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Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter

Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter

Titel: Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
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gierig an.
    »Äh, nein«, sagte Rabe. Als er sah, wie Jessans Lächeln verschwand, fügte er rasch hinzu: »Es bringt Unglück, eine Rüstung anzulegen, wenn keine Schlacht, äh – « Er hielt inne und spähte zu einem der Fenster.
    »Was ist?« Jessan folgte seinem Blick.
    »Ich dachte, ich hätte etwas gehört«, sagte sein Onkel. Er ging zum Fenster und spähte hinaus, aber wenn jemand sie belauscht hatte, dann war diese Person jetzt verschwunden. »Das ist seltsam. Wieso sollte jemand uns belauschen wollen?«
    »Der Zwerg«, vermutete Jessan. »Er will die Rüstung für sich selbst. Er hat versucht, mich dazu zu überreden, sie am Weg liegen zu lassen. Ich wette, er wollte später zurückkehren und sie holen.«
    Es lag Rabe auf der Zunge, dem Jungen zu sagen, er solle dem Zwerg die Rüstung ruhig überlassen, aber er schluckte die Worte hinunter, bevor sie die Gelegenheit hatten, Jessan zu kränken.
    Der junge Mann hockte sich hin und begann, sich die Rüstung genauer anzusehen. Stolz wies er auf ihre Einzelheiten hin.
    Rabe zwang sich dazu, sein Widerstreben zu überwinden und hockte sich neben seinen Neffen. »Ich sehe kein Blut«, meinte er. »Aber du hast erzählt, der Ritter hätte seinem Feind das Schwert direkt ins Herz gestoßen.«
    »Es gab kein Blut«, sagte Jessan. »Es gab nicht einmal eine Leiche. Nur Staub.« Er grinste über das Staunen seines Onkels. »Ich weiß. Das ist seltsam, wie?«
    Rabe spürte, wie sich ihm die Nackenhaare sträubten. Der Gedanke daran, dass sein Neffe diese Rüstung berührt hatte, bewirkte, dass sein Magen sich zusammenzog. Diese Rüstung hatte mit Tod und Leid zu tun. Ja, Tod war ihm nichts Neues – er hatte Schlachtfelder voller Leichen gesehen, Aasvögel, die die Augäpfel herauspickten, Hunde, die um Fleisch kämpften, und er war nicht einmal bleich geworden. Dass ihn diese Rüstung nun so erschütterte, hatte vielleicht damit zu tun, dass sie nicht für den Tod des Körpers, sondern den der Seele stand.
    »Pack sie ein, Jessan«, befahl er barsch. »Du solltest sie nicht einfach hier liegen lassen.«
    »Du hast Recht, Onkel.« Rasch band Jessan die Enden der Decke wieder zusammen und schob das Bündel in eine Ecke.
    »Vielleicht sollten wir sie nicht einmal hier im Haus aufbewahren«, schlug Rabe vor, denn er wusste, dass er keinen Schlaf finden würde, solange die Rüstung in der Nähe war. »Wenn der Zwerg sie wirklich stehlen will, ist dies der erste Platz, an dem er nachsehen wird.«
    »Da hast du wieder Recht«, meinte Jessan nachdenklich. »Aber was sollten wir damit tun?«
    »Du könntest sie zur Vorratshöhle bringen«, schlug Rabe vor.
    Die Trevinici brachten ihre Lebensmittelvorräte und die Schätze des Dorfes in einer nahe gelegenen Höhle unter, wo sie vor Dieben und Raubtieren sicher waren.
    »Wenn wir dann nach Dunkar weiterziehen, können wir sie unterwegs abholen«, fügte Rabe hinzu.
    Er hatte so lässig davon gesprochen, dass Jessan die Andeutung zunächst überhaupt nicht verstand. Er antwortete mit einem pflichtbewussten »Ja, Onkel«, und schickte sich an, mit dem Bündel das Haus zu verlassen.
    Rabe beobachtete ihn und grinste dabei in sich hinein. Jessan blieb plötzlich stehen. Er riss ruckartig den Kopf herum und schaute Rabe an, um sich davon zu überzeugen, ob er richtig gehört hatte. Als er das Grinsen seines Onkels sah, ging er wieder auf Rabe zu.
    »Du hast ›wir‹ gesagt!« Seine Stimme überschlug sich beinahe vor Aufregung. »Du hast gesagt, ›wir‹ gehen nach Dunkar! Meinst du das ernst, Onkel? Werde ich diesmal mitkommen?«
    »Das ist der Grund, weshalb ich zurückgekehrt bin. Ich habe mit meinem Kommandanten gesprochen. Er sagte, jemand aus meiner Familie wäre immer willkommen. Er sagt, wir sind so viel wert wie drei andere.«
    »Danke, Onkel«, sagte Jessan heiser. »Ich werde dich bestimmt nicht enttäuschen. Ich – «
    Er brachte kein weiteres Wort heraus. Er schüttelte den Kopf, drehte sich um und floh. Die Rüstung in dem Bündel auf seinem Rücken schepperte. Rabe nahm ihm die Flucht nicht übel; er hatte die Freudentränen in den Augen des jungen Mannes gesehen. Jessan würde Zeit brauchen, um sich zu fassen, und dabei musste er allein sein – ein anderer Grund, weshalb Rabe ihn mit der Rüstung zur Höhle geschickt hatte.
    Was die Rüstung anging, so würde Rabe eine Möglichkeit finden, sie loszuwerden, bevor sie weiterzogen. Der Kleine Blaue Fluss war tief und strömungsreich und nicht weit vom Lager

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