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Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Titel: Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul McAuley
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geschickt wurde, das ihn und Oberst Garcia von Dione abholte, erhielt er die
Anweisung, an Ort und Stelle zu bleiben. Er sollte den Oberst vor möglichen Übergriffen schützen, mit freundlich gesinnten Delegierten sprechen, ihnen versichern, dass Brasilianer und Europäer die Annektierung von Phoebe zutiefst verurteilten, und ihre eigenen friedlichen Absichten der nackten Aggression der Pazifischen Gemeinschaft gegenüberstellen.
    Loc hatte jedoch keineswegs vor, sich in die Schusslinie zu begeben. Oberst Garcia konnte auf sich selbst achtgeben, und es hatte keinen Zweck, sich mit irgendeinem Außenweltler zu unterhalten, ganz gleich, ob er freundlich gesinnt war, bis diese ganze verfahrene Situation behoben war. Also blieb er auf seinem Zimmer und verfolgte die Entwicklungen auf Phoebe und überall im Saturnsystem, bis ihn am frühen Abend der Hunger hinaustrieb.
    Ein Mitglied der Geister, eine große, ledrige Frau namens Janejean Blanquet, hatte ihm offenbar aufgelauert und stürzte sich augenblicklich auf ihn, als er sein Zimmer verließ. Sie sagte, dass die Erde noch ihr blaues Wunder erleben würde, wenn sie glaubte, sie könne einen der Saturnmonde übernehmen.
    »Mag sein, dass auf diesem Felsbrocken niemand lebt, aber es ist immer noch unser Felsbrocken. Wir werden ihn zurückerobern, kleiner Mann. Sie werden schon sehen.«
    Sie hatte ihn am Fuß der Rampe, die sich spiralförmig durch die Mitte des Habitats hinaufwand, in die Ecke gedrängt. Auf der einen Seite befanden sich Bambus und die schwarze Felswand und auf der anderen Seite ging es steil hinunter in den Dschungel aus Feigenbäumen am Grund des Habitats. Niemand war in der Nähe – niemand, an den Loc sich hätte wenden können und der Zeuge dieses neuerlichen Angriffs auf seine Würde geworden wäre. Er versuchte, vernünftig mit der Frau zu reden, setzte sein freundlichstes
Lächeln auf und sagte ihr, dass sie den Falschen bedrohte, dass er nichts mit der Pazifischen Gemeinschaft, ihrem Schiff und ihren Plänen zu tun hatte, aber sie war entweder betrunken oder bekifft oder einfach blutdurstig.
    »Wir werden sie von diesem Felsbrocken vertreiben und ihnen eine gehörige Tracht Prügel verabreichen. Aber vielleicht sollten wir mit Ihnen schon einmal anfangen, wenn Sie es wagen, weiter hierzubleiben«, sagte die Frau, beugte sich vor und tippte Loc mit ihrem knochigen Finger gegen die Brust. Die Pupillen in ihren nervösen blauen Augen waren auf Stecknadelkopfgröße zusammengeschrumpft, und ihr Atem roch widerlich metallisch. »Verschwinden Sie von unseren Monden und unserem Himmel, bevor wir Sie gewaltsam vertreiben.«
    Loc versuchte an ihr vorbeizukommen, aber sie war schnell wie eine Schlange, trat ihm in den Weg und richtete erneut den Finger auf ihn. Er packte ihr Handgelenk und verdrehte es, und sie heulte auf und versuchte, ihm die Augen auszukratzen. Er stieß sie rückwärts in das Bambusdickicht und drückte sie gegen die Wand. Einen Moment lang starrten sie einander an, umgeben von raschelnden Bambusstängeln. Dann spuckte die Frau Loc ins Gesicht und fuhr ihm mit ihren schmutzigen Fingernägeln über das Gesicht von der Wange bis zum Kinn. Er packte ihren gegelten schneeweißen Haarschopf und schlug ihren Kopf gegen die Felswand, wieder und wieder, bis sie die Augen verdrehte und in seinen Armen erschlaffte.
    Eine Welle des Ekels und der Panik durchströmte ihn, und er ließ die Frau los und trat einen Schritt zurück. Sie sank leblos zu Boden. Loc sah Blut und eine weiße Substanz auf einer Kante des schwarzen Steins. Seine Fingerspitzen waren blutig, als er die brennende Wunde auf seiner Wange berührte.

    Also gut. Nichts davon war in irgendeiner Weise seine Schuld, aber er konnte den ganzen Vorfall unmöglich erklären und auch nicht auf eine faire Anhörung hoffen. Das Einzige, was er tun konnte, war so schnell wie möglich von hier zu verschwinden.
    Er blickte sich um, lehnte sich gegen das Geländer und sah an dem Strang der miteinander verflochtenen Lichtkabel, der sich durch die Mitte des Schachtes zog, nach oben. Er lauschte, ob irgendwo ein Alarm ertönte. Dann hob er den schlaffen Leib der Frau hoch. Sie war so leicht wie ein Vogel. Die Rückseite ihres Kopfes war mit Blut bedeckt und wirkte eingedellt. Blut durchtränkte den Kragen ihres weißen Overalls. Ihre Augen waren halb geschlossen, und ihr Atem ging unregelmäßig und rasselnd. Sollte er sie zwischen den Wurzeln der Feigenbäume verstecken? Nein, die gottverdammten

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