Der Sternenwald
Waldboden oder auf dicken Ästen der Weltbäume und versuchten, etwas von der Zeremonie mitzubekommen. Überall auf dem Planeten berührten grüne Priester die Weltbäume und nahmen durch den Telkontakt an den Vorgängen teil.
Reynald hörte die feierlichen Lieder, gefolgt von der Ansprache seines Onkels, des grünen Priesters Yarrod – er wies darauf hin, dass der theronische Vater den Weltwald und sein Volk hüten musste. Doch an diesem Tag waren seine Worte ein kaum verständliches Brummen.
Als es Zeit für ihn wurde, stand Reynald auf, trat vor den doppelten Thron und legte seinen Eid ab. »Ich schwöre, mein Äußerstes zu geben, um das theronische Volk gerecht und klug zu führen, zum Wohle des Weltwaldes und zum Nutzen aller, die hier leben.«
Mutter Alexa blieb sitzen, die Schultern von Insektenschalen und fedrigen Tüchern bedeckt. Ihr Kopfschmuck sah aus wie eine kleine Kathedrale, die auf ihrem Haar ruhte. Idriss trug einen beeindruckenden Umhang und seine Krone war noch größer, geschmückt mit Insektenflügeln, Rückenschilden von Käfern und polierten Holzspänen.
»Reynald, mein Sohn«, sagte Idriss mit tiefer Stimme, »ich vertraue dir meinen Platz als Vater aller Theronen an. Keine Zeremonie und kein Segen kann bedeutungsvoller sein als das.« Er nahm die Krone ab und setzte sie Reynald auf den Kopf. Sie fühlte sich sonderbar leicht und erhebend an.
Unvergossene Tränen glänzten in Reynalds Augen. »Ich verspreche dir, mir alle Mühe zu geben, Vater.«
Idriss nahm die Hand seiner Frau und Alexa stand auf. Gemeinsam traten sie von ihren Sesseln fort und blieben rechts und links ihres Sohnes stehen. Reynald sah dorthin, wo seine Mutter eben noch gesessen hatte, und er fragte sich, ob Cesca Peroni ihm dort jemals Gesellschaft leisten würde. Im Publikum befanden sich auch Uthair und Lia. Sie saßen neben Idriss’ alten Eltern und lächelten.
»Nun, nimm Platz, Reynald«, sagte seine Mutter. »Alle warten.«
Er trat auf die Estrade und drehte sich dort zum Publikum um. Fast überwältigt von der Verantwortung, die er gerade übernommen hatte, setzte er sich, während Idriss und Alexa zu ihren Eltern gingen. Stille herrschte – alle warteten auf Vater Reynalds erste Proklamation.
Er dachte kurz nach und erließ dann eine Verfügung, die allen gefallen würde. »Ich meine, es ist an der Zeit, mit dem Bankett zu beginnen!«
Musiker und grüne Priester unterhielten die Krönungsgäste bis spät in die Nacht. Kinder liefen umher, tuteten und pfiffen mit den seltsamen Musikinstrumenten, die Uthair und Lia ihnen geschenkt hatten. Draußen im dichten Wald wurde die Musik der Insekten zu einer summenden Symphonie und es klang so, als wollte auch der Weltwald das neue Oberhaupt willkommen heißen. Vielleicht war das dank der grünen Priester wirklich der Fall.
Reynald bedauerte Benetos Abwesenheit, aber die weite Reise von Corvus Landing nach Theroc war ihm nicht möglich gewesen. Durch den Telkontakt hatte er geistig an dem Fest teilnehmen können, wie alle anderen grünen Priester im Spiralarm.
Überall gab es Speisen: Salznüsse, Paarbirnen, Perrinsamen, Platschbeeren, gedünstete und mit Zucker bestreute Kräusler, Spieße mit Kondorfliegenfleisch, pikante Käfer, in ihren Schalen gebacken. Lange Fahnen und hauchdünne Schleier aus Kokonfaser-Stoff trieben wie Spinnweben hin und her, gerieten beim geringsten Luftzug in Bewegung. Die vielen Menschen – fast alle lächelten – schienen miteinander zu verschwimmen.
Reynald tanzte mit seinen drei Schwestern. Nachdem Sarein und Basil einen langsamen Walzer getanzt hatten, nahmen sie Reynald diskret beiseite. Sarein führte ihn hinter den Thronraum, durch einen ins Pilzriff gebohrten Tunnel und in ein kleines Zimmer, in dem gelegentlich Dinge gelagert wurden.
»Erinnerst du dich an diesen Raum?« Sarein schloss die Tür, damit sie allein waren. »Hier haben wir uns als Kinder versteckt.«
»Natürlich«, erwiderte Reynald wachsam. »Aber ich nehme an, derzeit hast du keine Kinderspiele im Sinn.«
Sareins Lippen formten ein zufriedenes Lächeln. »Siehst du, Basil? Ich habe dir ja gesagt, dass mein Bruder intelligent ist. Du kannst darauf zählen, dass er die allgemeine Situation versteht.«
»Junger Mann«, sagte Basil Wenzeslas, »Ihre Krönung ist ein Wendepunkt in den Beziehungen zwischen Theroc und der Hanse.«
Reynalds Gedanken rasten und er begriff, dass sich sein Leben bereits verändert hatte. Sarein stand dicht neben dem
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