Der sterbende Detektiv - Roman
Straße entlang. »Etwa hundert Meter lang. Eine Sackgasse. Sie endet oben auf der Anhöhe an einem Wendeplatz. Der Vater, seine neue Lebensgefährtin und Yasmine wohnten im letzten Haus, Majblommestigen 10, von uns aus gesehen rechts.« Er deutete erneut mit der Hand.
»Und das Auto stand da, wo wir jetzt stehen?«, fragte Johansson. »Es parkte vor dem Haus, vor dem wir gehalten haben, Majblommestigen 2. Hier an der Kreuzung?«
»Laut der ersten Aussage des Zeugen zumindest«, meinte Jarnebring. »Dann begann dieser Idiot alles Mögliche zusammenzufantasieren und wusste am Schluss weder aus noch ein. Wir im Übrigen auch nicht.«
Ihr habt ihn zu sehr unter Druck gesetzt, dachte Johansson.
Er bekam es mit der Angst, als ihm klar wurde, was er da eigentlich gesehen hatte, und als plötzlich lauter Journalisten an seiner Haustür klingelten.
»Dass ihm diese verdammten Zeitungsschmierer die Bude einrannten und sich wie Vernehmungsbeamte benahmen, machte die Sache auch nicht besser«, meinte Jarnebring, als könne er Gedanken lesen.
»Das kann ich mir denken«, sagte Johansson, der bereits in Gedanken woanders war.
Holzhäuser aus der Zeit zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg in Rot, Gelb, Weiß und Blau, selbst Rosa, aber in einer Schattierung, die keinem Nachbarn missfallen konnte. Aufwendige Holzdetails, überdachte Freitreppen, Veranden, Terrassen und Erker. Ausgeführt von Handwerkern, Maurern, Schreinern, Malern und Dachdeckern, die ihr Metier beherrschten und sich die Zeit genommen hatten, ihre Arbeit sorgfältig auszuführen. Lattenzäune, ordentlich gestutzte Hecken, schöne, alte Gärten mit Blumenbeeten und Obstbäumen sowie ordentlich gemähten Rasenflächen dazwischen. Sogar den einen oder anderen geharkten Kiesweg gab es zwischen Gartenpforte und Haustüre. Gepflegtes Viertel, umgebaut, angebaut und zwar mit Rücksicht auf die Substanz in all den Jahren, die auf die Zeit der Richtfeste gefolgt war, behutsam renoviert. Ordentliche, wohlhabende Mittelklasse, die in den letzten Jahren Nachbarn bekommen hatte, die noch bedeutend reicher waren. Gleichzeitig war der Wert der Liegenschaften gestiegen.
Das Haus, in dem Yasmine gewohnt hatte, lag am Ende der Straße und war weder das größte noch das kleinste. Rot mit weißen Ecken, frischgestrichene Fassade, der Eimer der Anstreicher stand noch im Garten.
»Weißt du, ob sie immer noch dort wohnt?«, fragte Johansson. »Ich meine, die damalige Lebensgefährtin des Vaters?«
»Nein«, erwiderte Jarnebring. »Soweit ich weiß, hat sie im Sommer nach dem Mord verkauft und ist weggezogen. Yasmines Vater zog bereits nach einem Monat aus. Ich kann mir vorstellen, dass die Ereignisse ihrer Beziehung nicht sonderlich zuträglich waren.«
Ein Haus hat neue Erinnerungen erhalten, dachte Johansson. Erinnerungen, die es den Bewohnern unmöglich machten, dort zu bleiben.
»Willst du aussteigen und es dir ansehen?«, fragte Jarnebring.
»Nein«, antwortete Johansson und schüttelte den Kopf.
»Nicht, dass ich mich mit Kindsmördern auskenne, aber ich verspreche, meine alte Uniformmütze aufzuessen, falls es wirklich hier passiert sein sollte«, meinte Jarnebring, während er geschickt den großen Wagen wendete. »Dieses Viertel erscheint mir vollkommen falsch.«
»Wo ist der Mord dann verübt worden?«, fragte Johansson.
»Wenn du mich fragst, dann hat sie einfach jemand aufgelesen, als sie wieder zu ihrer Mutter nach Hause wollte. Sie war vermutlich müde, die arme Kleine. Müde und außer sich. Das hier ist keine Gegend, in der kleine Mädchen ermordet werden«, wiederholte Jarnebring, während sie langsam die Straße entlangrollten.
»Kannst du hier an der Ecke halten?«, fragte Johansson.
»Klar«, erwiderte Jarnebring.
Das Haus war bedeutend größer als alle anderen in der Nachbarschaft. Blau mit einem Mansardendach. Der Eingang unter einem Vordach, das auf zwei weißen Säulen ruhte. Eine großzügige Treppe, die zu einer Flügeltür hinaufführte. Eine große Glasveranda blickte auf den Garten. Seit langem neue Besitzer, denn Johansson wusste, ohne ins Grundbuch schauen zu müssen, dass die Frau, die damals dort gewohnt hatte, weggezogen
war, sobald sie erkannt hatte, was, und dass es bei ihr zu Hause geschehen war.
Wann sie es wohl gemerkt hat?, überlegte er. Vielleicht bereits im Herbst desselben Jahres. Wo hat sie Yasmines Haarspange gefunden? Nicht ganz einfach, so etwas fünfundzwanzig Jahre später herauszufinden.
»Falls du
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