Der Stein der Könige 3 - Die Pforten der Dunkelheit
selbst in ihrer eigenen Sprache S'Gra oder auch Sa'Cra nannten. Er befand sich nun in den Händen der verachtenswerten Karnuaner. Die Orks mieden diese Region, wenn sie es konnten. Das lag nicht daran, dass sie einen Angriff befürchteten. Die Karnuaner waren Landratten und hätten es nie gewagt, die Orks auf See anzugreifen, wo sie alle Vorteile auf ihrer Seite hatten. Die Orks konnten es einfach nicht aushalten, ihren heiligen Berg zu sehen und sich vorzustellen, wie die Menschen ihre Tempel durch ihre Anwesenheit entweihten. Die Orks im Mastkorb entdeckten ein paar Schiffe mit der karnuanischen Flagge, aber die Feinde zogen den Schwanz ein, sobald sie die Orkflagge sahen, und segelten unter dem höhnischen Gejohle und den Herausforderungen der Orkbesatzung davon.
Der Sa'Gra mit seiner Rauchfahne, die von dem schneebedeckten Gipfel aufstieg, kam in Sicht. Der Kapitän befahl alle an Deck. Die Orks standen an der Reling oder stiegen in die Takelage. Sie nahmen die Mützen ab und warfen sehnsuchtsvolle Blicke zum Berg. Quai-ghai, die Schamanin, rezitierte feierlich ein Gebet.
Obwohl Damra die Worte nicht verstehen konnte, waren der Kummer und der Schmerz in der Stimme der Schamanin deutlich genug, und die gleichen Gefühle zeichneten sich auch auf den Gesichtern der anderen Orks ab. Das Gebet schloss mit einem lauten, wilden Ruf. Die Orks drohten dem Feind auf dem Berg mit den Fäusten, und ihre Stimmen schlossen sich der ihrer Schamanin in einem donnernden Gebrüll an.
»Wir schwören zurückzukehren«, sagte Kapitän Kal-Gah. »Und an diesem Tag wird sich das Wasser der Gesegneten Meerenge rot vom Blut der Karnuaner färben.«
»Wenn man bedenkt, wie zornig ihr alle seid«, sagte Griffith, »überrascht es mich, dass ihr noch nicht versucht habt, den Berg zurückzuerobern.«
»Der Kapitän der Kapitäne ist weise«, erklärte Kal-Gah. »Wir sind an Bord unserer Schiffe tapfere Krieger, aber an Land sind wir ziemlich ungeschickt.« Plötzlich grinste er. »Als Ork darf ich das sagen, aber ich würde Euch die Kehle von einem Ohr bis zum anderen durchschneiden, wenn Ihr so etwas behaupten würdet, Baron.«
Kal-Gah versetzte Shadamehr einen festen Schlag auf den Rücken, der ihn halbwegs über das Deck fliegen ließ.
»Wir haben gehört«, fügte Kal-Gah ernster hinzu, »dass der Kapitän in Harkon eine geheime Streitmacht versammelt hat. Sie warten auf die richtigen Vorzeichen für den Angriff.«
»Ist das wahr?«, fragte Alise eifrig.
»Ob es nun wahr ist oder nicht, es raubt den Karnuanern den Schlaf«, antwortete der Kapitän. Er warf noch einen Blick auf den Berg, welcher am Horizont langsam verschwand, und sein Lächeln wurde finster. »Eines Tages kehren wir zurück.«
Die Elfen und Menschen aßen in ihrer Kabine, getrennt von den Orks, und zwar vor allem deshalb, weil der Anblick und Geruch von Orkessen zu viel für sie waren. An diesem Abend hatten die Orks einen großen Tintenfisch gefangen und freuten sich gewaltig auf das Festessen.
Schon der Gedanke daran, dieses sich windende, schleimige Geschöpf zu essen, genügte, um Damra den Appetit zu verderben, und sie stocherte in ihrer ohnehin nicht besonders begeisternden Mahlzeit nur herum. Das Schiff hatte eine kleine Küstenstadt angelaufen, um Vorräte an Bord zu nehmen, also konnten die Elfen dem bisherigen Menü aus Zwieback und Käse noch Nüsse und getrocknetes Obst hinzufügen. Aber nachdem sie seit Tagen nichts anderes zu sich genommen hatte, glaubte Damra, für den Rest ihres Lebens genug Feigen gesehen zu haben, vom Essen gar nicht zu reden.
Um der Mahlzeit ein wenig Würze zu verleihen, diskutierten die vier über die politische Lage der Orks.
»Ich kann mir nicht vorstellen, wie es wäre, einen Ort zu verlieren, den man so sehr liebt und verehrt«, sagte Alise.
»Zu wissen, dass Leute, die das alles nicht kümmert, vielleicht Beleidigungen auf die Wände der Wohnstätten der Orkgötter schreiben.«
»Und die Stelle entweihen, wo die Orks ihre Opfergaben lebendig in den heiligen Vulkan werfen«, fügte Shadamehr vergnügt hinzu.
»Tun sie das wirklich?«, fragte Damra verblüfft.
»Ich fürchte, ja. Die Orks halten es für eine große Ehre, den Göttern des Berges übergeben zu werden. Und die meisten Opfer, die sie bringen, sind Orks, die vermutlich glauben, der Sprung in die glühende Lava bringe sie direkt in den Himmel.«
»Aber es ist nicht recht, Leben zu nehmen, denn Leben ist heilig«, erklärte Damra.
»Euren Göttern
Weitere Kostenlose Bücher