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Der Staubozean

Titel: Der Staubozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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beiden Händen und starrte wild umher. Irgend etwas berührte meinen Ärmel neben den Ellbogen, und aus den Augenwinkeln sah ich etwas rot und gelb aufblitzen. Schnell schwang ich herum und hörte ein lautes Wupp und ein Klatschen, als der Fisch gegen die Wand prallte. Zappelnd glitt er zu Boden, und aus einem seiner flachen lidlosen Augen tropfte eine Flüssigkeit. Seine gesprenkelten Flügel waren gebrochen, aber die rasiermesserscharfen Ränder blitzten immer noch unheilverkündend im Licht der Deckenlampe. Er sah einem Schmetterling wirklich sehr ähnlich. Ich hatte einmal einen in einem Buch gesehen.
    Ich schaute mir meinen Ärmel an. Direkt über dem Ellbogen war ein glatter, fünf Zentimeter langer Schnitt, aber die Haut hatte keinen Kratzer davongetragen.
    Ich legte die Kladde auf den verkrüppelten Fisch und preßte ihn so am Boden fest. Dann blickte ich nach draußen, um zu sehen, was Desperandum dort trieb.
    Er hatte sich von irgendwoher einen Walfängerspaten gegriffen und ihn zerbrochen. Jetzt hielt er einen ein Meter fünfzig langen Metallstab mit einem flachen Spaten an einem Ende wie eine Fliegenklatsche in der Hand. Die Fische attackierten ihn nicht. Die wenigen, die zurückgeblieben waren, wichen ihm mit geradezu dreister Leichtigkeit aus und flatterten gemächlich davon, um sich ihren Brüdern in dem fortfliegenden Schwarm anzuschließen. Desperandum schlug mit seiner ganzen Kraft nach ihnen, aber sie schwebten gelassen über dem Spaten her und an ihm vorbei.
    Plötzlich tauchte einer nach unten und flog an ihm vorbei. Er schien ihn zu verfehlen, aber plötzlich erschien eine helle rote Linie an seinem Hals. Desperandum brüllte, holte mit einer Hand nach dem Ding aus und beförderte es mit einem Schlag auf das Deck. Blut tropfte von seinen Fingern. Das Tier versuchte verzweifelt, wieder hochzukommen, aber plötzlich sprang Desperandum vor und zerquetschte es unter seinen Stiefelabsätzen zu einer breiigen Masse. Blut tropfte von seinem Hals in das Hemd hinein. Eine schnelle Finte mit dem Spaten und dann ein Stoß holten einen zweiten Fisch herunter. Er klatschte ihn aufs Deck. Der Fisch zerplatzte. Dann rannte er hinter den sich zurückziehenden Fischen her und halbierte einen mit der Metallkante seines Spatens. Sein Kopf flog über Bord. Aus dem Nichts flog wieder ein Fisch herab und schlitzte seinen Arm auf. Mit erstaunlicher Schnelligkeit schnappte Desperandum ihn in der Luft und zerquetschte ihn, wobei er sich noch mehr Schnitte zuzog. Immer mehr Blutspritzer verunzierten das Deck.
    Die wenigen noch zurückgebliebenen Fische flatterten jetzt nach oben, gewannen an Höhe und gelangten außer Reichweite. Es hatte keinen Sinn, ihn anzugreifen. Hunderte solcher oberflächlichen Wunden wären nötig, um die vielen Liter Blut aus Desperandums massivem Körper zu vergießen.
    Der ganze Schwarm war fort. Ich öffnete die Bunkertür und blickte den fliegenden Fischen hinterher. Die letzten Nachzügler versuchten, Anschluß an den Schwarm zu gewinnen.
    Blutend sah Desperandum ihnen nach, wie sie davonflogen. Dann warf er seinen blutverschmierten Spaten zur Seite und kam auf den Bunker zu.
    »Ein paar Exemplare haben wir jetzt«, sagte er. »Es ist zu schade, aber ich glaube, ihre Köpfe sind alle zerschmettert. Und dort muß sich ihre Radarausstattung befinden. Eine Schande.«
    Er ging in den Bunker und trennte ein paar Drähte aus der Kontrolltafel. Ich zog meine Maske aus und schloß die Augen. »Einer der Fische ist hier reingeflogen, Käpt'n. Mir ist es gelungen, ihn zu fangen«, sagte ich in einem Atemzug. Ich zog meine Maske wieder über und amtete ein. Staub prickelte in meiner Nase. Ich nieste, daß meine Trommelfelle beinahe platzten.
    Desperandum schlug die Tür mit lautem Krachen zu und schaltete die Luftfilter ein. »Wirklich? Wo?«
    Ich wartete, bis die Luft gereinigt war, dann zog ich die Maske ab und sagte: »Ich glaube, er lebt noch. Unter der Kladde da.«
    »Kladde? Wo?« Desperandum schaute auf den Tisch. Er trat einen Schritt zurück, und - quosch - sein großer, flacher Fuß landete genau auf dem Buchdeckel. Ich fuhr zusammen.
    »Oh! Was für ein Pech«, sagte Desperandum in einem Tonfall tiefen Bedauerns. Er hob die Kladde auf und starrte kritisch auf die klebrig festhängenden Überrest des Fischs. »Völlig zerstört. Wirklich Pech. Ach, übrigens, Newhouse, tut mir leid, daß ich Sie eben so angefahren habe. Ich war überreizt.«
    »Verstehe, Sir. Ich war wohl nicht ganz

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