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Der sterbende Detektiv - Roman

Der sterbende Detektiv - Roman

Titel: Der sterbende Detektiv - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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uns scheiden lassen. Ich konnte mich ganz einfach nicht mehr verstellen.«
    »Und was macht er?«, fragte Johansson, obwohl sie es ihm bereits gesagt hatte.
    »Er ist Oberarzt in Huddinge«, sagte Ulrika Stenholm. »Professor für Innere Medizin. Er ist wieder verheiratet. Hat zwei kleine Kinder mit seiner neuen Frau. Wir haben gemeinsames Sorgerecht.«
    »Und damals?«, fragte Johansson.
    Der Mann, den sie so liebte, war am Boden zerstört. Er weigerte sich, mit ihr zu reden, warf den Hörer auf die Gabel, als sie es schließlich wagte, ihn anzurufen. Sie quälte sich jeden Tag mit dem Gedanken, dass die schreckliche Tat nicht
geschehen wäre, wären Yasmines Vater und sie an diesem Wochenende nicht aufs Land gefahren.
    »Wenn wir nicht gefahren wären, dann wäre sie heute noch am Leben«, sagte Ulrika Stenholm und begann erneut zu schniefen.
    »Was soll der Unsinn?«, meinte Johansson, der weder von Selbstvorwürfen noch von hypothetischen Überlegungen etwas hielt. Außerdem war er auf die Person, mit der er sich gerade unterhielt, immer noch sehr wütend.
    »Nehmen Sie sich zusammen. Wenn nicht Sie mitgefahren wären, so hätte er sicher eine andere gefunden, die es getan hätte«, sagte er.
     
    Zehn Jahre, sicher zehn Jahre lang, machte sie sich täglich Vorwürfe wegen dem, was Yasmine zugestoßen war. Es gab niemanden, mit dem sie hätte reden können. Nicht mit ihrem Freund. Nicht mit ihrem Vater, der aus demselben Grund, der ihren Verlobten entsetzt hätte, schockiert gewesen wäre. Auch nicht mit ihrer Mutter, da diese es sofort ihrem Vater weitererzählt hätte. Nicht einmal mit ihrer älteren Schwester, weil diese gerade von zu Hause ausgezogen war und mit ihren Eltern gebrochen hatte, nachdem sie ihnen erzählt hatte, sie werde mit einer Frau zusammenleben.
    »Nach zehn Jahren dachte ich nicht mehr jeden Tag daran«, sagte Ulrika Stenholm und putzte sich mit der Papierserviette, die Johansson ihr gegeben hatte, die Nase. »Nach und nach dachte ich nur noch gelegentlich daran. Dann bekam ich Kinder. Da dachte ich, dass das Leben wohl so sein soll. Schließlich war mein Mann jetzt glücklich, und mit Joseph hatte ich seit dem Sommer, in dem alles geschehen war, nicht einmal mehr telefoniert.«
    »Und Ihr Vater?«, meinte Johansson.
    »Als mir mein Vater von dieser Beichte erzählte, das ist ja
erst ein knappes Jahr her, da war es so, als würde plötzlich mein ganzes Leben kopfstehen. Gerade als ich endlich zu etwas innerer Ruhe gefunden hatte. Ich verstand überhaupt nichts. Einen Augenblick lang bildete ich mir sogar ein, er wolle mich bestrafen, weil er die ganze Zeit über gewusst hatte, was ich getan hatte, aber in all den Jahren nichts davon hatte verlauten lassen. Jetzt, wo es ans Sterben ging, wollte er mich bestrafen, indem er mir erzählte, dass er erfahren habe, wer Yasmine ermordet hatte. Aber dass er es mir nicht sagen könne, weil es Teil des Beichtgeheimnisses sei.«
    »Und stimmte es?«, fragte Johansson. »Wusste er Bescheid? Wollte er Sie bestrafen?«
    »Nein«, sagte Ulrika Stenholm und schüttelte den Kopf. »Keinesfalls. Das ist vollkommen ausgeschlossen. Das hätte ihm nicht ähnlich gesehen. So etwas hätte er nie getan. Hätte er erfahren, was zwischen Yasmines Vater und mir vorgefallen war, hätte er sofort mit mir darüber gesprochen. Das war einfach nur ein weiterer furchtbarer Zufall in meinem Leben. Mein Vater wusste nichts von meinen Erlebnissen. Er trug seine eigene Last; und zwar aus demselben Grund wie ich. Aber wir wussten nicht, dass wir es beide taten.«
    »Und als Sie mir begegneten«, meinte Johansson. »Was haben Sie da gedacht?« Ich glaube dir, dachte er. Der Zufall hatte sie beide berührt, jenes eine Mal.
    »Erst war es nur so ein Einfall«, meinte Ulrika Stenholm. »Ich hatte ja alle diese Geschichten über Sie von meiner Schwester gehört. Nicht dass ich sie geglaubt hätte, Anna hatte immer so eine unverbesserliche romantische Ader, und ich habe immer versucht, mich von dieser Seite meiner Persönlichkeit zu distanzieren. Aber als sie dann plötzlich vor mir lagen, ich weiß nicht, da war es so, als hätte mein Vater zu mir gesprochen, obwohl er tot war. Dass die Wege unseres Herrn unergründlich sind. Jetzt geschieht es wieder, dachte
ich. Erst ich, dann Papa, und dann tauchen plötzlich Sie auf.«
    »Interessant«, meinte Johansson.
    »Ich habe Sie nie angelogen«, sagte Ulrika Stenholm und schüttelte den Kopf. »Ich hatte keine Ahnung, dass es um

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