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Der Stein der Könige 3 - Die Pforten der Dunkelheit

Der Stein der Könige 3 - Die Pforten der Dunkelheit

Titel: Der Stein der Könige 3 - Die Pforten der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
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und nutzte all das, wie ein Stachelschwein seine Stacheln nutzt, um darunter ein treues, mitleidiges Herz zu verbergen.
    Nun war ihre Schönheit verschwunden und zerstört. Risse durchzogen die weiche Haut ihrer Wangen, Blut lief über ihren Hals. Scheußliche Abszesse bedeckten ihre Stirn und ein Auge, das zugeschwollen war. Ihre Lippen waren gerissen und geschwärzt. Die Hand, die sie nach Shadamehr ausgestreckt hatte, hatte sie vor Schmerzen geballt, so dass sich die Nägel tief ins Fleisch gegraben hatten. Sie stöhnte abermals – ein schmerzerfülltes Schluchzen.
    »Alise!«, keuchte Shadamehr entsetzt. »Was ist passiert? Wer hat dir das angetan?«
    Er wusste die Antwort, sobald er die Frage gestellt hatte.
    »Ihr Götter!« Er schloss die Augen. »Ich war es selbst.«
    Er hob ihre Hand, löste die steifen, verkrampften, kalten Finger und zog sie an seine Lippen. Tränen brannten ihm in den Augen.
    Shadamehr war kein Magier, aber er kannte sich aus. Ein Magier namens Rigiswald, der sein Lehrer gewesen war, hatte einmal versucht, dem Baron ein paar einfache Bannsprüche beizubringen. Aber Shadamehr hatte sich nicht nur als vollkommen unfähig erwiesen, sondern die Magie berührte ihn darüber hinaus auf die schlimmste Weise. Jeder Zauber, an dem er sich versuchte, selbst die einfachsten, endete in einer Katastrophe. Shadamehr selbst kam meist unbeschadet davon, aber andere hatten oft nicht solches Glück. Nach einer Woche des Leidens, die ihm unter anderem eine Gehirnerschütterung und einen verstauchten Fuß eingebracht hatte, verbannte Rigiswald die Zauberbücher und verbot seinem Schüler, auch nur ein einziges Wort eines Zauberspruchs zu denken.
    Shadamehr hatte sich weiterhin mit Magie beschäftigt, aber er achtete darauf, sich nicht mehr selbst an ihr zu versuchen. Er und Alise, Ulaf und Rigiswald hatten häufig ausführliche Gespräche über Magie geführt, auch über die Magie der Leere.
    Magie der Leere konnte einen Sterbenden nicht direkt heilen, aber sie konnte ihn retten, indem man etwas von der Lebenskraft eines Magiers der Leere in den Körper des Sterbenden übertrug. Dieser Zauber war jedoch ausgesprochen gefährlich, denn indem er das Opfer kräftigte, konnte der Zauberer selbst zu Tode kommen.
    Shadamehr legte die Hand an Alises Hals. Er konnte ihren Puls kaum mehr spüren. Sie litt schreckliche Schmerzen, denn sie schrie und wand sich und zuckte. Aber selbst diese Schmerzen konnten sie nicht aus der tiefen Finsternis herausholen, in der sie um ihr Leben kämpfte. Um seinetwillen hatte sie sich der Leere überlassen, und die Leere versuchte nun, sie zu verschlingen.
    Alise würde sterben, wenn er nicht etwas unternahm, ihr Hilfe brachte und eine Möglichkeit fand, die Leere aufzuhalten.
    Sie würde sterben, ohne zu wissen, dass er sie liebte.
    Shadamehr biss die Zähne zusammen, und mit ungeheurer Anstrengung gelang es ihm, die Arme zu heben und sich am oberen Rand eines Fasses festzuhalten. Er hielt einen Moment inne und rang nach Luft, dann zog er sich vollends in die Höhe. Über das Fass gebeugt blieb er zitternd und schaudernd stehen.
    Er schaffte es, seinen Blick lange genug zu konzentrieren, um die Tür zu finden. Sie schien meilenweit entfernt zu sein. Er wusste nicht, wo er sich befand, denn er konnte sich nicht daran erinnern, wie er hierher gekommen war. Er konnte nichts hören. Hinter der Tür erklang kein Laut. Nun, da er daran dachte, erinnerte er sich vage daran, dass jemand an die Tür geklopft und gerufen hatte, aber das war vor einer Ewigkeit gewesen.
    Er versuchte, nach Hilfe zu rufen, aber es kam nur ein Krächzen heraus. Er ließ das Fass los, machte einen Schritt und noch einen Schritt. Sein Kopf tat weh. Das Zimmer fing an, sich um ihn zu drehen. Sein Magen zog sich zusammen, die Knie gaben unter ihm nach. Er spürte, dass er fiel, und suchte verzweifelt nach Halt, indem er nach dem Fass griff. Er warf es um, und er, das Fass und die Laterne fielen zu Boden.
    Zum Glück setzte er den Keller nicht in Brand. Die Flamme der Laterne ging aus, ertrank in Öl.
    Shadamehr verfluchte sich selbst, seine Schwäche und sein Versagen, das nun dazu führen würde, dass er die einzige Person verlor, für die er wirklich gestorben wäre.
    »Du hättest mich sterben lassen sollen, Alise«, murmelte er.
    Es gelang ihm, zu ihr zurückzukriechen, und er griff nach ihrer Hand, küsste sie, küsste ihr liebes, gepeinigtes Gesicht. Er nahm sie in die Arme, wiegte ihren Kopf an seiner Brust

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