Der Sternenhuter - Unter dem Weltenbaum 04
Kettenhemd über das Langhemd gezogen, das bis über die Oberschenkel reichte. Darüber trug er einen eisernen Brustharnisch, den eine flammende rote Sonne zierte. »Der
Schneeadler hat gestern abend den Turm überflogen und
die Axtschwinger dort gesehen. Ich vermute, Bornheld
hat nicht vor, sie einzusetzen. Außerdem wird der Bruderführer sie für seine eigene Verteidigung beanspruchen. Viel bleibt ihm ja sonst nicht mehr.«
Er ließ den Blick über die Runde schweifen. Alle Befehlshaber und wichtigen Offiziere hatten sich hier eingefunden. Sie standen stellvertretend für die verschiedenen
Völker, die sich in den letzten zwanzig Monaten unter
seinem Banner versammelt und seine Armee aufgebaut
hatten: Belial und Magariz, seine beiden wichtigsten
Offiziere, die den Kern seiner Streitmacht gebildet hatten. Weitsicht, der Befehlshaber der ikarischen Luftarmada, mit zwei seiner Geschwaderführer, Suchauge und
Spreizflügel. Dann Ho’Demi, der der Runde mit seinem
tätowierten Gesicht eine fremdartige Note verlieh. Überall an seiner Lederrüstung hingen Dolche und Schwerter.
Er hatte sich heute die langen schwarzen Zöpfe hochgesteckt, damit kein Feind sie packen konnte. Doch das
bedeutete für ihn noch lange nicht, auf seinen Haarschmuck aus blauem und grünem Glas und die Glöckchen verzichtet zu haben.
Neben dem Häuptling stand Baron Isgriff, der seine
Seidengewänder abgelegt und dafür seine komplette
Rüstung als Panzerreiter angelegt hatte. Den Helm hatte
er noch nicht aufgesetzt, aber von Hals bis Fuß wirkte er
wie ein Eisenmann. Das glattpolierte Metall glänzte hell,
und auf der Brust prangte das Wappen seiner Familie.
Der Baron sah gleichzeitig gefährlich und friedlich aus,
er schien sich in seiner Rüstung eigentlich wohlzufühlen.
Aschure hatte sich ein leichtes Kettenhemd übergezogen und das lange Haar unter eine eng anliegende Lederkappe gesteckt. Der Wolfen und der gefüllte Köcher
hingen über ihrer Schulter, und zu ihren Füßen lag Sicarius. Die anderen Alaunt ruhten außerhalb des Feuerscheins. Selbst die Hunde trugen Kettenhemden. Axis
hoffte, daß sie sich heute als mächtige Waffe erweisen
würden. Eine unangenehme Überraschung für Bornheld
waren sie allemal.
Der Krieger sah wieder nach seiner Liebsten und versuchte, ihren Blick festzuhalten. Sie hatten noch keine Gelegenheit gefunden, ihr Gespräch fortzusetzen. Er hatte sich
fast die ganze Nacht hindurch mit seinen Offizieren beraten, während sie mit ihren Bogenschützen trainierte. Als
Axis schließlich doch den Weg zu seinem Lager gefunden
hatte, war Aschure längst in tiefen Schlaf gesunken.
Caelum wurde von seiner Großmutter beim Troß umhegt. Die Versorgungswagen befanden sich weit hinter
den Schlachtlinien und wurden von einigen Reserveabteilungen geschützt. Wenn das Schlachtenglück sich gegen
Axis wenden sollte, hatten sie Befehl, den Troß so rasch
wie möglich in den Wald der Schweigenden Frau zu
bringen. Die heilige Stätte würde den Rest seiner Familie
aufnehmen und jedem Soldaten Bornhelds den Zugang
verwehren.
Aschure, ich liebe Euch.
Sie drehte sich halb zu ihm um. Und wie lange noch?
Er zuckte etwas zusammen. Paßt heute besonders gut
auf Euch auf.
Sie lächelte traurig. Und Ihr auch.
»Der König hat seine Truppen rings um Bedwyr Fort
aufgestellt«, teilte der Krieger seinen Offizieren jetzt mit.
»Er wird nicht gegen uns vorrücken, sondern darauf warten, daß wir ihn angreifen.«
»Wird Bornheld von der Burg aus den Kampf leiten?«
fragte Ho’Demi.
»Das glaube ich kaum«, antwortete Axis. »Die Burg
ist alt und fast eine Ruine. Vor langer Zeit besaß sie einige Bedeutung, als sie noch den Zugang zu Karlon und
dem Gralsee schützen mußte. Aber dort hat ja schon seit
Generationen keine Gefahr mehr gedroht, deswegen hat
man sich nicht mehr um die Burg gekümmert. Außerdem
ist sie hauptsächlich zur Flußseite hin befestigt. Zur
Landseite hin nur schwach. Man erwartete den Feind ja
vom Wasser. Damit böte die Festung kaum Schutz gegen
einen Angriff der Luftkämpfer. Nein, meine Freunde,
mein Bruder wird dort nicht den Ausgang der Schlacht
abwarten, sondern sich an die Spitze seines Heeres stellen. Und ich …« Er schwieg für einen Moment, und die
anderen sahen ihn erwartungsvoll an.
»Ich habe eine Bitte an Euch. Nein, eigentlich muß ich
es von Euch verlangen.« Ein seltsames Brennen war in
seine Augen getreten. »Bornheld darf heute auf dem
Schlachtfeld … nicht
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