Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis
auf diese Bemerkung.
»Das weiß doch der ganze verdammte Hof«, murmelte der Veteran, aber dann warf er dem Jungen, der seinerseits keine Ahnung hatte, was er dem Mann getan haben sollte, einen unsicheren Blick zu.
»Dagnarus liest nicht gerne«, erklärte er, weil er annahm, dass der Soldat den Prinzen irgendwie tadeln wollte.
»Kümmere dich nicht um Barr, der hat schlechte Laune, weil ihn gestern Abend ein Mädchen angespuckt hat«, meinte Argot und fügte dann unerwarteterweise hinzu: »Ich habe heute keinen Dienst, und mein Pferd muss bewegt werden. Da Seine Hoheit nicht kommen kann, würdest du vielleicht gern reiten lernen, Gareth.«
Der Junge war erstaunt und ausgesprochen erfreut. Es sollte Jahre dauern, bis ihm, als er sich an den Vorfall erinnerte, klar wurde, dass Argot versucht hatte, ihn abzulenken, damit er Barrs unselige Bemerkung vergaß. Zum Zeitpunkt des Vorfalls nahm Gareth an, dass der Hauptmann nur freundlich sein wollte. Argot führte sein großes Streitross aus dem Stall und warf ihm eine Decke über den breiten Rücken. Dann hob er Gareth auf das Tier und erklärte ihm, wie er sich mit den Beinen festklammern sollte. Er hielt die Zügel gut fest.
Gareth starrte von einer Höhe nieder, die ihm gewaltig erschien, halb verängstigt und ganz und gar aufgeregt. Zögernd streckte er die Hand aus und tätschelte den grau gefleckten Hals des Tieres. Das Pferd war an das Gewicht von Argot in voller Kampfrüstung gewöhnt und kümmerte sich nicht mehr um das Kind, als es sich um eine der Fliegen gekümmert hätte, die um seine Ohren summten. Es warf ihm einen gelangweilten Blick zu, schüttelte den Kopf und stieß Argot dann mit der Schnauze an, weil es sich Hoffnung auf einen Apfel machte.
Argot führte das Pferd mit dem Jungen darauf in den Hof vor dem Stall. Sie gingen langsam im Kreis herum, und mit jedem Augenblick wurde Gareths Angst geringer. Er vergrub die Finger in der grauen Mähne des Pferdes und wagte sogar einmal, seine Fersen in die Flanken des Tiers zu stoßen – nicht sehr fest, und das Pferd spürte es vielleicht nicht einmal. Aber in diesem Augenblick sah sich der Junge als Krieger.
Argot führte das Pferd etwa zehn Minuten lang um den Hof. Gareths Hintern begann bald dort wehzutun, wo er immer wieder fest gegen die Wirbelsäule des Pferdes prallte, und seine Oberschenkel schmerzten ebenfalls, aber er hätte niemals, nicht für alle Silbertams des Königreichs, ein Wort darüber verloren oder den Hauptmann gebeten, ihn wieder herunterzuholen.
Argot lobte ihn und erklärte, er säße gut zu Pferd. Er erzählte gerade, wie sein eigener Vater ihn reiten gelehrt hatte, bevor er noch das Wort »Pferd« sagen konnte, als ein Soldat atemlos in den Hof gerannt kam und nach dem Hauptmann rief.
»Hier!«, schrie Argot und winkte.
»Hauptmann«, rief der Soldat und salutierte. »Wir haben Shakur erwischt!«
Argot hielt inne, und das Pferd tat es ihm nach. Argot sagte ein Wort, das das Pferd dazu veranlasste, sich nicht mehr zu rühren und starr im Hof stehen zu bleiben, den Jungen immer noch auf seinem Rücken, während Argot zu dem Soldaten ging.
»Er hat gekämpft wie ein Dämon«, fuhr der Soldat fort. »Hanuit wird vielleicht seinen Arm verlieren. Sie haben ihn zum Heiler gebracht.«
»Was ist mit Shakur?«, wollte Argot wissen. »Ist er tot?«
»Nein, Hauptmann.« Der Soldat grinste. »Obwohl Hanuit Rache genommen hat. Wir haben Eure Befehle befolgt und den Mistkerl lebendig gefangen genommen. Sie bringen ihn jetzt her.«
Ein Trupp Soldaten kam mit klirrenden Rüstungen auf den Hof. Zwei schleppten einen Mann mit sich, dem man die Arme mit Bogensehnen auf dem Rücken zusammengebunden hatte. Gareth konnte das Gesicht des Mannes nicht genau erkennen, weil es vollkommen von Blut bedeckt war. Er sah nur zwei Augen, schwarz und böswillig über einer grausigen Wunde. Der Mann hatte Glück, nicht geblendet worden zu sein. Der Schwertstreich hatte das rechte Auge nur knapp verfehlt, die Wange darunter bis auf den Knochen gespalten, die Nase beinahe in zwei Stücke geschnitten. Die Wunde zog sich weiter bis zur linken Seite des Kinns und legte Knochen und Sehnen frei.
Der Mann war von durchschnittlicher Größe und nicht dick, aber ungewöhnlich kräftig. An seinen Armen wölbten sich die Muskeln, der Umfang seiner Waden übertraf den von Gareths Taille. Sehnen und Blutgefäße bildeten Zweigmuster unter seiner sonnengebräunten Haut. Den Kopf hatte er rasiert, wie es auch viele
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