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Der stumme Handlungsreisende

Der stumme Handlungsreisende

Titel: Der stumme Handlungsreisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewin
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uns
     gekommen ist«, sagte sie.       
    »Welche Regeln hat er
     denn gebrochen, daß er… eliminiert werden mußte?«
     sagte ich. Meine Stimme wurde lauter.
    »Wir durften nichts
     aufschreiben«, sagte sie. »Ich… habe gesehen, daß
     er manchmal ein Buch bei sich hatte.«
    »Ein Buch?«
    »Ein Notizbuch. Mit
     irgendwelchen Sachen über das Labor. So etwas hätte er nicht tun
     dürfen. Und als ich dann sah, daß er etwas von dem Kalzium
     hatte…«
    »Kalzium?«
    »Kalzium 45. Das ist
     einer unserer Markierstoffe.«
    »Radioaktiv?«
    »Ein aktives Isotop,
     ja.«
    »Bekommen Sie das in so
     einer kleinen Metalldose mit einem Radioaktivitätssymbol darauf
     geliefert?«
    »Das ist der äußere
     Behälter, ja.«
    »Und Pighee hatte so
     einen?«
    »Wir dürfen nichts
     - absolut gar nichts - aus dem Labor mitnehmen. Keine Notizen, nichts.«
     Sie hielt inne. »Also mußte ich Henry davon erzählen.«
    »Und Henry beschloß,
     daß Pighee getötet werden mußte?«
    »Nein«, sagte
     sie, »nicht getötet. Nur - nur außer Gefecht gesetzt. Wir
     hatten eine Versammlung. Wir beschlossen, ihn irgendwie in die Klinik zu
     bekommen und ihn unter Beruhigungsmitteln zu halten, damit wir wenigstens
     mehr Zeit hatten, über die Sache nachzudenken.«
    »Wann war diese
     Versammlung?«
    »Am Nachmittag - nein,
     am Morgen. Na ja, irgendwann gegen Mittag.«
    »Am Tag des Unfalls?«
    »Unfall, jawohl«,
     sagte sie.
    »Mein Gott«,
     sagte ich.
    »Es war schon vorher
     jemand bei ihnen eingeschleust worden«, sagte sie, »sie
     meinten, sie dürften keine Zeit verlieren.«
    »Also ging Lee hin und
     brachte den Mann um.«
    »Ich glaube, es war ein
     Unfall«, sagte sie.
    Ich schüttelte den Kopf.
     »Lee war voller Blut, als er an diesem Abend hierher zurückkam.
     Er war da, ich meine bei Pighee, und wahrscheinlich hat er es mit einem
     Hammer getan, und dann hat er selbst die Explosion ausgelöst.«
    »Davon weiß ich
     nichts«, sagte sie. »Aber sie wollten nicht, daß er getötet
     wurde. Es gab Probleme wegen der Versicherung. Die Detektive draußen
     halten und solche Dinge.«
    »Ich glaube wohl, daß
     es Probleme gegeben hat«, sagte ich. »Ihr Freund Lee, ihr
     Kollege - er ist nicht gerade ein Mensch mit großer
     Selbstbeherrschung, wie?«
    »Nein«, sagte
     sie.
    »Hat er Simon Rackey
     getötet? Den Chemiker, der wahrscheinlich der Spion davor gewesen
     war?«
    »Ich weiß nicht«,
     sagte sie, verbarg aber ihr Gesicht in ihrer Decke. Für mich hieß
     das, daß er ihr davon erzählt hatte. In allen Einzelheiten.
    »Also«, fragte
     ich, »wie hat das mit Seafield und Ihnen angefangen? Gleich, als Sie
     in das Team kamen?«
    »Nein«, sagte
     sie, »er hatte andere… andere Arrangements, nehme ich an.«
    »Und?«
    »Ich glaube nicht, daß
     er auf diese Weise an mich gedacht hat. Aber eine Woche nach Johns…
     Unfall kam Lee eines Abends zu mir. Ich ließ ihn hinein. Er war sehr
     nett. Wir sprachen darüber, wie die Dinge in der Klinik liefen. Ich
     bot ihm etwas zu trinken an.« Sie blickte auf, durch das Glas
     hindurch, hinauf zu den Bäumen in den sommerlichen Himmel. »Er
     sagte, daß ich auf der Suche nach einem neuen Liebhaber sein müsse,
     jetzt, da John… nicht mehr da war. Er sagte, er würde
     einspringen, wenn ich wollte, solange bis ich jemanden fände, der ihn
     ersetzen konnte. Ich sagte nein danke. Ich würde schon zurechtkommen,
     und dann…« Sie schüttelte den Kopf, und Tränen
     stiegen ihr in die Augen. »Es… er… es…«
    »Was ist passiert?«
    »Er hat es getan.«
    »Er hat Sie
     vergewaltigt?«
    Sie nickte, sagte jedoch:
     »Beinahe.«
    »Was haben Sie getan?«
    »Was konnte ich schon
     tun?« fragte sie brüsk zurück. »Ich konnte gar
     nichts tun. Nicht wo das Projekt immer noch lief. Ich konnte nichts…«
     Sie hielt inne. 
    »Es passierte immer
     wieder?«
    »Ja.«
    »Und Sie wollen es
     nicht?«
    »Nein«, sagte
     sie. Und korrigierte sich dann: »Nicht wirklich. Ich… ich
     denke nicht gern dran, außer wenn wir, wenn er…«
    »Sie haben Angst vor
     ihm?«
    »Ja«, sagte sie
     entschieden. »Er ist so - so grob. Und überhaupt nicht nett zu
     mir. Er tut mir weh, und er ist niemals dankbar oder zufrieden oder…
     oder eben nett. Nein, ich denke nicht gern dran.«
    »Aber wenn es passiert?«
    »Dann ist es anders.«
    »Sie haben sich einen
     Revolver gekauft. Um ihn einzuschüchtern?«
    »Ja.«
    »Hat es funktioniert?«
    »Ich hatte bisher noch
     keine

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