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Der Staubozean

Titel: Der Staubozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Ich ging, ohne ein Trinkgeld zu geben, und beschloß, zur Lunglance zurückzukehren und mich nach Dalusa umzusehen.
    Mein Fortkommen wurde durch einen Menschenauflauf auf der Starcross Street etwas behindert. Mehrere Lunglance- Matrosen waren daran beteiligt, und wenn sie mich gesehen hätten, hätten sie wahrscheinlich darauf bestanden, daß ich mitmachte. Ich nahm einen Umweg durch die Schneiderstraße. Vielleicht hatte es hier wirklich einmal Schneider gegeben, aber falls das zutraf, so waren sie inzwischen durch Maskenverkäufer ersetzt worden. Ein Laden nach dem anderen säumte die Straße, und in den Schaufenstern lagerte eine erstaunliche Vielfalt von Farben. Ich hatte noch einige in meinem Seesack, die ich zusammen mit meiner Maske auf der Hochinsel gekauft hatte. Das schien schon Jahre her zu sein. Aber es waren nur zwei Monate.
    In Erinnerung an die irritierend langsame Geschwindigkeit des Aufzugs erwartete ich eine ähnlich lange Fahrt, um die Hafenanlagen unten zu erreichen. Stellen Sie sich meine Überraschung vor, als der Apparat so schnell fiel, daß meine Füße tatsächlich einige Zentimeter über dem Boden schwebten. Meine Begleiter im Aufzug hatten ihre Masken bereits angelegt; sie schwebten mit solcher Würde, als gehörten sie zu einem Konföderationsgericht, das gerade ein Todesurteil aussprach. Hastig schnallte ich meine Maske vom Gürtel und zog sie mir über, ehe der Staub Gelegenheit hatte, meine ungeschützten Augen und Lungen anzugreifen.
    Als wir das letzte Viertel der Strecke vor uns hatten, setzte eine so starke Bremsung ein, daß ich in die Knie ging. Benommen trat ich auf die Hafenanlagen hinaus und atmete tief ein. Auf Meereshöhe war die Luft voller und dichter.
    An Bord der Lunglance waren Schiffbauer dabei, das Deck neu zu beziehen. Sie klebten lange Streifen Walknochen-Plastik mit einem dünnen wäßrigen Leim auf das Deck. Neue Masten waren schon eingesetzt, und ein halbes Dutzend Handwerker ersetzten die zerrissenen Seile durch neue Trossen. In meiner Maske pfiff ich leise vor mich hin. Es hatte eine beträchtliche Summe gekostet, diese Arbeit so schnell erledigt zu bekommen. Die meisten Walfängerkapitäne hätten sich in einer ähnlichen Situation an die Filiale ihrer Walfängerfirma gewandt, aber Desperandum besaß solchen Rückhalt nicht. Er mußte mit seinem eigenen Geld dafür aufkommen. Beeindruckend.
    Dalusas Zelt war an Deck nicht aufgebaut. Nicht sonderlich überraschend. Schiffsbauer bezogen die Stelle, wo es normalerweise stand, mit neuem Kunststoff. Vielleicht war Dalusa irgendwo in der Luft. Ich beschloß, Desperandum zu fragen, ob er wußte, wo sie sich aufhielt. Obwohl meine Besessenheit - ich fragte mich bereits, ob ich sie Liebe nennen sollte - nicht Desperandums volle Zustimmung fand, war ich mir einigermaßen sicher, daß er es mir sagen würde.
    Die Luke zu Desperandums Kajüte stand offen, also ging ich die Treppe hinab zum Speiseraum. Desperandum hatte die ganze Zeit an Bord gegessen; die Überreste mehrerer Mahlzeiten, schmutzige Teller mit erstarrtem Fett, bedeckten den Tisch des Kapitäns.
    Ich nahm meine Maske ab und klopfte an der Tür zu Desperandums Kajüte. »Herein«, knurrte Desperandum.
    Ich stieß die Tür auf und bemerkte sofort eine angespannte Stille. Desperandum saß in seinem Drehstuhl; an der Koje stand, steif dem Kapitän zugewandt, der nullaquanische Matrose Murphig.
    »Aha, Newhouse«, sagte Desperandum mit vorgetäuschter Herzlichkeit.
    »Störe ich?« fragte ich.
    »Nein, nein. Matrose Murphig hat mir gerade einen recht interessanten Vorschlag gemacht. Möchten Sie ihm davon erzählen, Murphig?«
    Murphig starrte nur mißmutig an die Wand.
    »Nein? Na gut. Murphig hat erfahren, daß ich so etwas wie ein Wissenschaftler bin, und er ist zu mir gekommen, um … über eine Lehre zu reden.«
    Ich sagte nichts.
    »Aber ich fürchte, daß Matrose Murphig und ich in unseren Vorstellungen über wissenschaftliche Methoden ziemlich radikal voneinander abweichen. Matrose Murphig hat ausgeprägte Meinungen.«
    Murphig hatte offensichtlich die Grenzen seiner Selbstbeherrschung erreicht. »Sie glauben, wir seien Barbaren, nicht wahr?« sagte er verbissen. »Sie kommen aus dem Nirgendwo in diesen glänzenden interstellaren Schiffen und glauben, Sie haben es mit einer Rasse von Untermenschen zu tun. Gott weiß, wir sind Sünder. Gott weiß, wir haben einige unserer Ideale verloren, aber das gibt Ihnen nicht das Recht, uns und unsere Ideen wie Dreck

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