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Der stolze Orinoco

Der stolze Orinoco

Titel: Der stolze Orinoco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Nein, erwiderte Herr Miguel, die Ilanos liegen schon ziemlich hoch über der Meeresfläche.
    – Das ist wohl richtig, Herr Miguel, erklärte der Beamte, dagegen kommen dort häufig Erderschütterungen vor, und Sie wissen ja, daß solche in Venezuela überhaupt nicht selten sind.
    – Das ganze Jahr hindurch? fragte der junge Mann.
     

    Außerdem sah man hier noch eine dritte Falca. (S. 100.)
     
    – O nein, versicherte Herr Marchal, nur zu gewissen Zeiten; gerade seit einem Monat haben wir aber ziemlich heftige Erdstöße bis zum Hato von la Tigra hinauf verspürt.«
    In der That ist es bekannt, daß der Boden von Venezuela häufig von vulcanischen Erschütterungen betroffen wird, obgleich sich in den Bergen daselbst kein thätiger Vulcan vorfindet. Humboldt hat es sogar »das Erdbebenland
par excellence
« genannt. Diese Bezeichnung erhält eine traurige Bestätigung durch die im sechzehnten Jahrhundert erfolgte Zerstörung der Stadt Cumana, die fünfzig Jahre später noch einmal stark verheert wurde und deren Umgebungen fünfzehn Monate lang nicht zur Ruhe kamen. Noch eine andre Stadt im Gebiete der Anden, Mesida, wurde durch schreckliche Erdbeben hart mitgenommen; ferner wurden 1812 nicht weniger als zwölftausend Bewohner von Caracas unter dessen Ruinen begraben. In den spanisch-amerikanischen Provinzen sind Unfälle, die gleich Tausende von Opfern kosten, stets zu befürchten, und auch jetzt fühlt man den Fußboden im östlichen Theile des Orinoco fast fortwährend erzittern.
    Nachdem man sich über Alles, was die beiden Franzosen betraf, hinreichend ausgesprochen hatte, wendete sich Herr Marchal fragend an den Sergeanten Martial und dessen Neffen:
     

    Der Sergeant Martial wurde von seinem Unglauben curiert. (S. 113.)
     
    »Wir wissen nun, zu welchem Zwecke die Herren Miguel, Felipe und Varinas ihre Fahrt auf dem Orinoco unternommen haben. Mit Ihrer Reise verfolgen Sie doch wohl nicht die nämliche Absicht?«
    Der Sergeant Martial machte eine deutlich verneinende Bewegung, auf einen Wink Jeans von Kermor mußte er jedoch davon abstehen, seiner Verachtung solcher geographischen Fragen Ausdruck zu geben, die seiner Meinung nach nur für Herausgeber von Lehrbüchern und Atlanten Interesse haben konnten.
    Der junge Mann erzählte darauf seine Geschichte, bekannte, warum er sich gedrängt gefühlt habe, Frankreich zu verlassen, und welchem inneren Gefühle er gehorchte, indem er den Orinoco hinauffuhr in der Hoffnung, in San-Fernando einige weitere Auskunft zu erhalten, da der letzte Brief seines Vaters von dort aus abgesandt worden war.
    Der alte Herr Marchal konnte die Erregung nicht verbergen, die er bei dieser Antwort empfand. Er ergriff die Hand Jeans, zog ihn in seine Arme und küßte ihn auf die Stirn – wobei der Sergeant natürlich heimlich knurrte. Es schien, als gäbe er ihm seinen Segen zu dem glücklichen Erfolge seiner Pläne.
    »Doch weder Sie, Herr Marchal, noch Sie, Herr Gouverneur, haben von dem Oberst von Kermor reden gehört?« fragte der junge Mann.
    Beide verneinten diese Frage.
    »Vielleicht hat sich der Oberst, fuhr der Beamte fort, in la Urbana gar nicht aufgehalten. Das würde mich übrigens wundern, denn es kommt nur selten vor daß sich die Piroguen hier nicht mit neuem Proviant versorgen. Es war im Jahre 1879, sagen Sie…
    – Ja, Herr Gouverneur, antwortete Jean. Wohnten Sie damals auch schon hier?
    – Gewiß, ich habe aber kein Wort davon gehört, daß ein Oberst von Kermor hier durchgekommen sei.«
    Immer und immer das Incognito, das der Oberst seit seinem Verschwinden streng bewahrt zu haben schien.
    »Das hat ja nicht viel zu bedeuten, junger Freund, meinte Herr Miguel, dagegen ist es fast undenkbar, daß sich von dem Aufenthalt Ihres Vaters in San-Fernando keine Spuren nachweisen ließen. Dort werden Sie gewiß Mittheilungen erhalten, die den Erfolg Ihrer Nachsuchungen sichern.«
    Die Gäste des Beamten blieben bis zehn Uhr beisammen und kehrten dann, nachdem sie von der freundlichen Familie herzlichen Abschied genommen hatten, an Bord der Piroguen zurück, die morgen mit Tagesanbruch weiter fahren sollten.
    Jean streckte sich auf seinem Lager im Hintertheile des Deckhauses aus, und der Sergeant Martial sachte nach wie gewöhnlich vollendeter Muskitojagd auch seine Schlafstätte auf.
    Beide schlummerten zwar bald genug ein, wurden aber nach nicht langer Zeit wieder wach.
    Schon gegen zwei Uhr erweckte sie ein entfernter, fortdauernder und wachsender Lärm.
    Es war ein

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