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Der stille Herr Genardy

Der stille Herr Genardy

Titel: Der stille Herr Genardy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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Großmutter vor unserer Käsetheke stehen würde. Als ich an dem Donnerstagabend heimkam, war es zehn vorbei. Nicole lag wach in ihrem Bett. Morgens hatte es ein Höllenspektakel gegeben, weil sie den neuen Pullover nicht anziehen konnte. Sie war sogar in den Keller gelaufen, um nachzusehen, ob er tatsächlich noch naß war. Den Fleck hatte ich noch in der Nacht einfach mit Wasser ausgewaschen. Nicole war anscheinend immer noch beleidigt. Ich hatte die Haustür noch nicht ganz geöffnet, da rief sie schon nach mir. Zu Abend gegessen hatte sie bei Anke. Um neun hatte Norbert sie mit dem Wagen heimgebracht und ihr gesagt, sie müsse gleich ins Bett gehen. Das hatte sie auch getan, aber sie hatte nicht einschlafen können und war wütend auf mich.
    »Warum hast du denn deine Tür abgeschlossen? Ich wollte mich auf die Couch legen und auf dich warten, und ich konnte nicht rein. Das finde ich gemein von dir.« Bisher hatte es donnerstags keine Probleme gegeben. Das war unser erster Donnerstag ohne Frau Humperts. Und vielleicht hätte ich dankbar sein müssen, daß es noch Probleme geben konnte. Aber ich war nur müde. Heute vor einer Woche, dachte ich. Heute vor einer Woche kam Hedwig heim, und ihre Tochter war nicht da. Ich war wirklich nicht in der Stimmung, mich auf eine lange Diskussion mit Nicole einzulassen.
    »Schlaf jetzt«, sagte ich nur,»es ist schon so spät.«
    »Ich kann aber nicht schlafen«, maulte sie,»nachher träume ich wieder. Gestern habe ich auch so was Blödes geträumt.« Sie setzte sich aufrecht hin und gab nicht eher Ruhe, bis ich mich zu ihr auf die Bettkante hockte und mir anhörte, was sie in der Nacht zuvor geträumt hatte. Einer von Denises Brüdern sei in ihr Zimmer gekommen und habe ihr einen dicken Wurm aufs Gesicht gelegt, und der Wurm habe sie bespuckt. Sie hatte sich regelrecht in Rage geredet, steigerte sich noch mehr hinein.
    »Mitten auf den Mund! Und dann bin ich aufgewacht. Und dann war wirklich einer an meinem Bett. Es war ganz dunkel, ich hatte richtig Angst. Der hat nämlich was an meinem Mund gemacht. Immer so.« Sie wischte einmal mit der Hand über ihr Kinn und den Mund und schaute mich wütend an.
    »Der hat nämlich meinen Pullover bespuckt, ich nicht. Ich habe noch nie nachts gesabbert.«
    »Ich war noch mal an deinem Bett«, erklärte ich.
    »Ich habe dir das Kinn abgewischt und dich wieder richtig zugedeckt. Jetzt leg dich hin und schlaf, sonst kommst du morgen nicht aus den Federn.«
    »Ich muß aber noch mal aufs Klo. Und Durst habe ich auch noch. Bringst du mir was zu trinken?« Ich holte ihr ein Glas Milch, mußte dafür extra noch mal in den Keller. Im Kühlschrank stand nur eine leere Packung. Danach gab Nicole endlich Ruhe. Ich fühlte mich ganz zerschlagen, setzte mich auf die Couch. Es war so still im Haus. Ich wußte nicht, ob Herr Genardy da war oder nicht. Provisorisch eingerichtet, gehört ein Bett dazu? Vielleicht hatte er sich schon hingelegt, es war spät genug. Und sein Auto stand wahrscheinlich in der Garage. In der Küche empfand ich die Stille nicht ganz so schlimm. So wartete ich dort auf Günther. Er kam kurz nach elf. Ich machte ihm einen Kaffee, wir blieben in der Küche. Viel wußte er immer noch nicht. Er hatte nur den Bericht gelesen, den sein Kollege geschrieben hatte. Ein junger Reporter, Hans Werner Dettov. Er war nicht fest angestellt bei der Zeitung, schrieb als freier Mitarbeiter und hoffte, durch eine gute Story eine feste Anstellung zu bekommen. Wie Hans Werner Dettov so früh von dem Leichenfund erfahren hatte, wußte Günther nicht genau.
    »Wahrscheinlich hat er den Polizeifunk abgehört«, vermutete er.
    »Offiziell kam erst heute nachmittag eine Mitteilung vom Präsidium.« Ein Mann, der frühmorgens mit seinem Hund unterwegs gewesen war, hatte Hedwigs Tochter gefunden. Nur durch Zufall. Sonst würde er immer einen anderen Weg nehmen, hatte der Mann zu Hans Werner Dettov gesagt. Und wenn der Hund nicht gewesen wäre, wer weiß, wie lange das Kind noch da gelegen hätte. Die Polizei hatte noch nicht sehr viel an Auskünften gegeben, hatte in ihrer Pressemitteilung lediglich erklärt, daß es sich möglicherweise um ein Sexualverbrechen handelte.
    »Was heißt möglicherweise?« fragte ich. Günther hob die Achseln.
    »Frag mich nicht, ich war nicht da. Dettov sagte, das Unterhöschen des Kindes fehlte. Und es lag auch so da, na, du weißt schon. Aber sie haben etwas gefunden, das nicht ins Bild paßt. Mehr wollte Dettov mir nicht

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