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Der steinerne Engel

Titel: Der steinerne Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol O'Connell
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Jessop war sich viel zu schade, um auch nur ein Wort mit Babe zu wechseln, geschweige denn, ihn umzubringen.«
    »Aber dass der Sheriff gewalttätig werden kann, ist bekannt. Ich habe gehört, dass er Fred Laurie wegen der Schüsse auf den Hund zusammengeschlagen hat.«
    »Das liegt schon Jahre zurück. Tom war dabei, das stimmt, aber zusammengeschlagen habe ich den Mistkerl.«
    »Sie, Augusta?«
    »Mit einem Spaten. Der erste Schlag traf seinen Bauch, der zweite die Hände. Tom hatte inzwischen den Hund untersucht. Dann hat er mich und Fred angeguckt und gesagt: ›Augusta, so was macht man nicht‹. Daraufhin hab ich Fred noch einen Schlag auf den Kopf verpasst, und Tom hat nichts mehr gesagt. Er wiederholt sich nicht gern.«
    Charles warf Henry, der ihm von dem Vorfall erzählt hatte, einen Blick zu, aber der konzentrierte sich auf sein Essen. »Tut mir Leid, dann bin ich falsch informiert«, sagte er zu Augusta.
    Eine absichtliche Falschinformation?
    Charles kam ins Grübeln. Möglich, dass Henry Roth Augusta gedeckt hatte. Oder dass Augusta den Sheriff deckte. Einer von den beiden nahm es mit der Wahrheit nicht so genau. Er dachte darüber nach, wie man es in dieser Lügengesellschaft, in die er geraten war, mit den ungeschriebenen Gesetzen des Lügens hielt. Wie Lügen aus guter Absicht und Lügen aus Eigennutz zu beurteilen, wie Lügen ganz allgemein ein- und abzustufen waren.
    »Fred hat also den Leuten gesagt, dass das Toms Werk war?«, fragte Augusta unangenehm berührt. »Ehre, wem Ehre gebührt - und es war nun mal nicht Tom, der zugeschlagen hat.«
    Henry hob den Kopf. » Ich dachte, Sie interessierten sich mehr für den früheren Mord«, sagte er zu Charles. »Mit einem einzigen Stein umgebracht zu werden ist nicht so ehrenvoll wie eine Steinigung durch einen blindwütigen Mob.«
    »Der Mob ist nie blind«, sagte Augusta und reichte Henry die Butter. »Erinnert ihr euch noch an den Lynchmord in Arkansas?«
    Sie wandte sich an Charles. »Drei junge Männer kamen unter Mordanklage ins Gefängnis. Einer hatte es sich anders überlegt und war weggelaufen, ehe der Mann erschossen und seiner Frau der Schmuck geraubt wurde, aber verhaftet wurden sie alle drei. Am nächsten Tag verbreitete sich ein Gerücht in der Stadt, die Frau sei vergewaltigt worden - was nicht stimmte. Abends holte ein Mob die Jungen aus dem Gefängnis. Zwei wurden gelyncht. Der dritte hatte schon den Strick um den Hals, als einer aus der Menge rief: ›Der Junge war an dem Mord nicht beteiligt.‹ Der Strick wurde aufgeknüpft und der Junge in die Zelle zurückgebracht.«
    »Sie hat Recht, Henry«, bestätigte Charles. »Jeder Mob hat ein Ziel, Prinzipien, ja sogar ein Gefühl für Recht und Unrecht. Eben deshalb hat mich an diesem Mord immer etwas gestört.«
    »Die Lautlosigkeit? Die Leidenschaftslosigkeit?«, fragte Henry.
    »Ja, aber nicht nur das. Ich glaube nicht, dass Travis oder Alma wussten, was geschehen würde, ehe sie zum Haus kamen.«
    »Wenn eine ganze Gruppe kaltblütig mordet«, wandte Augusta ein, »macht das nur Sinn, wenn sie alle wie Pech und Schwefel zusammenhalten. Irgendeiner redet sonst doch.«
    »Ja, das ist ein Problem«, räumte Charles ein.
    »Ist es nicht.« Mallory stand in der Küchentür. Sie hielt einen Käfig voll weißer Tauben in der Hand. »Dazu verbindet sie zu viel.« Sie setzte den Käfig auf der Arbeitsfläche ab. »Die Mordanklage riskieren alle - ob sie nun Steine geworfen haben oder nicht. Blutvergießen schweißt zusammen.«
    Augusta stellte einen Teller für Mallory hin und fragte: »Wie hast du die Tauben in den Käfig gezaubert?«
    »Ich hab gedroht, ihnen sämtliche Beine zu brechen, wenn sie nicht spuren.« Mallory nahm am Tisch Platz. Die Katze saß hinter ihr auf dem Kühlschrank. »Wie läuft's?«
    Augusta fuhr mit dem Finger die Liste entlang. »Henry bevorzugt die Frauen. Aber abgesehen von Alma sind das alles bewundernswert harte Brocken. Die meisten Männer allerdings auch.«
    »Die meisten?«
    »Der Name hier ist allerdings eine Überraschung.« Sie zeigte ihn Henry. »Bist du dir da sicher?«
    »Hundertprozentig.«
    »Dabei sieht er aus, als ob er keiner Fliege was zu Leide tun könnte.«
    »Den will ich haben«, sagte Mallory.
    Die Katze besah sich mit großen Augen und vielleicht sogar ein wenig verwundert die gefangenen Tauben.
    »Du weißt nicht, ob er mitgemacht hat«, sagte Augusta. »Alma hat ihren Stein nicht geworfen und Travis nur deinen Hund gesteinigt.«
    »Wer's

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