Der stumme Handlungsreisende
wie?«
»Könnte sein,
Maude. Könnte sein.«
»Es ist 9 Uhr 51«,
sagte sie. »Bist du zu Hause?«
»Nein. Es ist besser,
ich rufe dich an. Wo wirst du sein?«
»Hier natürlich.«
»Okay. Wie lange?«
»Versuch’s
zwischendurch mal wieder. Für Zwischenberichte.«
»Gut. Sag mal, Maude,
bezahlt ihr etwas für Knüller?«
»Knüller?«
Sie sprach das Wort aus, als hätte sie einen schlechten Geschmack im
Mund. »Wir haben keine Knüller mehr in diesem Geschäft,
Albert. Wir haben »Exklusivnachrichten!«
»Okay,
Exklusivnachrichten?«
»Du bist nicht zufällig
pleite und versuchst, einen Tauschhandel mit mir zu veranstalten, oder?«
»Keineswegs. Einfache
Frage.«
»Ich zahle nichts für…
Knüller«, sagte sie, »nicht, wenn ich es verhindern kann.«
Was wieder mal den
Unterschied zwischen Käufer und Verkäufer zeigt.
Ich hatte Maude noch nie zu
ihren Notfallquoten engagiert. Wenn dies mein Schwanengesang als Detektiv
war -mein Büro, meine Lizenz und meine Freiheit standen gleichermaßen
auf dem Spiel - dann würde ich wenigstens in großem Stil
untergehen.
36
Es war still um das
Hintergassen-Kutschenhaus, in dem Seafield logierte. Ich parkte und warf
einen Blick durch die Garagentorfenster. Bis auf einen Wagen waren alle Plätze
leer. Das wertete ich als gutes Zeichen. Seafields T-Bird war nicht da.
Die Frage war, ob er zur
Arbeit war oder auf dem Polizeirevier. Miller hatte gesagt, sie würden
»heute« wiederkommen; ich wußte nicht, ob das vormittags
bedeutete. Ich ging zur Tür am Fuße der Treppen zu seiner
Wohnung.
»Guten Tag.« Die
Stimme kam von der Seite des Gebäudes und gehörte Thomas
Jefferson Walker senior. »Auf der Suche nach Mr. Seafield, wie?«
»So ist es, Mr. Walker.«
»Kenne ich Sie?«
Mit seitlich geneigtem Kopf schlurfte er näher zu mir heran, um einen
besseren Blick auf mein Gesicht werfen zu können.
»Ich war vor ein paar
Tagen schon mal hier. Da war Mr. Seafield auch nicht da.«
»Er kommt zu den merkwürdigsten
Stunden. Man kann nicht darauf rechnen, ihn zu irgendeiner bestimmten Zeit
zu erwischen. He. Ich erinnere mich an Sie. Sie waren neulich schon einmal
hier. Sagen Sie, ich habe da etwas Kaffee kochen. Haben Sie Lust, auf
’ne Tasse reinzukommen?«
»Hätte ich schon«,
sagte ich, »und ich erinnere mich an Ihre Gastfreundlichkeit. Aber
ich bin sozusagen ein bißchen in der Klemme. Ich muß unbedingt
in Mr. Seafields Apartment reinkommen. Ich denke, daß er da
vielleicht etwas hat, was für mich wichtig wäre.« Ich sah
den alten Mann offen und ehrlich an - und log. »Ich hatte gehofft,
ihn heute zu erwischen.«
»Sie sind ’n
Freund von ihm?«
»Nicht direkt ein
Freund. Aber wir haben dieselben Interessen.«
»Sind wohl einer von
diesen FBI-Burschen, wie?«
»Hat Ihnen wohl davon
erzählt, hm?«
»Mein Sohn - dem das
Haus gehört«, sagte er, »wir hatten vor ’ner Weile
ein kleines Problem, und er hat es mir erklärt.«
»Was für eine Art
von Problem?«
»Ah, hm«, sagte
er widerstrebend.
»Letzten Januar war
das?« riet ich.
»Ja«, sagte er,
und seine Miene hellte sich merklich auf. »Sie wissen davon, wie?«
»So einiges.«
»Seafield. Der kam hier
rein, und das Blut tropfte an ihm runter und so. Himmel, ich mochte ihn
nie besonders, und ich wollte die Polizei rufen, nur, daß er mir
gesagt hat, ich soll erst Tommy junior anrufen. Tommy junior, das ist mein
Junge. Und er hat es mir erklärt. Ich kann meinen Mund halten, das
ist mal klar. Sie werden mich nicht dabei erwischen, wie ich einem
Regierungsobjekt in die Quere komme, nur wegen eines lockeren Mundwerks.«
»Ich bin sicher, daß
alle Beteiligten das zu schätzen wissen.«
»Denk schon.«
»Ich werde Sie um einen
Gefallen bitten, Mr. Walker.«
»Was für einen?«
»Ich muß mich
oben mal umsehen. Sie können mit mir kommen, das ist kein Problem.«
»Tjaa, ich schätze,
das geht schon in Ordnung«, sagte er.
Ich stand still da, während
eine leichte Brise die Sommerblätter über mir
durcheinanderwirbelte. Wenige Augenblicke später kehrte Walker mit
dem Schlüssel zurück. Wir gingen die Stufen zu dem
Kutschenhausapartment hinauf, ohne uns weiter miteinander zu unterhalten.
Neben einer Küche und
einem Badezimmer an einem Ende der Wohnung war der Platz über der
Vierergarage für ein einziges, riesiges Zimmer genutzt
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