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Der stille Schrei der Toten

Der stille Schrei der Toten

Titel: Der stille Schrei der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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für sie, auch mal rauszukommen. Auch Engel brauchten mal Erholung.
    »Wie geht’s, Harve?« Ich beugte mich hinunter und umarmte ihn. Er roch nach Aftershave und Pizza vom Pizzaservice. Zwar legte er nicht so viel Wert auf sein Äußeres wie Bud, aber er achtete schon darauf, gepflegt zu sein, unabhängig von Dotties An- oder Abwesenheit.
    »Freut mich sehr. Sie sind Dr. Black, nehme ich an. Ich bin Harve Lester. Willkommen in meiner bescheidenen Hütte. Hab schon viel von Ihnen gehört. Meine Pflegerin ist eine begeisterte Leserin Ihrer Bücher. Sie beißt sich in den Hintern, wenn sie erfährt, dass sie Sie verpasst hat.«
    »Schön, Sie kennenzulernen, Harve.« Black griff nach der Hand, die Harve ihm entgegenhielt, und sah sich in dem sonnigen, zitronengelb gestrichenen Zimmer mit den weißen Türen und Fensterrahmen um. Wie oft kam es vor, dass die Menschen nicht mit Behinderten umgehen konnten und sie deshalb lieber übersahen, Black hingegen war ganz unverkrampft. »Schön haben Sie’s hier. Sicher ein wunderbarer Platz zum Arbeiten.«
    »Das Land befindet sich seit fünfzig Jahren in Familienbesitz. Einen schöneren Ort für meinen Ruhestand könnte ich mir nicht vorstellen.«
    Er wendete den Stuhl und rollte über das glatte Parkett zu seinem Schreibtisch am Fenster. Wir folgten nach, und Black fragte: »Tun Sie hier irgendwo in Missouri Dienst?«
    »Ich war einer der Besten in Los Angeles, worauf ich auch stolz bin. Hat Claire Ihnen das nicht erzählt? Wir haben für das Einbruchs- und für das Morddezernat gearbeitet.«
    Black sah mich mit seinem Psychiaterblick durchdringend an. Als wäre ich einer von den Tintenklecksen, die er überall aufzuhängen pflegte. »Claire hält sich ziemlich bedeckt, Harve, aber wahrscheinlich wissen Sie das längst. Vielleicht können Sie mir ja auf die Sprünge helfen?«
    »Ich werde mich hüten.« Harve lachte, dabei kannte er meine tiefsten Geheimnisse wie sonst kaum jemand. Obwohl sich die beiden Männer prächtig verstanden, brannte mir unser Problem zu sehr auf den Nägeln, sodass ich mich gezwungen sah, ihre Unterhaltung abzublocken.
    »Lasst uns anfangen. Ich kann nicht allzu lange bleiben. Black, nehmen Sie Platz.« Manchmal bin ich eben einfach sehr dominant.
    Black und ich nahmen zwei zueinander passende Holzstühle und setzten uns an den runden Tisch mit weiß gefliester Platte, während Harve seinen Rollstuhl an der gegenüberliegenden Seite heranmanövrierte. Ich breitete die Obduktionsfotos offen aus, und nachdem Harve sie eine Weile studiert hatte, packte ich sie schnell wieder zusammen und legte den Stapel, aus Rücksicht auf Blacks labile Gemütslage, umgekehrt auf den Tisch. Black sah mich dankbar an, wobei in seinen blauen Augen fast etwas Zärtliches lag. Vor Harve waren mir diese Blicke fast peinlich, oder eigentlich überhaupt. Als könnte Black meine Gedanken lesen, lächelte er leicht, sodass obendrein auch noch diese verdammten Grübchen zum Vorschein kamen. Also konzentrierte ich mich lieber auf Harve.
    »Du hast meine E-Mail bekommen, ja?«
    Harve nickte und sah dann zu Black. »Soviel ich weiß, haben Sie einen ziemlich guten Ruf als forensischer Psychiater, Dr.
    Black. Von daher würde mich Ihre Meinung zu diesem Täter interessieren.«
    »Ich heiße Nick, okay? Vielleicht tun Sie mir ja den Gefallen, wenn ich schon Detective Morgan nicht dazu überreden kann.«
    »Gerne. Hallo, Nick.« Harve schüttelte den Kopf, aber als abgehärteter und erfahrener Cop, wenn auch im Ruhestand, kam er sofort zur Sache. »Nick, mir ist klar, dass es schrecklich für Sie sein muss, was Sie heute Abend erfahren haben. Ich will Ihnen vorab sagen, dass mir alles sehr leid tut.« Er sah mich an. »Von Claire weiß ich, dass das Opfer Ihre Nichte war, und dass Sie nicht wollen, dass diese Tatsache publik wird. Die Gründe dafür gehen mich nichts an. Sie können versichert sein, dass niemand auch nur ein Wort darüber erfährt, was wir hier in diesem Raum besprechen.«
    Black wirkte erstaunt. Vielleicht weil ich Harve eingeweiht hatte oder weil Harve sein Geheimnis nicht preisgeben wollte, ich wusste nicht genau warum. »Sehr nett von Ihnen, Harve. Es ist alles recht kompliziert, aber ich habe meine Gründe.«
    »Was ist also nun Ihre Meinung zu dem Fall?«, fragte Harve. »Haben Sie sich die Tatumstände vergegenwärtigt?«
    »Vorab möchte ich Ihnen beiden sagen, dass ich den Fall nicht für Sie lösen kann. Ich kann Ihnen lediglich dabei helfen, ein besseres

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