Der Stein der Könige 3 - Die Pforten der Dunkelheit
und drückte ihren schaudernden Körper an seinen.
»Du hättest mich sterben lassen sollen. Das wäre kein großer Verlust gewesen«, flüsterte er. »Nichts als ein eitler, unverantwortlicher, leichtsinniger Narr, der sich in Sachen einmischt, die ihn nichts angehen, einfach weil es Spaß macht, sich einzumischen.«
Er legte die Wange an ihr weiches Haar.
»Ja, ich weiß, ich sage mir immer, dass es dem Guten nützt. Ich behaupte, dass ich der Menschheit helfe, und vielleicht ist mir das tatsächlich hin und wieder gelungen. Aber ich tue es nur, weil es Spaß macht. Es geht ums Abenteuer. Immer nur ums Abenteuer. Wie bei diesem Durcheinander, in dem wir jetzt stecken. Was für eine verflucht dumme Idee – den König vor einem Vrykyl retten zu wollen! Ich habe das Leben meiner Freunde in Gefahr gebracht. Ich habe unseren Auftrag, den Stein der Könige zu retten, gefährdet. Und das alles nur zu meinem eigenen eigensüchtigen Vergnügen. Wenn ich auch nur einen Augenblick lang vernünftig darüber nachgedacht hätte, hätte ich das gewusst.
Der König stirbt plötzlich. Sein Sohn ist der Letzte, der ihn lebendig gesehen hat. Selbstverständlich würde niemand ein Kind verdächtigen. Niemand kommt auf den Gedanken, dass der Junge etwas anderes sein könnte, als er zu sein scheint. Und wer würde mir schon glauben, wenn ich es ihnen erzählte? Wer wird einem berüchtigten Abenteurer glauben, der in seinem Leben kein ernstes Wort gesprochen hat? Einem Mann, dem das Recht gegeben wurde, zum Paladin zu werden, und der sich geweigert hat, und das nicht aus Protest gegen die Politik und nicht aus irgendwelchen philosophischen oder moralischen Überzeugungen. In Wahrheit habe ich mich schlicht und ergreifend deshalb geweigert, weil ich die Verantwortung nicht auf mich nehmen wollte.
Alise, Alise«, flüsterte er und drückte sie an sich. »Wenn ich ein Paladin wäre, könnte ich dich retten. Ich hätte mich selbst retten können. Und wegen meiner eigenen verfluchten selbstsüchtigen Faulheit habe ich das Einzige verloren, das mir wichtig war. Und nun wirst du von mir gehen und nie erfahren, dass ich dich liebe. Denn ich liebe dich, Alise«, sagte Shadamehr und küsste sie sanft. »Du bist meine Frau.«
Sie hatte aufgehört zu stöhnen. Sie wurde kälter, ihr Atem schwerer. Er drückte sie an sich und atmete jeden Hauch mit ihr, als könne ihr das helfen.
»Wenn du stirbst, Alise, will ich nicht weiterleben. Wenn du nicht zu meinem Leben gehörst, dann hat dieses Geschenk, das du mir gegeben hast, keinen Sinn. Aber obwohl ich es selbst nicht haben will, werde ich es nicht verschwenden. Ich werde dafür sorgen, dass du stolz auf mich sein kannst, Alise. Das verspreche ich dir.«
Der Vrykyl Jedash strengte sich an, die Illusion aufrechtzuerhalten. Feuersturm kehrte einen Augenblick lang zurück, aber inzwischen schrien die Leute und zeigten auf ihn. Ihm wurde klar, dass seine Maske für einen Augenblick verschwunden und seine Verkleidung durchschaut worden war. Also ließ er die nutzlose Trevinici-Illusion vollkommen vergehen und beschwor seine Magie herauf. Die Leere schützte ihn, überzog ihn mit seiner schwarzen Rüstung, verlieh ihm tödliche Magie und die Macht, sie anzuwenden.
Die Macht der Leere beeinflusst nicht nur den Geist, sondern auch das Herz. Und die Waffe der Leere ist die Angst. Der Schild der Leere ist Schrecken, ihre Rüstung Verzweiflung. Selbst den Besten und Tapfersten fällt es schwer, gegen die Leere zu kämpfen, denn sie zwingt einen dazu, gegen zwei Feinde gleichzeitig anzutreten – die eigene Angst und den Schrecken, dem man gegenübersteht.
Die Pecwae standen hilflos und wie erstarrt da. Der Vrykyl versuchte sie zu packen, und er hätte beinahe die Großmutter erwischt, als jemand einen Zauber bewirkte, der die Dielen bewegte. Jedash verlor das Gleichgewicht, taumelte rückwärts und krachte gegen die Wand.
»Werft Sachen nach ihm!«, schrie eine Stimme, und die Gäste der Schänke begannen, mit Geschirr zu werfen.
Teller und Schalen krachten gegen die Rüstung des Vrykyl, und Bierkrüge trafen seinen Helm. Die Geschosse konnten ihn nicht verletzen, aber sie ärgerten ihn und hielten ihn davon ab, klar zu denken, so dass er keinen eigenen Zauber wirken konnte.
Die Luft rings um Jessan wurde kalt und feucht wie in einer Gruft. Er roch den süßen, Übelkeit erregenden Gestank nach Verwesung. Feuersturms Gesicht löste sich auf. Die Illusion von Fleisch verschwand und enthüllte die
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