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Der stumme Handlungsreisende

Der stumme Handlungsreisende

Titel: Der stumme Handlungsreisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewin
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Sie beobachtete mich. Machte mich
     nervös. Wenn ich unartig bin, mag ich keine Zeugen.
    »Schhh«,
     wiederholte ich. »Geh weg.«
    Sie ignorierte mich. Gähnte
     nicht einmal und legte sich hin. Und ließ das schillernde Spektakel
     des Lebens vor ihren tigerbraunen Augen Revue passieren.
    Ich habe ja schon ein paar
     ziemlich erniedrigende Dinge in meinem Leben getan, aber den Pausenclown für
     eine Katze zu machen - das war ein neuer Tiefpunkt. »Schhh«,
     sagte ich noch einmal, aber nicht mehr besonders hoffnungsvoll.
    Ich legte das Glas auf den
     Treppenvorsprung neben der Tür und griff in das Fenster hinein, um
     die Tür von innen zu öffnen.
    Ich bekam den Türriegel
     zu fassen.
    Im selben Augenblick schlang
     sich eine Hand mit einem kraftvollen Griff um mein Handgelenk und zog.
     Mein Arm hatte kaum eine andere Wahl, als ins Innere zu folgen. Wo sich
     ein Körper von der anderen Seite der Tür dagegenpreßte.
    Eine wütende Stimme
     sagte: »Keine Bewegung, Lee. Ich habe hier einen Revolver, der genau
     auf deinen Magen zielt, und ich weiß, wie man ihn benutzt.«
    »Was benutzt?«
     fragte ich instinktiv. »Meinen Magen?«

 
    25
    Ich bin nun mal nicht der
     abenteuerlustige Detektiv Marke Glückskind. Wenn ich schon mal ein
     Ding drehe, werde ich garantiert dabei erwischt. Es ist nicht fair. Ich hörte
     ein Klicken von der anderen Seite der Tür. In Waffenkunde bin ich
     wenig bewandert, aber ich weiß, wann ein Revolverhahn gespannt wird.
    »Tun Sie nichts, was
     ich vielleicht bedauern würde«, rief ich. »Ich tue alles,
     was Sie sagen.« Als sie mich loskreischen hörte, spitzte die
     Katze die Ohren.
    Der Druck an meinem Arm ließ
     ein wenig nach, obwohl sich der Griff um mein Handgelenk nicht lockerte.
     Ich rührte mich nicht. Mir hat der Gedanke, in einer Situation wie
     dieser die Flucht zu ergreifen, noch nie gefallen: die Kugeln, die von
     hinten kommen, kann man nicht sehen, und den Kugeln, die man nicht sehen
     kann, kann man nicht ausweichen.
    Außerdem war ich
     neugierig. Die Stimme auf der anderen Seite der Tür gehörte
     einer Frau, und ich hatte ein oder zwei Fragen an sie.
    »Wir sollten aufhören,
     uns auf diese Art und Weise zu unterhalten«, sagte ich, als ich
     durch die Hintertür in Marcia Meroms Küche gelangte. Sie stand
     ein gutes Stück von mir entfernt und hielt mit beiden Händen
     einen langläufigen, auf meine Brust gerichteten Revolver. Ohne auch
     nur ein kleines bißchen zu wackeln. »Es wäre sehr hilfreich, wenn Sie ans Telefon
     gingen oder die Tür öffneten, wenn es klingelt.«
    Sie war todernst, aber ohne
     jede Angst, denn sie hatte nicht erwartet, daß ich ich war. Es war
     Lee, den sie erwartet hatte. »Machen Sie keine schnellen Bewegungen«,
     sagte sie.
    »Warum sollte ich? Oh,
     ich verstehe. Sie glauben, ich habe auch eine Waffe. Aber ich habe keine.«
    »Gehen Sie ins
     Wohnzimmer«, sagte sie.
    »Ihr Wunsch ist mir
     Befehl«, sagte ich.
    Ich ging voran in einen
     hellblauen Raum voller Tische, Stühle, Bücherregale und
     Schnickschnack. Es stand auch ein Schreibtisch darin, der gewiß ein
     Hauptkandidat meines Interesses gewesen wäre, wenn ich den Raum ohne
     Begleitung betreten hätte. An den Wänden hingen Bilder von
     Pferden und traurig heulenden Hunden. Es waren keine Drucke, sondern
     richtige Bilder, solche mit Farbe darauf. Es gab noch viele andere
     Anzeichen von nicht unbedeutenden Mitteln und einem gewissen, wenn nicht
     sogar ansprechenden Geschmack. Über dem Schreibtisch hing eine
     Urkunde der Universität von Minnesota über die Verleihung des
     Doktorgrades in Biochemie an eine Marcia Jeannett Merom, datiert von 1972.
    Dr. Merom führte mich
     zur Vordertür. Ich begann darüber zu lamentieren, daß wir
     uns kaum kennengelernt hatten. Aber sie sagte nur: »Mund halten!«
    »Sie sind diejenige,
     die die Waffe hat«, sagte ich.
    »Vergessen Sie das
     nicht«, sagte sie.
    Wir kamen zur Tür.
    »Jetzt nehmen Sie die
     Position ein«, sagte sie.
    »Wie bitte?«
    »Gegen die Tür.
     Sie müssen doch wissen, wie es geht.«
    »Sie meinen, ich soll
     mich dagegenlehnen? Wie im Fernsehen?«
    »Hören Sie auf,
     drum herum zu reden.«
    Ich nahm die Position ein.
     Vorsichtig aber gründlich versicherte sie sich, daß es in
     meiner Kleidung keine klumpigen Metallgegenstände gab. Ihr schien es
     nicht peinlich zu sein. Aber mir.
    »Sind Sie jetzt glücklicher?«
     fragte ich.
    »Okay. Aufstehen«,
     sagte sie. »Umdrehen. Und

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