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Der stille Schrei der Toten

Der stille Schrei der Toten

Titel: Der stille Schrei der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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an, was in dieser Situation ziemlich unpassend war. »Es war schlicht einfacher für mich, als junger Mensch voranzukommen ohne die Last dieser Herkunft, vor allem bei der Armee. Dort hätte ich es mit dem Namen nie zu was gebracht. Auf Black bin ich gekommen, weil der Name gewisse Anklänge an Montenegro hat. Jedenfalls habe ich meine Nichte nicht ermordet, und es war auch nicht meine Absicht, Ihnen heute Abend was anzutun.« Er sah die drei Schlägertypen stirnrunzelnd an. »Jacques hat recht. Ich war außer mir, als ich dort ankam und sah, was abging. Es war einfach Scheiße, was da passiert ist, und wird nie wieder vorkommen.«
    »Es sei denn, ich ermittle in der falschen Richtung.«
    »Es wird gewiss nicht wieder vorkommen«, sagte Jacques in einem Ton, der die Betroffenen gewiss das Fürchten lehrte. Der Humorlose mit der eingeschlagenen Fresse wand sich auf seinem Stuhl, und mir war klar, dass er derjenige war, der die Wasser-probe mit mir gemacht hatte.
    Mir dämmerte allmählich, dass ich dieser Runde vielleicht doch nicht ganz gewachsen war. Verdammt, vor einer Woche oder so konnte ich die Figuren aus der Unterwelt, denen ich persönlich begegnet war, noch an einer Hand abzählen. Ich fühlte mich leicht unwohl, woran auch die Glock, die ich fest in der Hand hielt, nichts änderte. Seltsamerweise war ich mir trotz allem ziemlich sicher, dass mir nichts passieren konnte. Black nannte mich mittlerweile beim Vornamen. Er würde mich doch nicht Claire nennen und mir wenig später das Lebenslicht auspusten. Das wäre schlicht und einfach unhöflich gewesen.
    Also steckte ich meine Waffe weg und stemmte die Hände in die Hüften. Im dunklen Fenster hinter Montenegro sah ich mein Spiegelbild und stellte fest, dass ich in meiner roten Yoga-Leggings, meinem T-Shirt und barfuß keinen besonders furchterregenden Eindruck machte. Alle starrten auf mich, als wäre ich am Zug. Also sagte ich: »Okay, ich will alles wissen. Von Anfang an.«
    »Setzen Sie sich bitte, Detective, und lassen Sie mich von meiner Tochter erzählen.«
    Die traurige Geschichte dauerte fast eine Stunde, und mir wären dabei sicher die Tränen gekommen, wenn ich nicht schon so oft getäuscht worden wäre, aber ich erfuhr daraus kaum mehr, als ich ohnehin schon wusste. Abgesehen von Blacks verwandtschaftlichen Beziehungen zur Familie Montenegro wurden meine bisherigen Ermittlungsergebnisse nur mehr oder weniger bestätigt. Da aber Black als Verdächtiger nun nicht mehr in Frage kam, erschien alles in einem anderen Licht; im Gegensatz zu Jacques Montenegro hingegen war ich eher skeptisch, was die Versicherungen seiner Mafiafreunde betraf, bei Sylvies Tod handle es sich um keinen Auftragsmord. Gut möglich, dass für einen Profikiller alles ein bisschen zu inszeniert war, aber vielleicht gab es ja auch Auftragskiller mit einem gewissen Sinn für Dramatik.
    Nachdem die Geschichte erzählt und alle meine Fragen hoffentlich wahrheitsgemäß beantwortet waren, verabschiedeten sich Montenegro und seine drei Musketiere. Auf ihrem Weg aus der Kabine warf ich ihnen finstere Blicke hinterher, denn mir missfiel die Vorstellung, dass ihr Angriff auf mich so gar keine Konsequenzen haben sollte. Alles in allem aber, musste ich sagen, überwog doch das Gefühl der Erleichterung, dass ich nicht von irgendeinem Verrückten attackiert worden war, der da draußen immer noch auf mich lauerte, um mir bei einem erneuten Versuch endgültig den Garaus zu machen.
    »Es dauert nur einen Moment. Machen Sie es sich in der Zwischenzeit bequem«, sagte Black, als er die Männer hinausbegleitete.
    Ich nickte und steuerte im nächsten Moment eines von mehreren weißen Sofas an. Als ich mich zwischen den Satinkissen niederließ, merkte ich erst, wie müde ich war. Ich hörte den Motor des Zubringerboots aufheulen, spürte das leichte Schaukeln der Yacht und beschloss, die Augen für einen kurzen Moment zuzumachen. Innerhalb weniger Sekunden war ich eingeschlafen. Dotties Grog hatte seine Wirkung nicht verfehlt.
    Irgendwo in den Traumwelten meines Bewusstseins hörte ich ein Handy klingeln. Die Melodie erinnerte mich an den »Mexikanischen Huttanz«. Hey, das ist doch mein Klingelton. Benommen griff ich an meinen Gürtel, aber da war kein Telefon. Stattdessen hörte ich eine unbekannte Stimme.
    »Sie schläft noch. Hier ist Nick Black. Kann ich ihr was ausrichten?«
    Nick Black dachte ich. Dann dachte ich Nick Black? Ich setzte mich auf und sah mich um. Er saß hinter seinem

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