Der Steinwandler pyramiden2
es zu retten. Hoher Herr, nur einem Elementisten ist das möglich.«
»Boaz«, sagte Zabrze. »Du bist ein Elementist. So glaube uns doch!«
Boaz wollte es erneut abstreiten, und ich wandte mich angewidert ab.
Boaz, Boaz.
Ich fuhr herum. Es war der Froschkelch. Ich sah die Brüder nacheinander an. Boaz hatte die Rufe offensichtlich gehört, denn sein Blick war nun wie gebannt auf das Glas gerichtet, während Zabrze weiterhin seinen Bruder gereizt anstarrte.
Das beantwortete eine Frage. Ich hatte gedacht, auch Zabrze könnte ein Elementist sein, aber dieser Ruf war so laut gewesen, daß ihn selbst der schwächste unter den Elementisten gehört hätte.
Boaz.
Es waren nicht viele Stimmen. Nur eine.
»Nein!« rief Boaz zornig und sprang auf das Glas zu.
Es leuchtete auf. Glühendes Licht erfüllte den Raum, und mir stockte der Atem.
»Was bedeutet das?« murmelte Zabrze.
»Der Kelch ist Soulenaimagie«, sagte ich, blinzelte, um wieder scharf sehen zu können, und hielt verzweifelt nach Boaz Ausschau. Was tat er? »Sie rufen Boaz.«
Ein leises Klirren ertönte, und ich glaubte, Boaz hätte das Glas zerschlagen.
»Nein!« Das war nicht ich, sondern Boaz.
Er hockte vor der Truhe und hatte die Hände vors Gesicht geschlagen. Ein Mann stand vor ihm, streckte ihm seine Hand entgegen.
Boaz.
Kein Mann, sondern ein Geist, aus Nebel gewebt.
»Bei den Göttern!« rief Zabrze. »Avaldamon!«
Boaz hob ungläubig den Kopf.
Boaz. Die Geisterhand trieb näher heran, und Boaz griff zitternd danach.
Boaz. Hör auf die Frösche. Lerne ihr Lied. Folge dem Weg, den sie dir weisen, denn er allein wird deine Rettung sein.
Denn ich sage dir, Boaz, zerstöre die Pyramide.
Und dann war er verschwunden.
Ich rieb mir die Augen, fragte mich, ob er überhaupt da gewesen war. So etwas hatte ich noch nie gehört – über welche Macht gebot Avaldamon, daß er aus dem Jenseits zu uns kommen konnte!
»Avaldamon!« flüsterte Zabrze, und dann ging er zu seinem Bruder, kniete nieder und umarmte ihn.
Ich glaube, es war Zabrzes Umarmung, die Boaz’ Widerstand endgültig zerbrach – mehr noch als die flüchtige Erscheinung Avaldamons. Er fing laut an zu schluchzen, und Zabrze tröstete ihn.
Schließlich blinzelte Boaz, als würde er aus einem Traum erwachen. »Tirzah, wo bist du?«
»Hier bin ich.« Ich eilte zu ihm, ergriff seine Hand und sagte: »Hör mir jetzt zu! Die Soulenai sagen, du bist der einzige, der die Pyramide zerstören kann.«
»Oh nein, Tirzah. Ich kann nicht…«
»Du bist durch die Schule der Magier gegangen«, sagte ich und wiederholte, was die Soulenai mir erklärt hatten. »Du verstehst die Macht der Eins. Du verstehst die Pyramide. Und du gebietest über diese große« – ich küßte seine Wange – »wunderbare« – ich küßte seine Stirn – »Macht der Elemente.
Und was auch immer die Pyramide bedeutet, du kannst ihrer Macht entgegenwirken. Du bist der Schlüssel zur Zerstörung der Pyramide.«
Boaz sank in sich zusammen. »Mein Vater…«
»Avaldamon war ein Elementenmeister«, sagte Zabrze. »Das hat er mir erzählt. Ich kenne den Grund dafür nicht, denn solch ein Geständnis war mehr als gefährlich in einer Welt, die die Magier beherrschten. Vielleicht ahnte er da schon seinen nahen Tod und mußte es deshalb jemandem erzählen.«
Boaz hob sein tränennasses Gesicht Zabrze entgegen. »Und du hast ihm geglaubt?«
»Avaldamon war freundlich und verständnisvoll an einem Hof, an dem sich nur wenige so verhielten. Ich vertraute ihm.
Und ich bewundere ihn mehr als jeden Mann, den ich seither kennen gelernt habe. Seine Macht war erstaunlich – ich habe sie ein paar Mal miterlebt –, und doch war sein Mitgefühl überwältigend.« Zabrzes Mund verzog sich zynisch. »Er war ein großer Gegensatz zu den Magiern bei Hof.«
»Und zu dem, was aus mir wurde«, sagte Boaz sehr leise.
»Warum hast du mir das nie erzählt?«
»Ich war so lange fort, als du jung warst. Bei meiner Rückkehr fand ich heraus, daß die Magier dich völlig vereinnahmt hatten. Ich… zögerte… zu verkünden, daß du der Sohn eines Elementenmeister bist.«
Selbst Boaz hatte dafür ein mattes Grinsen übrig.
»Kommt«, sagte ich und half beiden Männern auf die Beine.
»Wollen wir uns an einem bequemeren Ort hinsetzen. Ihr seid beide zu alt, um so würdelos auf dem Boden zu hocken.«
Es war ein schwacher Versuch, witzig zu sein, aber Boaz und Zabrze schienen dankbar dafür zu sein. Sie setzten sich an den Tisch, und
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