Der Stein der Könige 3 - Die Pforten der Dunkelheit
dennoch erwischen würde, hatte er eine Geschichte bereit und würde wahrscheinlich keinen Ärger bekommen, aber er hatte nicht vor, seine Zeit zu verschwenden, indem er mit dämlichen Kavallerieoffizieren stritt.
Ulaf nahm nicht an, dass es schwierig sein würde, den Tempel selbst zu betreten, auch nicht mitten in einer unruhigen Nacht. Er war ein Mitglied des Neunten Ordens, eines Ordens, der sich dem Studium der magischen Portale widmete, welche rasche Reisen von einem Teil Loerems zum anderen zuließen. Von allen Orden der Kirche war der Neunte am wenigsten geachtet.
Vor zweihundert Jahren hatten sich weise und mächtige Magier zusammengetan und vier Portale geschaffen. Sie befanden sich allesamt in Alt-Vinnengael und hatten in die Länder der Elfen, Zwerge und Orks geführt, und durch sie waren Kaufleute und ihre Waren, Neuigkeiten und Botschaften hin und her gelangt. Das vierte Portal führte angeblich direkt zu den Göttern.
Als Dagnarus Alt-Vinnengael angegriffen hatte, hatten er und sein Zauberer Gareth sich machtvoller Magie der Leere bedient, um die Verteidiger der Stadt zu besiegen. Diese Magie, verbunden mit der, welche die Verteidiger der Stadt angewendet hatten, hatte solch elementare Energie bewirkt, dass es zu einer Explosion kam, die einen großen Teil der Stadt dem Erdboden gleichmachte.
Ursprünglich hatte man angenommen, dass die Portale vollkommen zerstört worden waren, denn nirgendwo in der Nähe von Alt-Vinnengael war mehr eins zu finden. Die Kirche rief den Neunten Orden mit dem Zweck ins Leben, die Magie der Portale neu zu erfinden. Diese Versuche erwiesen sich als fruchtlos. Das Geheimnis der Schöpfung der Portale war bei der Explosion ebenfalls zerstört worden. Die Magier arbeiteten Jahre, aber sie kamen einer Neufassung der benötigten Zaubersprüche nicht einmal nahe. Sie beteten zu den Göttern, aber ihre Gebete wurden nicht erhört. Die Götter, so schien es, wollten keine Portale mehr, die zum Himmel führten.
Sehr zum Verdruss der Kirche trafen dann erste Berichte ein, dass Portale an mehreren Orten auf dem Kontinent entdeckt worden waren, darunter ein sehr wichtiges im Elfenland und ein anderes im Land der erbittertsten Feinde von Vinnengael, der Karnuaner. Die Kirche erkannte, dass die Portale nicht zerstört worden waren. Sie waren nur davongedriftet wie Schiffe, die sich vom Anker losgerissen hatten.
Die Kirche hatte den nutzlosen Neunten Orden schon auflösen wollen, aber stattdessen beschlossen, dass er sich vielleicht doch noch als brauchbar erweisen könnte. Die Mitglieder wurden überallhin ausgeschickt, um die verschwundenen Portale zu finden und auf Karten einzuzeichnen.
Jahrhunderte später betrieben die Mitglieder des Neunten Ordens diese Suche immer noch. Unterbezahlt und verlacht reisten sie überall in Loerem herum, um jeden Bericht über ein Portal zu überprüfen und es gegebenenfalls auf einer Karte zu verzeichnen.
Daher hielt Ulaf den Neunten für einen sehr praktischen Orden. Als Mitglied konnte er sich frei bewegen und kommen und gehen, wie es ihm gefiel. Niemand scherte sich darum, wo er gewesen war, oder wollte unbedingt einen Bericht über seine Reisen hören. Solange er hin und wieder eine Landkarte mit einem neuen Portal einreichte, war man es zufrieden.
Das hätte vielleicht anders ausgesehen, wenn er die Kirche um Geld gebeten hätte. Aber da Shadamehr Ulafs Reisen immer finanziert hatte, waren solche Forderungen überflüssig. Ulaf gab sich als reicher junger Mann aus, der seine Zeit und sein Geld dem Finden von Portalen widmete. Die Kirchenoberen hielten ihn für verrückt, aber harmlos.
Bei dem Tempel der Magier handelte es sich nicht um ein einzelnes Gebäude, wie es der Name vielleicht nahe legen mochte. Der eigentliche Tempel war das Hauptgebäude, errichtet aus Marmor, mit Rosettenfenstern aus Buntglas und eleganten Spitztürmen, alles zu dem Zweck erdacht, die Gedanken der Menschen zum Himmel emporzulenken. Dort befand sich die Gebetshalle mit den Altären der Götter. Die Halle stand der Öffentlichkeit Tag und Nacht offen, und es waren ständig Priester im Dienst. Außerdem hatte man hier die Büros der Kirchenoberen untergebracht.
Die wichtigsten anderen Gebäude in dem Komplex waren eine Universität mit Schlafräumen, Unterrichtsräumen und einer auf dem ganzen Kontinent berühmten Bibliothek sowie die Häuser des Heilens, welche vom Hospitalorden betrieben wurden. Die Häuser des Heilens waren von Gärten umgebene, lang
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