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Der steinerne Engel

Titel: Der steinerne Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol O'Connell
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habe sie nur den Lautstärkeknopf an einer Maschine höher gestellt. »Ich muss einen Zeugen dazu bringen, gegen die anderen auszusagen. Und ich werde ihn so weit bringen. Egal, wie.«
    Mallorys Gesicht war nur Zentimeter von dem seinen entfernt. Ihre Hand legte sich um seinen Arm, die Finger krallten sich schmerzhaft ins Fleisch. Und jetzt verrieten ihr Gesicht, ihre Stimme echten Schmerz. »Und dann werde ich dem Mistkerl sagen, dass meine Mutter sich das alles selbst zuzuschreiben hatte, dass die dumme Kuh den Tod verdient hat.«
    Sein Kopf fuhr nach hinten, als hätte sie ihn geschlagen.
    Ruhiger führ sie fort: »Ich werde lügen, dass sich die Balken biegen.« Und flüsternd fügte sie hinzu: »Cops machen das so.«
    Sie war aufgestanden und lehnte sich ans Geländer. Ihre Stimme klirrte vor Kälte. »Zugegeben, Alma Furgueson hat sich die Pulsadern aufgeschnitten. Aber Alma atmet noch. Meine Mutter ist tot. Es wird Zeit, dass du dich entscheidest, Charles.«
    Zögernd blieb sie an der Treppe stehen. »Hat Riker dich auf seine Seite gezogen?« Sie setzte einen gestiefelten Fuß auf die oberste Stufe. »Machst du bei ihm mit? Oder hältst du zu mir?«
    »Ich würde nie ...«
    »Ja oder nein, Charles?«
    »Ja.« Mallory hatte Recht: Alma atmete noch.
     

22
    Der Sheriff lehnte sich zurück und betrachtete über den Rand seines Bierglases hinweg seine junge Mitarbeiterin. Lilith Beaudare musste noch viel lernen, aber die Arroganz hatte er ihr abgewöhnt. So wie er sie Eliot Dobbs abgewöhnt hatte. Deputy Travis war schon als kaputter Typ zu ihm gekommen, mit dem hatte das alles keinen Spaß gemacht.
    »Es kann in Kürze kritisch werden, Lilith. Könntest du einen Menschen töten, wenn's hart auf hart kommt? Wenn du das nämlich nicht kannst, kostet es womöglich dich oder jemand anders das Leben. Du hast nur eine Sekunde, um zu erkennen, aus welchem Stoff du gemacht bist.«
    Er bemerkte, dass er eine empfindliche Stelle getroffen hatte. Sie senkte den Kopf. Das war kein gutes Zeichen. Hatte sie schon eine Feuerprobe hinter sich? In ihrer Akte stand nichts davon, dass sie schon mal in eine Schießerei verwickelt gewesen war.
    »Haben Sie schon mal einen Menschen getötet, Sheriff?«
    Er nickte anerkennend. Ein gelungenes Ablenkungsmanöver. Aber heute ging es nicht um einen Intelligenztest. »In meinen langen Dienstjahren habe ich bisher noch nie auf jemanden schießen müssen.«
    »Das habe ich nicht gefragt.«
    »Irgendwann haben wir sicher noch Gelegenheit, uns näher kennen zu lernen, aber dazu ist jetzt keine Zeit.« Sie steckte die Zurechtweisung ein, ohne mit der Wimper zu zucken. »Ich wüsste gern, was du mir verschweigst.«
    Sie legte die Hände um ihr Glas und blickte, sichtlich wieder auf der Suche nach Ablenkung, auf die Tischplatte. Lilith Beaudare verriet zu viel von sich. Auch das würde er ihr abgewöhnen müssen.
    Jetzt hob sie wieder den Blick. »Ich habe so ein Gefühl, dass Mallory Polizistin ist. Beweisen könnte ich es nicht, aber ...«
    »Gut geraten. Polizistin bei der New Yorker Kriminalpolizei. Detective Sergeant Kathleen Mallory.«
    »Wie haben Sie ...«
    »Schau mal, da kommt unser Mann aus New York!« Er deutete auf die Tür zur Bar.
    Charles Butlers große Gestalt sperrte die Sonne aus, dann schlug die Tür zu, sodass er sich in dem Übergang von Helligkeit zu Dämmerlicht erst zurechtfinden musste.
    In diesem Moment, in dem er noch halb blind und angreifbar war, überrumpelte ihn der Sheriff mit seiner über drei Tische hinweggebrüllten Begrüßung: »Hallo, Mr. Butler! Falls Sie Ihren Freund Riker suchen, haben Sie ihn verpasst. Er ist nach New Orleans gefahren.«
    Charles Butler kam lächelnd auf den Sheriff und seine Mitarbeiterin zu. Er hatte sich offenbar entschlossen, gar nicht erst nach einer Ausrede zu suchen, sondern die Bemerkung einfach zu ignorieren.
    »Nennen Sie mich doch bitte Charles. Eigentlich habe ich Sie gesucht, Sheriff.«
    Tom Jessop verkniff sich ein Grinsen, denn jetzt musste der arme Kerl sich eine Erklärung für sein überraschendes Auftauchen einfallen lassen.
    »Ich wollte wissen, ob Sie auf Ihrer Verdächtigenliste überhaupt Männer haben. Bisher scheinen Sie Frauen den Vorzug zu geben.«
    »Stimmt, Charles. Keiner soll mir nachsagen, dass ich nicht politisch korrekt handle.«
    Lilith erhob sich lächelnd und verabschiedete sich mit der vagen Entschuldigung, sie habe noch einiges zu erledigen. Charles stand respektvoll auf, Tom Jessop blieb in aller

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