Der Sternenwald
Entdeckung wäre Motiv genug für einen Mord, wenn jemand verhindern möchte, dass die Hanse ein derartiges Transportsystem verwendet. Zum Beispiel Roamer, die auch weiterhin Ekti verkaufen möchten.« Er kniff die Augen zusammen. »Aber wer wusste davon? Margarets Bericht wurde nie übermittelt. Wie konnte jemand herausfinden, was die beiden Archäologen hier entdeckt haben?«
»Die Klikiss-Roboter waren hier«, sagte Rlinda und sah sich nervös um. »Vielleicht beschlossen sie, das Geheimnis ihrer Schöpfer zu hüten.«
»Das ergibt ebenso viel oder so wenig Sinn wie alles andere«, erwiderte Davlin. »Ich bin froh, dass wir im Gegensatz zum Colicos-Team keine robotischen ›Helfer‹ haben.«
Er trat vor und berührte eine der Koordinatenkacheln. Das Brummen wurde lauter. Das steinerne Fenster schimmerte deutlicher, und das Licht der Lampen, die Rlinda in dem Raum aufgehängt hatte, trübte sich. Dann erschien ein Bild auf dem bis dahin leeren Trapezoid, das daraufhin tatsächlich wie ein Fenster wirkte.
»Unglaublich«, sagte Davlin. »Vielleicht ist Margaret… hindurchgegangen.«
Rlinda stemmte die Hände in die Hüften. »Sollte ich darauf hinweisen, dass Sie nicht wissen, was Sie da machen? Oder würde Sie das nur in Ihrer Entschlossenheit bestärken, dieser Sache auf den Grund zu gehen?«
Davlin achtete nicht auf sie und näherte sich der Wand. Er war immer bereit gewesen, Risiken einzugehen; nur dadurch konnte er seiner Rolle als Spion gerecht werden und Informationen über exotische Dinge gewinnen.
»Ich frage mich, wie…«, murmelte er, streckte einen Finger aus und spürte ein sonderbares Prickeln. Als er das Bild berührte, fühlte er ein jähes Zerren in der Brust und sein Selbst wirbelte umher, als hätte es sich vom Kopf gelöst und rotierte mit hoher Geschwindigkeit an einer Spindel.
Davlin taumelte und sank vor einer halb umgestürzten Mauer in weichen Sand. Die Temperatur war um mindestens dreißig Grad gesunken und der Himmel – der offene Himmel – glühte magentarot und lavendelblau. Wolkenfetzen trieben dahin. Klikiss-Ruinen erhoben sich um ihn herum, wie klumpige Termitenhügel auf einer grasigen Ebene. Hier und dort ragten Felsen abgenutzten Zähnen gleich aus dem Boden.
Lotze schnappte nach Luft und kam wieder auf die Beine. Hinter ihm erstreckte sich eine trapezförmige Transportwand, die genauso aussah wie jene in den Höhlenruinen auf Rheindic Co. Er sah noch Rlinda Ketts verblüffte Miene in einem Schimmern, das Davlin ans Flirren einer Luftspiegelung erinnerte – sie schien unendlich weit von ihm entfernt zu sein. Hatte er einen Transfer hinter sich?
Dann verschwamm das Bild und verschwand und Davlin sah wieder auf eine massive Steinwand, eine geschlossene Tür.
»Unglaublich«, sagte er noch einmal und hielt seine Furcht im Zaum. Durch eine solche Reaktion durfte er sich nicht davon ablenken lassen, die jüngsten Ereignisse sorgfältig zu analysieren.
Er sah sich auf einer fremden Welt um, die völlig still und leer war. Nirgends deutete irgendetwas auf die Präsenz von Menschen hin. Davlin Lotze hatte nicht die geringste Ahnung, wo er sich befand.
Das Transportal hinter ihm war geschlossen, was bedeutete: Er konnte nicht zurückkehren.
74 KÖNIG PETER
Die Bediensteten brauchten eine Stunde, um den König anzukleiden. Sie wählten angemessene Sachen aus und achteten darauf, dass sich alle Falten, Taschen und Schmuckgegenstände an der richtigen Stelle befanden. Make-up-Künstler überprüften sein Gesicht, frisierten ihm das Haar und proklamierten ihn schließlich als für die Medienkameras präsentabel.
Inzwischen hatte sich Peter an die ermüdenden Staatsessen gewöhnt. Er kannte die Rolle, die er dabei spielen musste, und verbarg seine Gedanken. Er brauchte nicht einmal mehr aufzupassen. An diesem Abend erwarteten ihn so elaborierte und ausgefallene kulinarische Spezialitäten, dass sie vermutlich unverdaulich waren, aber er würde die ganze Zeit über lächeln und darauf achten, das kostbare Porzellan nicht zu beschädigen, das die Großen Könige seit zweihundert Jahren benutzten.
Peter erinnerte sich an andere Abende vor langer Zeit, als er versucht hatte, etwas für sich und seine arme Familie hinzuzuverdienen. Dies hier war etwas völlig anderes als die einfachen Nudelgerichte, von denen sie sich damals ernährt hatten. Er wusste nicht genau, wann er aufgehört hatte, von sich selbst als Raymond Aguerra zu denken. Inzwischen war er König Peter und sein
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