Der stumme Handlungsreisende
mir, er sei nicht im Hause und werde heute vielleicht auch gar nicht
kommen; von wem sie etwas ausrichten dürfe.
»Vielleicht«,
soufflierte ich, »muß er heute noch verreisen.«
»Ja«, sagte sie.
»Mein Name ist Albert
Samson«, sagte ich. »Ich rufe wegen John Austin Pighee an. Ich
möchte, daß er mich vor zehn zurückruft, weil ich dann nämlich
zur Polizei gehe.«
Scheinbar ungerührt
wiederholte sie mir die Nachricht und hängte auf.
»Das klang ja
knallhart, Daddy«, sagte Sam mit weitaufgerissenen Augen. »Gehst
du wirklich zur Polizei? Wenn er nicht zurückruft, meine ich?«
»Ich glaube nicht, daß
es soweit kommt«, sagte ich.
Und das kam es auch nicht. Um
zehn vor zehn klingelte das Telefon. P. Henry Rush.
»Ich bin gerade
hereingekommen, und meine Sekretärin hat mir Ihre seltsame Botschaft
ausgerichtet, Samson. Ich weiß nicht, worum es geht, aber in meinen
Ohren klingt das nach einer ziemlich dünn verschleierten Drohung.
Vielleicht sollte ich derjenige sein, der von Polizei spricht.«
»Gehen wir zusammen
hin, ja?«
»Was soll das Ganze?«
Er versteifte sich merklich.
»Es geht um den Zutritt
zu John Pighee«, sagte ich.
»Ich dachte, das hätten
wir schon hinter uns gebracht. Letzten… Freitag. Um die
Mittagszeit, nicht wahr? Ich habe in der Klinik angerufen und Anweisung
gegeben, Besuche der Familie zu gestatten. Hat man Ihre Klientin erneut
abgewiesen?«
»Nein.«
»Und?«
»Meine Klientin von
Freitag war Pighees Schwester. Eine Stunde nachdem ich mit Ihnen
gesprochen hatte, kreuzte Dr. Jay Dundree bei der Dame auf und kaufte sie.«
»Kaufte sie?« Es
klang so, als habe diese Ausdrucksweise einen üblen Beigeschmack für
ihn.
»Er hat ihr ihren ausdrücklichen
und heftigen Wunsch, ihren Bruder zu besuchen, ausgeredet und ihr Geld
gegeben.«
»Also haben Sie keine
Klientin mehr«, sagte er. »Ich verstehe.«
»Ich habe eine neue
Klientin«, sagte ich. »Mrs. Pighee. Und sie will ihren Mann
sehen.«
»Sie haben… ?«
sagte er. »Sie will… ?«
»Genau. Heute.«
»Ich verstehe, daß
es Ihnen möglicherweise mißfällt, daß Dr. Dundree
Ihre Klientin davon überzeugt hat, daß sie Ihre Dienste nicht
weiter benötigt. Aber Sie hören sich an, als hätten Sie das
Ganze ziemlich persönlich genommen. Wollen Sie vielleicht andeuten,
daß ich etwas mit Dr. Dundrees Vorgehen zu tun habe?«
»Wer weiß«,
sagte ich. »Ja, es ist mir durch den Sinn gegangen.«
»Stimmt aber nicht. Während
Dr. Dundree sich von seinen Pflichten befreit hat, um die Schwester eines
verletzten Kollegen zu besuchen, habe ich alles arrangiert, damit sie
ihren Bruder besuchen kann, sofern sie das will. Erst später habe ich
herausgefunden, daß er mein Einschreiten unnötig gemacht hat.
Aber wir haben eindeutig getrennt gehandelt. Ich glaube, Sie haben ihn
Freitag morgen aufgesucht und ihm von den Sorgen der Schwester erzählt.
Sein weiteres Vorgehen war eine Reaktion auf Ihren Besuch. Er wußte
nicht, daß Sie mich im Zusammenhang mit derselben Angelegenheit
ebenfalls aufgesucht hatten.«
Es klang überzeugend.
»Sie sind hoffentlich nicht beleidigt«, sagte ich, »wenn
ich Ihnen nicht unbedingt glaube.«
»Was ich sage, ist die
Wahrheit, Samson. Außerdem ist es bereits passé. Sie sagen,
Sie haben eine neue Klientin, die John Pighee sehen möchte?«
»Seine Frau, ja. Sie möchte
ihn heute sehen.«
»Aus heiterem Himmel?
Nach sieben Monaten?«
»Heute«, sagte
ich.
»Ich weiß nicht,
welche Befriedigung sie sich von dem Besuch bei einem Mann erhofft, der im
Koma liegt.«
»Ich bin sicher, daß
Sie das nicht wissen«, sagte ich.
»Kennt sie die
medizinischen Risiken, denen sie ihren Mann vielleicht aussetzt?«
»Die alte Leier«,
sagte ich. »Wir sind um vier im Krankenhaus, und wir erwarten, daß
man uns John Pighee sehen läßt. Wenn man uns davon abhält,
können Sie zumindest mit gerichtlichen Schritten und Zeitungsartikeln rechnen. Und aller
Wahrscheinlichkeit nach auch mit polizeilichen Nachforschungen.«
»Sie erwähnten die
Polizei in Ihrer Nachricht«, sagte Rush. »Ich dachte, das sei
nur ein billiger Trick gewesen, um meine Aufmerksamkeit zu erzwingen.«
»Ich bin nicht gerade
teuer«, sagte ich, »aber ich bin auch nicht billig.«
»Wollen Sie allen
Ernstes die Polizei in diese Angelegenheit hineinziehen? Denn man
verschwendet nicht leichtfertig Zeit
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