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Der sterbende Detektiv - Roman

Der sterbende Detektiv - Roman

Titel: Der sterbende Detektiv - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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hier? Ich empfange Patienten nie zu Hause.«

    »Ich bin nicht als Patient hier«, sagte Johansson. »Entweder gehen wir zu Ihnen rein oder wir unterhalten uns in meinem Wagen.« Er nickte mit dem Kopf zu dem großen schwarzen Audi mit dem reglosen Max hinter den dunklen Scheiben.
    »Kommen Sie rein«, sagte sie. »Die Jungen sind noch nicht im Bett. Ist was passiert?«
    »Fragen Sie mich nicht«, meinte Johansson. »Das wissen Sie am besten selbst.«
     
    Fünf Minuten später hatte sie ihre beiden Jungen in die Küche vertrieben. Nach dem Aussehen zu urteilen, fünf und sechs Jahre alt und genauso blond wie ihre Mutter. Sie hatte sie mit Eis und einem Computerspiel bestochen, bis sie endlich Ruhe gaben.
    Regale bis zur Decke, verschlissene Perserteppiche auf dem Boden, Lithos von Peter Dahl an den Wänden, ein Sofa, ein Sessel mit Fußschemel, ein Couchtisch, ein großer Flügel und eine Stereoanlage, die das halbe Zimmer einnahm. Teuer, als sie gekauft worden war, aber das war sicher schon etliche Jahre her. Alles wahrscheinlich von den Eltern geerbt, dachte Johansson, mit Ausnahme von Peter Dahl. Solche Motive hatte ein Mann der Kirche vermutlich nicht an der Wand hängen und schenkte sie auch nicht seiner Tochter.
    »Ist was passiert?«, fragte Ulrika Stenholm erneut, als sie ihm gegenüber auf dem Sofa Platz nahm. »Kann ich Ihnen irgendetwas anbieten? Eine Tasse Kaffee vielleicht?« Besorgt, sogar so besorgt, dass sie nicht einmal die Zeit fand, ihren schmalen, hellhäutigen Hals zu verdrehen.
    »Nein, danke«, sagte Johansson. »Mir wäre es aber sehr recht, wenn Sie mir von Ihrer Beziehung zu Yasmines Vater erzählen würden. Ich schlage vor, dass Sie mit dem Wochenende vor fünfundzwanzig Jahren anfangen, an dem seine
Tochter ermordet wurde, während Sie in den Schären waren und rumgevögelt haben.«
    Als er das gesagt hatte, brannte die weiße Flamme in seinem Kopf plötzlich schwächer, und er konnte wieder richtig atmen. Ulrika Stenholm legte ihre Hände vors Gesicht und begann zu weinen.
    Typisch, dachte Johansson. Genau das, wogegen Leute wie er sich nie wehren konnten.
    »Entschuldigen Sie«, sagte Ulrika Stenholm. »Entschuldigen Sie, aber ich hatte nie geglaubt, dass Sie ihn finden würden. Ich meine, den Mörder von Yasmine.«
    »Erzählen Sie«, sagte Johansson, »und hören Sie auf, so zu schniefen.« Er reichte ihr die Papierserviette, die er, ebenso weitblickend wie sein eigener Hilfsbursche, in seine Jackentasche gesteckt hatte, bevor sie zu Hause losgefahren waren.
     
    Ulrika Stenholm machte 1984 am Nya-Elementar-Gymnasium in Bromma ihr Abitur. Sie war achtzehn Jahre alt, hatte sehr gute Noten und nicht die geringsten Probleme, am Karolinska-Institut in Stockholm zum Medizinstudium zugelassen zu werden. Nach dem ersten Jahr hatte sie einen Sommerjob bei einem privaten medizinischen Labor bekommen, das Joseph Ermegan und seinem Onkel gehörte. Derselbe Joseph Ermegan, der seinen Namen wenig später in Joseph Simon änderte und in die USA zog, weil seine Tochter ermordet worden war.
    Sie hatte sein Seminar in medizinischer Chemie besucht. Sie vergötterte ihn genauso wie alle ihre Kommilitoninnen. Nach Ende des Seminars fragte er sie, ob sie an einem Sommerjob interessiert sei. Natürlich sagte sie Ja, und bereits am zweiten Tag an ihrem neuen Arbeitsplatz schlief sie mit ihm.
    »Er war meine große Liebe«, sagte Ulrika Stenholm, während
sie sich ihre Tränen wegwischte. »In der Tat meine einzige Liebe.«
    »Was geschah dann?«, fragte Johansson.
     
    Dann schlug der Blitz in ihre Existenz ein. Zerschlug sie in so kleine Stücke, dass diese sich nicht mehr aufsammeln ließen, und vertrieb jeden Gedanken an eine gemeinsame Zukunft mit dem Mann, mit dem sie gerade noch zusammengewesen war – ihre große, allumfassende Liebe. Außerdem hatte sie einen Freund, mit dem sie gerade zusammengezogen war. Einen zwei Jahre älteren Schulkameraden, der ebenfalls Arzt werden wollte und im Sommer seinen Wehrdienst ableistete, wie das bei Medizinstudenten damals üblich war. Falls doch der Ernstfall einträte und die Russen kämen. Die Mitstudentinnen blieben sich selbst überlassen.
    »Das ist der Vater meiner Jungen«, sagte sie und verrenkte ihren langen, schmalen Hals, als sie mit dem Kopf in Richtung der geschlossenen Küchentür deutete, hinter der die Kinder saßen. »Wir haben nach drei Jahren geheiratet. Aber es dauerte dann fünfzehn Jahre, bis ich schwanger wurde. Drei Jahre später haben wir

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