Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter
herauszufinden, welcher Zweikampf das Interesse des Vrykyl so sehr erregt hatte.
Auch die Sklaven bemühten sich, etwas zu sehen, aber die Taan hatten sich so dicht um die Kämpfenden gedrängt, dass sie kaum einen Blick auf die beiden werfen konnten. Einer jubelte, aber die anderen forderten ihn sofort auf zu schweigen, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Von all dem wusste Rabe nichts. Er war blutüberströmt, seine Schulter bis auf den Knochen aufgerissen. Seine Finger waren blutig. Sein Oberkörper war mit Schwielen von der Kette und Kratzern von Qu-toks Krallen überzogen. Rabe spürte keinen Schmerz. Er spürte nur die Haut und die Knochen und die Sehnen seines Feindes unter seinen Händen.
Während des heftigen Kampfs hatte sich die lange Kette um beide Krieger gewickelt und band sie mit ihren Eisengliedern. Die Kette wand sich um ihre Beine und fesselte ihre Arme. Das Um-Sich-Schlagen der beiden Männer trug sie immer weiter über den Boden. Die Taan wichen rasch zurück, um ihnen Platz zu machen. Rabe entdeckte einen großen Stein, der halb im Boden vergraben war. Er packte Qu-toks Hand, die immer noch das Messer umklammerte, und hieb die Hand des Taan fest auf den Stein nieder.
Das Messer flog aus Qu-toks Fingern, und Rabe war einen Augenblick lang entzückt, aber dieser Augenblick ging zu Ende, als Qu-toks starke Hand den Stein packte und aus dem Boden riss. Qu-tok schlug mit dem Stein nach Rabes Kopf. Die Kette behinderte seine Bewegungen. Er konnte weder weit ausholen noch sonderlich gut zielen. Der Schlag traf Rabe am Oberarm.
Qu-tok hob den Arm zu einem weiteren Schlag, und in diesem Augenblick erkannte Rabe seine Chance. Qu-tok hatte keinerlei Deckung mehr. Es gab nur ein Problem. Rabe hatte keine Möglichkeit, dem nächsten Schlag auszuweichen. Er würde ihn ertragen müssen. Er packte die Kette mit beiden Händen, bildete eine Schlinge damit und schlang sie um Qutoks Hals.
Vor Zorn mit den Zähnen knirschend schlug Qu-tok Rabe mit dem Stein.
Schmerz splitterte durch Rabes Kopf, Sternschnuppen blitzten in der schwarzen Nacht auf, die sich über seine Augen senkte. Ihm wurde schwindlig, und er kämpfte mit seinem ganzen Wesen dagegen an, sowohl das Bewusstsein als auch die Kette zu verlieren.
Zum Glück war Qu-tok nicht im Stande gewesen, seine ganze Muskelkraft in den Schlag zu legen. In diesem Fall hätte er Rabes Kopf wie eine Zargnuss aufgeknackt. So schmerzte Rabes Kopf zwar schrecklich, und Blut lief ihm ins linke Auge, aber er war nicht tot. Er war noch in der Lage, zu denken und zu handeln. Er hielt die Kettenschlinge in beiden Händen, und mit letzter Kraft zog er die Schlinge um Qu-toks Hals fester und riss daran. Knochen knackten unter der Kette. Qu-toks Augen traten hervor; er gurgelte und würgte an seinem eigenen Blut. Er ließ den Stein fallen und versuchte hektisch, sich von der Kette zu befreien, die ihm die Luftröhre zuschnürte. Rabe zerrte weiter. Er sah dem sterbenden Taan in die Augen, und als er erkannte, dass das Licht darin verging, zog er umso fester.
»Stirb, verdammt noch mal«, sagte er wieder und wieder. »Stirb!«
Blut lief aus Qu-toks Mund. Er trommelte mit den Fersen auf den Boden. Dann wurde er starr und schließlich schlaff. Qutok hörte auf, sich zu wehren. Er verdrehte die Augen. Seine Arme und Beine zuckten noch einmal, aber dann regte er sich nicht mehr.
Rabe, der ihm nicht über den Weg traute, riss weiter an der Kette.
»Es ist zu Ende«, sagte Dur-zor.
Rabe hörte sie nicht. Er ließ die Kette nur los, weil er zu schwach war, sie weiter festzuhalten. Er saß auf Qu-toks Leiche, zu schwach, die Kette zu lösen, die ihn immer noch an sein Opfer band. Der Kampfeszorn verließ ihn, und nun spürte er all die Schmerzen, die er während des Kampfes nicht gefühlt hatte.
Es war ihm gleichgültig. Er würde ohnehin bald sterben. Die anderen Taan würden ihn töten. Er war überrascht, dass sie es noch nicht getan hatten, und dann fiel ihm ein, dass sie ihn vermutlich für dieses Verbrechen zu Tode foltern wollten.
Er zuckte die Achseln. Nur noch eins interessierte ihn im Augenblick. Er hob die blutigen Hände in die Luft, legte den Kopf zurück und stieß den Siegesschrei der Trevinici aus – das Heulen eines Kojoten, der seine Beute getötet hat.
Nie zuvor war Rabe so glücklich, so zufrieden gewesen. Sein Heulen verklang. Seine Schultern sackten nach unten. Er fiel vornüber auf die Leiche seines toten Feindes und verlor das
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