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Der stille Schrei der Toten

Der stille Schrei der Toten

Titel: Der stille Schrei der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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Tischkante abstützte. Einige Sekundenlang war es absolut still. Nur das leise Fiepen der Eichhörnchen in den Bäumen hinter meinem Haus und das gedämpfte Brummen eines weit entfernten Motorboots waren zu hören.
    Ich zuckte unwillkürlich zusammen, als er plötzlich die Fassung verlor und schwungvoll aus der Schulter heraus mit dem Arm über den Tisch hinwegfegte, sodass, begleitet von lautem Klappern und Klirren, Besteckteile und Geschirr in allen Richtungen zu Boden fielen. Dann schrie er auf, wie ich es noch nie gehört hatte, stimmte einen Schrei an, der sich zu einer schrecklichen Wehklage steigerte, so voller Schmerz und Wut, dass sich mir beinahe der Magen umdrehte, als er den Tisch umwarf und ihn mit aller Kraft über die kleine Böschung hinweg an das steinige Ufer hinunterstürzte. Darauf wandte er sich von mir ab und taumelte ungefähr zwanzig Schritte weit über den Rasen, ehe er auf allen vieren zu Boden sank.
    Ich ertrug den Anblick nicht länger und drehte mich um. Ich wollte zu ihm laufen, spürte aber instinktiv, dass ich nicht konnte. Er hatte den Schock noch nicht überwunden und war für Hilfe noch nicht zugänglich. Ich hätte ihn nicht trösten können, egal mit welchen Mitteln, dazu war er noch nicht bereit, das wusste ich. Ich hatte mich selbst einmal in diesem einsamen schwarzen Loch befunden und würde mich jetzt so verhalten, wie ich es mir von anderen gewünscht hätte, als ich dasselbe durchgemacht hatte, was Black jetzt durchlitt. Ich wollte allein gelassen werden, bis ich mich aus eigener Kraft herausgearbeitet hatte, wollte Platz haben, bevor sich mir jemand auf der emotionalen Schiene näherte und Einlass begehrte.
    Also versuchte ich tunlichst, nicht nach draußen zu sehen, um erst gar nicht zu wissen, was er gerade machte. Ich setzte mich an meinen alten IBM-Computer und arbeitete an meinen Berichten, ohne zu wissen, ob er noch draußen vor meinem Haus war oder ob er alleine irgendwohin verschwunden war.
    Black würde es mich wissen lassen, wenn er sprechen wollte. Es war fast eine Stunde vergangen, als ich ihn zur Tür hereinkommen hörte. Ich sah auf.
    Er sah schrecklich blass und mitgenommen aus. »Diesen Hurensohn, der Sylvie das angetan hat, schnapp ich mir. Ich bring ihn um.« Er war bereit zur Selbstjustiz. Die ruhige Entschlossenheit seines Tonfalls ließ daran keinen Zweifel.
    »Solche Töne sollte man in Gegenwart einer Polizeibeamtin lieber nicht anschlagen«, sagte ich mit ruhiger Stimme. »Ich würde mal sagen, ich hab’s überhört.«
    »Egal wie lange ich dazu brauche, ich krieg ihn.«
    »Genau, und ich helfe Ihnen dabei. Wenn Sie jetzt im Knast landen, wird Sylvie auch nicht mehr lebendig davon.«
    Sein Blick sprach Bände, und ich spürte in dem Moment, dass er, bei aller Bildung und Kultiviertheit, wie sein Bruder jederzeit zur Gewalt, zur Rache fähig war, wenn es die Situation erforderte. Natürlich nicht die Art von Gewalt, die Sylvie erlitten hatte, aber ich spürte, dass er zu einem kaltblütigen Mord in der Lage war, wenn er es für notwendig erachtete, wenn es galt, jemanden zu schützen, den er liebte. Aber ich konnte das auch. Ich hatte einschlägige Erfahrungen.
    Nicholas Black hatte irgendwann einmal in seiner Vergangenheit viel erdulden müssen, vermutete ich, und er hatte zurückgeschlagen. Auch jetzt musste er viel erdulden und er war gefährlich. Vor allem vor dem Hintergrund seiner Beziehungen zur Familie Montenegro und dem organisierten Verbrechen. Ich musste dafür sorgen, dass er sich wieder beruhigte und zur Vernunft kam.
    »Sie wollten mich doch in meiner Arbeit unterstützen und uns dabei helfen, Sylvies Mörder zu finden. Heißt das jetzt, Sie treten von Ihrem Angebot zurück und ziehen stattdessen los und spielen Rambo?«
    Black antwortete nicht. Eine ausweichende Reaktion war in diesem Fall kein gutes Zeichen. Schließlich sagte er doch leise: »Klar will ich Ihnen bei der Aufklärung des Falls nach wie vor behilflich sein. Seit es passiert ist, habe ich nichts anderes mehr im Kopf.«
    »Okay, gut, genau das hab ich auch erwartet. Nun hören Sie mir mal zu. Ich habe einen guten Freund. Sein Name ist Harve Lester, und ich vertraue ihm bedingungslos. Er erwartet mich in seinem Haus nur ein Stück weit die Straße hinunter. Für mich ist er wie eine Art Mentor, und er verfügt über ein außergewöhnliches kriminalistisches Gespür. Begleiten Sie mich zu ihm und lernen Sie ihn kennen. Wenn Sie als Profiler so gut sind wie Ihr Ruf, könnte

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