Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)
Freund rührte sich nicht. Sophie ging in die Hocke und hielt Farid die Nase zu.
» Doostam «, plötzlich schnappte Farid nach Luft. Er packte Sophie und zog sie zu sich auf den Boden. Sie lag nun quer auf seiner Brust und trotz der schweren Jacke, dachte sie, dass er etwas merken könnte.
»Was heißt das?« Verlegen versuchte sie, sich zur Seite zu rollen. Obwohl sie so schwer in den Gärten arbeitete, hatte sie ihren Körper nicht überlisten können. Über den Winter waren ihre Brüste wie Knospen aufgesprungen und vor einigen Wochen hatte sie das erste Mal geblutet.
»Mein Freund.« Farid hielt sie immer noch fest, er sah ihr in die Augen. »Mein Freund.«
»Lass’ mich los, Flieder!« Sophie boxte ihm in die Seite. »Komm, wir müssen anfangen.« Sie kam wieder auf die Knie und begann, die schmalen Narzissen von vertrockneten Blättern und Blüten zu befreien.
»Es ist noch so kalt.« Farid rutschte an ihre Seite. Kopf an Kopf arbeiteten sie sich durch das Beet am Wasserbecken. Obwohl es nicht sein erster Winter am Fürstenhof gewesen war, hatte der Freund sich immer noch nicht an die beißende nordische Kälte, an Eis und Schnee gewöhnen können. Im Januar, kurz nach den Neujahrsfeierlichkeiten, hatte er sogar unter heftigem Husten und Fieber gelitten. Dank der kräftigen Fleischsuppen, um die Hofgärtner Friedrichs sich persönlich gekümmert hatte, und der warmen Kräuterwickel, die Sophie ihm nach einem von Johannas Rezepten aufgelegt hatte, hatte er sich erholen können. Doch die Märzkälte, die sich hartnäckig zwischen den Hecken hielt, und die feuchte Erde machten ihm immer noch zu schaffen. Kleine Wölkchen, die sie beim Atmen ausstießen, zogen über den Blütenteppich davon.
»Bist du gestern noch bei Olearius gewesen?«
»Ja«, Farid nickte. Seit einiger Zeit besuchte er den Mathematicus, der an seinen Aufzeichnungen der Persischen Reise saß, um dessen Fragen nach bestimmten persischen Eigenarten und Bräuchen zu beantworten. »Er kommt voran, auch wenn er an so vielem gleichzeitig sitzt. In seinem Kabinett türmen sich die Bücher.«
»Er ist ja auch für die Kunstkammer zuständig.«
»Und er besitzt ein Instrument, mit dem er die Sterne beobachten kann. Er hat es mir gezeigt. Ein langes Rohr mit geschliffenen Gläsern darin. Ein Spezialist hat die Linsen nach seinen Vorstellungen konstruiert.«
»Kann er damit in den Sternen lesen?« Sophie dachte an die Gerüchte, die in der Gartenwerkstatt herumgingen. Es hieß, dass der dänische König einen neuen Krieg heraufbeschwor. Durch den Glückstädter Elbzoll und den am Öresund erhobenen Sundzoll, die den Handel auf der Ostsee trafen, hatte er den Groll sowohl der Hamburger als auch der Schweden auf sich gezogen. Viele erwarteten einen Angriff der Schweden und auch Herzog Friedrich hatte begonnen, sich von seinem Onkel loszusagen. Die Älteren, die etwas davon verstanden, sagten, dass der Herzog seiner Beistandspflicht in einem weiteren dänischen Krieg nicht nachkommen wollte.
»Unruhige Zeiten.« Farid nickte. »Aber der Mathematicus sucht nicht nach Ereignissen, die in der Zukunft liegen. Er zeichnet und berechnet die Sternenbahnen. Schon auf der Reise nach Persien sah ich ihn mit einem Astrolabium arbeiten.«
Sophie sah ihn fragend an. Was verbarg sich hinter dem fremden Wort?
Farid bemerkte ihren Blick. Er zeichnete einen Kreis in den Sand. »Du musst dir eine feste Scheibe vorstellen, aus Metall. Darauf sind der Horizont und seine Koordinaten abgebildet. Darüber liegt eine weitere bewegliche Scheibe, die einige Sterne und den Lauf der Sonne darstellt.«
Farid zeichnete weitere Details in den Sand, Sophie schüttelte den Kopf. Sie konnte nichts erkennen.
»Also, es ist ein Instrument zur Sternenmessung.« Farid wischte sein Bild mit einer ungeduldigen Handbewegung aus. »Die Araber sollen es erfunden haben. Man kann es auch als Uhr benutzen und auf See damit seine Position bestimmen.«
»Du wirst noch viel von Meister Olearius lernen können.« Sophie dachte, dass der Freund in nicht allzu ferner Zukunft seine Lehrzeit beenden würde. Als Gärtnergeselle – und mit der Erlaubnis des Herzogs – könnte er auf Wanderschaft gehen und fremde Orte bereisen. Würde er sich dann noch an sie erinnern?
Farid sah sie nachdenklich an. »Du könntest auch viel lernen, Sophian.« Er wies auf ihre Hände, die sich durch das Blütenmeer arbeiteten. Vorsichtig befreite sie die Pflanzen von trockenen Blättern und Blüten. Nicht eine
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