nouchi, die noch im Bett lag, hatte zugesagt, ohne Jonsac erst zu fragen. Es war Juli. Die Sonne brannte erbarmungslos herunter, und von den Fenstern aus schien es, als lastete ein bläulicher Dunst auf der Stadt.
    »In einer Stunde holt er uns ab«, verkündete Nouchi, während sie ihre nackten Füße auf dem Teppich aufsetzte.
    Sie schliefen jetzt in Ehebetten, die, wie alle anderen Möbel des Schlafzimmers, in grauem Schleiflack gehalten waren. Die Kissenbezüge hatten breite Spitzenborten, und auf der Frisierkommode standen in Reih und Glied Flakons aus geschliffenem Kristallglas.
    Es war die Wohnung des schwedischen Diplomaten, mit seinen Möbeln und teilweise auch seinen persönlichen Gegenständen.
    »Stehst du nicht auf?«
    Es gibt Tage, die ohne erfindlichen Grund gut, und Tage, die schlecht anfangen. Dieser Sonntag gehörte zur ersten Sorte. Maria war guter Laune und zeigte ein blendendweißes Gebiß, als sie den Kaffee brachte.
    Maria war die Negerin, die Nouchi engagiert hatte und die ihr Mädchen für alles war. Wenn sie fröhlich war, konnte ihr Lächeln die ganze Wohnung aufstrahlen lassen, und über Stunden hörte man sie für sich alleine in der Küche singen, lachen oder sich endlose Geschichten erzählen.
    »Zieh deinen weißen Flanellanzug an«, riet Nouchi, als sie in die Badewanne stieg.
    Eine Stunde später waren sie beide bereit, auch sie in Weiß, mit einem schlichten grünen Schal um den Hals. Vom Balkon aus sahen sie ein großes Cabriolet anfahren, aus dem Stolberg jovial heraufwinkte.
    Hinunterschweben im Aufzug … Heißer Gehsteig … Stolberg begrüßt Nouchi mit Handkuß und führt sie zu den beiden anderen Männern …
    »Darf ich vorstellen: gute türkische Freunde von mir, Amar Paşa, Abgeordneter und nächstens Minister … Kataş Bey, der Sie einladen möchte, seine Jacht zu besichtigen …«
    Das von einem Fahrer in heller Livree chauffierte Auto gehörte einem der beiden. Die Türken nahmen die junge Frau im Fond in die Mitte, während Jonsac auf dem Klappsitz und Stolberg auf dem Beifahrersitz Platz nahmen.
    Die Straße war wie jeden Sonntag verstopft von Autobussen, die die Stambuler zu den Schankwirtschaften am Bosporus karrten. Das Cabriolet überholte auch von Pferden oder Maultieren gezogene Fuhrwerke, auf denen ganze Familien saßen.
    Im Schatten der Maulbeerbäume am Wegrand picknickten bereits die ersten.
    Nouchi zog vor Vergnügen die Nase kraus. Sie hatte feuchte Lippen, und manchmal, wenn ihre Begleiter ihr galante Komplimente machten, warf sie Jonsac einen liebevollen und fast komplizenhaften Blick zu, als wollte sie sagen:
    »Siehst du! Das nenne ich richtig leben! Wir lassen uns in einem schnellen Auto chauffieren, während die Leute in den Autobussen schwitzen oder im Straßengraben ihr Fahrrad schieben …«
    Der

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