Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis
sagt.«
»Das wird er auch«, erwiderte Dagnarus. »Die Wirkung des Schlaftrunks wird bald nachlassen. Zweifellos schneller, als ihm lieb ist. Ich dachte, es wäre leichter, mit ihm durch die Straßen zu gehen, ohne dass er blökt und um sich schlägt.«
»Das ist wahr«, musste Gareth zugeben, aber er betrachtete den Gefangenen immer noch voller Zweifel. »Wenn Ihr sicher seid, dass die Wirkung bald nachlässt…«
»Ja.« Dagnarus wandte sich den Soldaten zu und zog einen Beutel mit Geld aus der Tasche. »Hier ist eure Bezahlung…«
Die beiden schüttelten den Kopf. »Es ist unsere Pflicht, Euch zu dienen, Euer Hoheit.«
»Also gut«, meinte Dagnarus und lächelte erfreut. »Ich danke euch für die Pflichterfüllung und entlasse euch nun.«
Die beiden grüßten, gingen aber nicht sofort. »Werdet Ihr uns nicht noch brauchen, Euer Hoheit? Dieser Mistkerl ist schlau und schreckt vor nichts zurück. Er hat zweimal versucht zu fliehen, einmal, indem er sich schlafend stellte wie jetzt.«
Dagnarus ging zu Shakur, griff zwischen seine Beine und drückte zu. Shakur ächzte und wand sich, aber darüber hinaus regte er sich nicht.
»Er müsste mehr als ein Mensch sein, um sich dabei schlafend zu stellen«, sagte Dagnarus zu den inzwischen grinsenden Soldaten. »Mein Freund und ich kommen schon mit ihm zurecht. Sagt Hauptmann Argot, dass ihr euch eine Woche Urlaub verdient habt.«
Die Soldaten gingen.
»Was ist mit der Frau?«, fragte Gareth, als sie Shakur in die Kutte eines Novizen steckten, dabei aber darauf achteten, dass er immer noch gefesselt war.
»Sie ist schon bezahlt«, entgegnete Dagnarus. »Und zwar gut. Sie hat es sich verdient. Man hätte meinen sollen, der Mistkerl hätte sich inzwischen wenigstens gewaschen.«
Sobald Shakur verkleidet und gebunden war, hob Dagnarus den Betäubten hoch und warf ihn sich über die Schulter. Shakurs Kopf und die Arme, deren Fesseln durch die langen Ärmel verborgen waren, hingen dem Prinzen über den Rücken.
»Danach werde ich meine Kleider verbrennen müssen«, meinte Dagnarus und verzog das Gesicht. »Sonst werde ich den Gestank nie wieder los!«
»Eilt Euch, Euer Hoheit«, drängte Gareth nervös, denn ihm gefiel diese Unbeschwertheit des Prinzen nicht. »Wir dürfen keine Zeit verlieren. Wir müssen beide eine Stunde nach Mitternacht im Tempel sein, um das Ritual zu vollziehen. Und nun ist es schon beinahe Mitternacht.«
Die beiden verließen die Taverne mit ihrer Last. Ein paar Gäste sahen ihnen nach, aber niemand sagte ein Wort. Es ging sie nichts an. Wieder auf der Straße, sahen sie aus wie Männer, die nach einem feuchtfröhlichen Abend einen Freund, der zu tief in den Weinbecher geschaut hatte, nach Hause schleppten. Sie folgten einem umständlichen Weg zum Tempel und näherten sich dem Gebäude von der Rückseite.
Es gab einen Lieferanteneingang mit einem schweren Doppeltor, das groß genug war, um Wagen mit Mehlsäcken und Fleisch für die Küche und Wein- und Bierfässern für den Keller durchzulassen. Drinnen wurden die Wagen dann entladen und ihr Inhalt in einer großen, hallenden Vorratskammer untergebracht.
Die Torflügel waren mit einem großen Eisenriegel verschlossen.
»Haltet die Augen offen«, flüsterte Gareth Dagnarus zu. »Es gibt einen Wächter. Normalerweise beginnt er seine Runden erst nach Mitternacht, aber manchmal ist er auch früher dran, um seine Schläfrigkeit abzuschütteln. Wenn Ihr jemanden seht, ruft mich. Dann werde ich mit ihm reden.«
»Was willst du ihm sagen?«, wollte Dagnarus wissen. Seine Augen blitzten im Mondlicht. Die Last, die er trug, wog schwer, und sie stank, aber er ertrug das Gewicht problemlos, und auf den Gestank reagierte er nur mit leicht verzogenem Gesicht. Er war bester Laune, genoss die Gefahr und die Intrige. »Was stellen wir dar?«
»Ich werde sagen, dass ich meinen betrunkenen Freund nach Hause bringe und Ihr Euch bereit erklärt habt, ihn tragen zu helfen. Der Wächter ist ein freundlicher Mensch. Er ist an solche Geschichten gewöhnt und wird uns mit dem Versprechen, dass wir uns bessern, weiterziehen lassen.«
»Beeile dich trotzdem«, sagte Dagnarus. Er ließ Shakur in eine Ecke gleiten, wischte sich die Hände ab und zog sich die Kleidung glatt. Shakur rührte sich und murmelte etwas; langsam ließ die Wirkung des Schlafmittels nach. Dagnarus betrachtete das Vorhängeschloss. »Das sieht Furcht erregend aus. Hast du den Schlüssel?«
»Nein, der hängt immer am Gürtel des
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