Der stumme Handlungsreisende
und Geld der Polizei.«
»Lassen Sie das meine
Sorge sein«, sagte ich. »Wir sehen uns um vier.«
»Sie verlangen auch
meine Anwesenheit, ja?« sagte er mit wachsender Verzweiflung. Er
mimte überzeugend das Opfer eines unter progressivem Schwachsinn
leidenden Verrückten.
»Nein«, sagte
ich. »Alles, was wir wollen, ist John Pighee sehen.«
Nun ja, beinahe alles.
Sam saß schweigend da,
während ich die Einzelheiten dieses Gesprächs in meinem
Notizbuch festhielt.
»Ich weiß nicht,
ob Linn wirklich in der Lage ist, ihren Mann zu sehen«, sagte sie
gerade, als ich mir eine Tasse Kaffee eingoß.
»Ich habe sie letzte
Nacht danach gefragt«, sagte ich.
Sam zuckte mit den Schultern.
»Kann ich irgend etwas tun?« fragte sie.
»Ich gehe jetzt«,
sagte ich. »Du hältst hier die Stellung und kümmerst dich
um die Kundschaft, ja?«
»Meinetwegen«,
sagte sie. Ohne Enthusiasmus.
»Sieh mal, ich treffe
mich mit einem Freund von der Polizei. Ich glaube nicht, daß dir das
besonders gefallen würde.«
»Nein«, sagte sie
und rümpfte die Nase.
Plötzlich fiel mir auf,
daß sie den ganzen Vormittag lang nicht ein einziges Mal gelächelt
hatte. »Stimmt etwas nicht?«
»Ich habe nur darüber
nachgedacht, ob du auch ganz sicher bist, daß du das Richtige tust.«
»Indem ich zur Polizei
gehe?«
»Indem du die Dinge so
vorantreibst.«
»Ich bringe zumindest
etwas ins Rollen«, sagte ich.
»Linn schien letzte
Nacht so traurig zu sein.«
»Ach ja?«
»Hast du das denn nicht
gemerkt?«
»Sie war müde.
Aber sie ist immer müde. Ich dachte allerdings, es ginge ihr langsam
etwas besser.«
»Sie ißt überhaupt
nicht«, sagte Sam.
»Nein?«
»Fast nichts.«
»Hm«, sagte ich
und griff nach meinem Notizbuch. »Dann füttere sie.« Ich
ging.
*
Um zwanzig nach zehn war ich
bei Miller. Er schien überrascht zu sein, mich zu sehen.
»Ich habe doch gesagt,
daß ich heute käme«, sagte ich.
»Du mußt tatsächlich
irgend etwas wollen. Ich dachte schon, daß ich einen Fahndungsbefehl
rausgeben müßte, um dich hierherzuholen.«
»Aber ich habe doch
gesagt…«
»Was ist das nun für
eine Sache mit John Pighee?« fragte er.
Ich war platt. Pighees Namen
hatte ich ihm nicht genannt.
»Ich hatte eine kleine
Unterredung mit Russ Fincastle, ja. Ich habe dich mit ihm
zusammengebracht. Daher fand ich, daß ich das Recht dazu hätte.
Du bist also mit einem Burschen beschäftigt, der im Januar einen
Unfall hatte. Schwere Verletzungen. Große Sache. Kommt in den besten
Firmen vor.«
»Nur wissen die Leute für
gewöhnlich nicht schon im voraus, daß es passieren wird«,
sagte ich.
»Er wußte, daß
es passieren würde?«
»Er hat ziemlich ungewöhnliche
Vorsorge getroffen«, sagte ich und erzählte ihm von dem Vertrag
und dem Umschlag mit der Aufschrift ›Erst nach meinem Tode öffnen‹.
»Die gebrauchten Hunderter waren in diesem Umschlag.«
»Ist er denn für
tot erklärt worden?« fragte Miller ernst.
»Nein.«
Er rieb sich das Gesicht, als
sei das genau die Antwort gewesen, die er erwartet hatte. »Wie geht
es dem Burschen jetzt?«
Ich erzählte es ihm.
»Ich habe über
diese gebrauchten Hunderter nachgedacht«, sagte er. »Sie müssen
nicht unbedingt aus illegalen Quellen stammen. Vielleicht handelt es sich
einfach um einen etwas unbeholfenen Versuch, die Erbschaftssteuer zu
umgehen.«
»Der Bursche war alles
andere als unbeholfen«, sagte ich. »Und seine finanziellen
Unterlagen geben keinen Hinweis darauf, wie er eine so gewaltige Summe
erworben haben könnte. Ich habe alles durchgesehen. Er hat ungefähr
dreitausend auf seinem Sparbuch, die aus seinen Einnahmen der letzten fünf
Jahre stammen. Seinen Steuererklärungen nach hätte er kaum mehr
von seinem Verdienst sparen können, ohne sehr viel spartanischer zu
leben, als er das getan hat. Also muß er noch ein weiteres Einkommen
gehabt haben, und zwar in bar und ohne Unterlagen. Es handelt sich um
einen eindeutigen Fall von Steuerhinterziehung, wenn nicht um Schlimmeres.«
»Aber du glaubst, es
steckt noch etwas anderes dahinter?« fragte Miller.
Ich erzählte ihm von dem
Besuchsverbot für die Familie von John Pighee, und warum mir das
Ganze verdächtig erschien.
»Ich weiß nicht
recht«, sagte Miller.
»Ich bringe Linn Pighee
heute nachmittag um vier ins Krankenhaus. Ich möchte, daß du
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