Der stumme Handlungsreisende
auch hinkommst.«
»Ich?«
»Als eine Art
inoffizieller offizieller Zeuge.«
»Das ist keine
Angelegenheit für die Polizei, Al«, sagte er.
»Das habe ich auch
nicht behauptet, aber es ist weniger wahrscheinlich, daß man uns mit
leeren Versprechungen abspeist, wenn du - sozusagen in deiner Freizeit -
auch mit von der Partie bist.«
»Du möchtest also,
daß ich in meiner Freizeit komme, in meiner Dienstzeit und ein
inoffizieller offizieller Zeuge bin?«
»Ich hätte es
nicht besser ausdrücken können.«
Ich ging ohne sein
Versprechen, doch ich wußte, er hatte angebissen. Und das war
beinahe so gut wie ein Versprechen.
*
Mir gefiel der Gedanke, daß
ich an einem Faden gezogen hatte und einige Leute daraufhin ein wenig
zusammengezuckt waren. Nachdem ich selbst schon an so vielen Fäden
gezuckt hatte. Als ich mich von Miller verabschiedet hatte, rief ich
Walter Weston an. Er gehörte zu den glücklosen Menschen dieser
Welt, tag und nacht im Büro.
»Linn Pighee geht heute
nachmittag in die Loftus-Klinik, um ihren Mann zu besuchen. Um vier Uhr.
Sie würde sich freuen, wenn Sie auch da wären.«
»Ich?« sagte er.
»Warum?«
»Es gibt möglicherweise
juristische Komplikationen, und sie möchte, daß jemand ihre
Interessen und die ihres Mannes wahrt.«
»Was für
Komplikationen?«
»Die Identifikation zum
Beispiel.«
»Identifikation? Wovon?«
»Von John Pighee. Es
ist nicht unbedingt sicher, daß der Mann in der Loftus-Klinik tatsächlich
John Pighee ist.«
»Sie machen Witze!«
sagte er.
Das tat ich nicht. »Können
Sie kommen?«
»Welchen Grund haben
Sie…«
»Können Sie
kommen?« wiederholte ich.
»Ich denke schon«,
sagte er.
Ich gab eine Party, und die Gästeliste
war komplett.
21
Ich ging zurück ins Büro,
wo ich Sam vorfand, die Linn Pighee mit ernstem Blick musterte.
»Was ist los?«
fragte ich sie.
»Sie will ihr Frühstück
nicht essen«, sagte Sam.
»Ich habe keinen
Hunger.« Linns Stimme klang sehr schwach.
»Sie müssen Ihre
Kräfte beisammenhalten«, sagte ich. »Wir haben ein volles
Programm für heute nachmittag.«
»Ich fühle mich
wirklich nicht besonders wohl«, sagte Linn.
»Sie will nicht gehen,
Daddy«, sagte Sam.
»Sie will nicht?«
fragte ich scharf. »Sie wollen nicht?«
»Das habe ich nie
gesagt«, sagte Linn.
»Aber Sie wollen doch
nicht, oder?« fragte Sam.
»Keiner von uns will«,
sagte ich.
»Ich gehe«, sagte
Linn, »wenn Sie es für das beste halten.«
»Wenn wir herausfinden
wollen, was mit Ihrem Mann los ist, müssen wir wohl gehen.«
»Glauben Sie wirklich,
daß John irgendwo anders ist?« fragte Linn.
»Ich weiß nicht,
was ich glauben soll. Aber nach dem heutigen Tag werden wir manches viel
besser wissen.«
»Du solltest ihr keine
Hoffnungen machen, Daddy«, sagte Sam.
»Und du solltest nicht
herumlaufen und den Leuten sagen, was sie wollen und was sie sollen«,
fuhr ich sie an.
»Es geht ihr aber nicht
gut! Sie sollte nicht ausgehen. Und du hast dich beschwert, als ich
versucht habe, sie zu etwas zu drängen.«
»Streitet euch nicht«,
sagte Linn klagend. »Mit mir ist schon alles in Ordnung. Ich habe
nur letzte Nacht nicht so gut geschlafen. Ich mache jetzt ein Nickerchen,
damit ich heute nachmittag fit bin.«
»Wollen Sie nicht erst
etwas essen?« fragte ich.
»Ich versuch’s später
noch mal«, sagte sie.
Sam und ich sahen zu, wie sie
ins Schlafzimmer ging.
»Ich verstehe dich
nicht, Daddy«, sagte Sam, sobald Linn die Tür hinter sich
geschlossen hatte.
»Was soll das nun
wieder heißen?«
»Sie möchte nicht
gehen. Das sieht doch ein Blinder.«
»Aber sie möchte
wissen, was mit ihrem Mann los ist. Die Leute haben oft widersprüchliche
Wünsche. Und sie ist diejenige, die wählen muß.«
»Das verstehe ich«,
sagte Sam scharf. »Ich bin nicht dumm. Aber was ich nicht verstehe,
ist, daß du sie so dazu drängst. Du bist derjenige, der sie zu
Entscheidungen drängt.«
Ich begann mich zu
verteidigen. Hörte jedoch bald wieder damit auf. Sie hatte nicht ganz
unrecht. Ich zuckte die Achseln.
»Warum muß sie
unbedingt heute gehen? Warum nicht morgen?«
Nicht, daß es
wahrscheinlich gewesen wäre, daß sie morgen mehr Lust dazu
gehabt hätte. Aber ich sagte: »Ich habe einfach das Gefühl, daß
es der richtige Zeitpunkt ist.«
Sam verstand es immer noch
nicht.
»Ich fühle
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