Der Streik
eigenes Eisenerz abbaue. Ich kann das Risiko nicht eingehen, von all diesen Störungen und Engpässen aufgehalten zu werden. Ich brauche große Mengen Kupfer für die Herstellung von Rearden-Metall.“
„Haben Sie die Mine gekauft?“
„Noch nicht. Es gibt noch ein paar Probleme zu lösen. Arbeiter zu organisieren, Maschinen, den Transport.“
„Oh …!“ Sie lachte leise. „Möchten Sie mit mir über den Bau einer neuen Teilstrecke sprechen?“
„Könnte sein. Den Möglichkeiten in diesem Bundesstaat sind keine Grenzen gesetzt. Wissen Sie, dass sie hier alle Arten von Bodenschätzen haben, dass sie noch unberührt sind und nur darauf warten, abgebaut zu werden? Und wie ihre Fabriken wachsen! Ich fühle mich zehn Jahre jünger, wenn ich hierherkomme.“
„Ich nicht.“ Sie blickte nach Osten, an den Bergen vorbei. „Ich denke an den Kontrast zu dem ganzen übrigen Taggart-Schienennetz. Es gibt immer weniger zu transportieren, die Produktion geht jedes Jahr weiter zurück. Es ist, als ob … Was stimmt mit diesem Land nicht, Hank?“
„Ich weiß es nicht.“
„Ich muss immer wieder an das denken, was sie uns in der Schule über die Sonne erzählt haben, dass sie an Energie verliert und mit jedem Jahr kälter wird. Ich kann mich erinnern, dass ich mich damals gefragt habe, wie wohl die letzten Tage der Welt aussehen würden. Ich glaube, es wäre … wie jetzt. Es wird kälter, und die Dinge bleiben stehen.“
„Ich habe diese Geschichte nie geglaubt. Ich dachte, dass der Mensch bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Energie der Sonne erschöpft wäre, einen Ersatz dafür finden würde.“
„Wirklich? Komisch. Das dachte ich auch.“
Er deutete auf die Rauchsäule. „Dort haben Sie Ihren neuen Sonnenaufgang. Er wird den Rest mitversorgen.“
„Wenn er nicht aufgehalten wird.“
„Denken Sie, er könnte aufgehalten werden?“
Sie blickte auf die Schienen unter ihren Füßen. „Nein“, sagte sie.
Er lächelte. Er sah hinunter auf die Schienen und ließ seinen Blick die Strecke entlanggleiten, die Berghänge hinauf, bis zu dem Kran in der Ferne. Sie sah zwei Dinge, als gäbe es in ihrem Blickfeld einen Augenblick lang nur sie beide: die Umrisse seines Profils und das grünlich blaue Band, das sich durch den leeren Raum wand.
„Wir haben es geschafft, nicht wahr?“, sagte er.
Als Entschädigung für alle Mühen, für all die schlaflosen Nächte, für die stillen Kämpfe gegen die Verzweiflung war dieser Moment alles, was sie wollte. „Ja. Das haben wir.“
Sie wandte den Blick ab, bemerkte einen alten Kran auf einem Seitengleis und dachte, dass seine Kabel abgenutzt waren und ersetzt werden mussten: Das war die große Klarheit jenseits aller Gefühle, die Belohnung dafür, dass man alles gefühlt hatte, was man fühlen konnte. Das, was sie geleistet hatten, dachte sie, und dieser eine Augenblick, in dem sie sich dessen bewusst wurden, in dem sie es gemeinsam erfassten – welche größere Vertrautheit konnte es geben? Nun war sie frei für die einfachsten, alltäglichsten Angelegenheiten, die ihr begegneten, denn nichts was sie sah, konnte jetzt belanglos sein.
Sie fragte sich, warum sie so sicher war, dass er dasselbe fühlte wie sie. Er wandte sich ruckartig um und ging in Richtung seines Wagens. Sie folgte ihm. Sie sahen einander nicht an.
„Ich muss in einer Stunde Richtung Osten aufbrechen“, sagte er.
Sie zeigte auf den Wagen: „Wo haben Sie den her?“
„Von hier. Es ist ein Hammond. Hammond aus Colorado, sie sind die Einzigen, die immer noch gute Autos bauen. Ich habe es eben gekauft. Auf dieser Reise.“
„Ein wunderbarer Wagen.“
„Ja, nicht wahr?“
„Werden Sie damit nach New York zurückfahren?“
„Nein, ich lasse ihn mir liefern. Ich bin mit meinem Flugzeug hergeflogen.“
„Oh, wirklich? Ich bin von Cheyenne hierher gefahren – ich musste die Trasse ansehen –, aber ich möchte unbedingt so schnell wie möglich nach Hause kommen. Würden Sie mich mitnehmen? Kann ich mit Ihnen zurückfliegen?“
Er antwortete nicht sofort. Sie bemerkte, wie er einen Augenblick lang zögerte. „Es tut mir leid“, sagte er schließlich, und sie fragte sich, ob sie sich den schroffen Ton in seiner Stimme nur einbildete. „Ich fliege nicht nach New York zurück. Ich fliege nach Minnesota.“
„Na ja, dann werde ich versuchen, eine Linienmaschine zu bekommen, wenn heute noch eine fliegt.“
Sie sah seinem Wagen nach, wie er sich auf der kurvigen Straße entfernte. Eine
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