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Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
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einem geschäftlichen Unternehmen –, und er hat Millionen seines Vermögens in diese Bergwerke gesteckt, da können wir seinem Urteil wohl vertrauen.“
    „Wann wirst du endlich begreifen, dass Francisco d’Anconia ein Taugenichts geworden ist?“
    Er schmunzelte. „Ich fand immer schon, dass er das ist – zumindest was seinen Charakter betrifft. Aber du warst überhaupt nicht meiner Meinung. Im Gegenteil. Oh ja, ganz im Gegenteil! Du kannst dich sicher noch an unsere Streitereien zu diesem Thema erinnern. Soll ich dir einige Dinge ins Gedächtnis zurückrufen, die du über ihn gesagt hast? Über einige Dinge, die du getan hast, kann ich ja nur Vermutungen anstellen.“
    „Möchtest du über Francisco d’Anconia diskutieren? Bist du deshalb hergekommen?“
    Man sah ihm den Ärger über seine Niederlage an – denn ihr Gesicht zeigte keine Regung. „Du weißt verdammt gut, warum ich hergekommen bin!“, fuhr er sie an. „Ich habe die unglaublichsten Dinge über unsere Züge in Mexiko gehört.“
    „Was für Dinge?“
    „Was für alte Karren lässt du dort unten fahren?“
    „Die schlechtesten, die ich auftreiben konnte.“
    „Das gibst du auch noch zu?“
    „Es steht schon in den Berichten, die ich dir geschickt habe.“
    „Stimmt es, dass du holzbefeuerte Dampfloks eingesetzt hast?“
    „Eddie hat sie für mich in einem verlassenen Lokschuppen unten in Louisiana gefunden. Er konnte nicht einmal mehr den Namen des Eisenbahnunternehmens erkennen.“
    „Und jetzt fahren sie unter dem Namen von Taggart?“
    „Ja.“
    „Und wozu zum Teufel soll das gut sein? Was geht hier vor? Ich möchte wissen, was hier vorgeht!“
    Sie sprach in sachlichem Ton und sah ihm dabei ins Gesicht. „Wenn du es wirklich wissen willst, ich habe nichts als Schrott auf der San-Sebastián-Strecke gelassen, und auch davon so wenig wie möglich. Ich habe alles aus Mexiko weggebracht, was beweglich ist – Rangierloks, Werkzeuge, sogar Schreibmaschinen und Spiegel.“
    „Warum zum Teufel?“
    „Damit die Plünderer nicht so viel zu plündern haben, wenn sie die Strecke verstaatlichen.“
    Er sprang auf. „Damit kommst du nicht durch! Diesmal kommst du damit nicht durch! Dass du die Nerven hast, so ein schäbiges, unsägliches Spiel … nur wegen irgendeines bösartigen Gerüchts, wo wir doch einen Vertrag über zweihundert Jahre haben und …“
    „Jim“, sagte sie langsam, „es gibt auf dem gesamten Schienennetz nicht einen Waggon, nicht einen Triebwagen oder eine Tonne Kohle, die wir entbehren könnten.“
    „Ich werde das nicht zulassen. Ich kann keinesfalls zulassen, dass auf Kosten eines befreundeten Volks, das unsere Hilfe braucht, eine so perfide Politik betrieben wird. Materielle Gier ist nicht alles. Es zählen nun mal auch nichtmaterielle Aspekte, aber davon verstehst du ja offensichtlich nichts!“
    Sie schob ihren Schreibblock zurecht und griff nach einem Bleistift. „Na gut, Jim. Wie viele Züge soll ich auf der San-Sebastián-Strecke verkehren lassen?“
    „Was?“
    „Welche Verbindungen soll ich streichen und auf welchen Strecken, damit wir genug Dieselloks und Stahlwaggons zusammenbekommen?“
    „Ich will nicht, dass du Verbindungen streichst!“
    „Wo bekomme ich aber sonst das Material für Mexiko her?“
    „Das musst du schon selbst herausfinden. Das ist deine Aufgabe.“
    „Ich bin nicht dazu in der Lage. Du wirst es entscheiden müssen.“
    „Das ist dein üblicher fauler Trick – einfach mir die Verantwortung zuzuschieben!“
    „Ich warte auf Anweisungen, Jim.“
    „Ich werde mich von dir nicht in die Falle locken lassen!“
    Sie ließ den Bleistift wieder fallen. „Dann bleibt der Fahrplan auf der San-Sebastián-Strecke, wie er ist.“
    „Warte nur bis zur Sitzung des Verwaltungsrats nächsten Monat. Ich werde eine Entscheidung einfordern, ein für alle Mal, bis zu welchem Grad die Betriebsabteilung befugt ist, ihre Kompetenzen zu überschreiten. Du wirst dafür geradestehen müssen.“
    „Das werde ich.“
    Noch bevor sich die Tür hinter James Taggart geschlossen hatte, war sie schon wieder in ihre Arbeit vertieft.
    Als sie fertig war, schob sie die Papiere zur Seite und sah auf. Der Himmel vor ihrem Fenster war schwarz, und die Stadt hatte sich in ein Meer aus erleuchtetem Glas verwandelt, ohne Mauern dazwischen. Widerwillig stand sie auf. Sie ärgerte sich über ihre Müdigkeit, die sie als Niederlage empfand, aber heute war sie müde, das wusste sie.
    Das Vorzimmer war finster und

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