Der stumme Handlungsreisende
sie…
Und Merom, Dundree und Rush,
die alle verhindern wollten, daß irgend jemand Pighee zu sehen
bekam? Aus Angst, daß die Leute Fragen stellten, die dazu führen
konnten, daß ihre geheime Arbeit nicht mehr geheim war.
Und das war… das war
genau das, was ich herausfinden wollte.
Selbst wenn das bedeutete, daß
ich größere Risiken eingehen mußte, als ich sie mir
normalerweise gestattete. Risiken, die mich meine Lizenz kosten konnten.
Ich lachte leise in mich hinein. So, wie die Dinge lagen, war meine Lizenz
ohnehin nicht mehr viel wert.
Dr. Marcia Merom stand nur
als »Merom, M.« im Telefonbuch. Bescheidenheit, kein Zweifel.
Ich wählte ihre Nummer. Während es klingelte, legte ich mir
zurecht, wie ich es anstellen wollte, daß sie mich auf eine Tasse
Tee einlud. Aber nach fünfundzwanzigmaligem Klingeln hängte ich
ein. Schon recht: Ich hatte ohnehin keinen Durst.
Plan B. Ich ging zu der
Adresse auf dem North Washington Boulevard und stellte wie erwartet fest,
daß es sich um einen Wohnblock handelte. Aber nicht um eins dieser
glänzenden, neuen Dinger. Es war ein Steinhaufen aus den Vierzigern,
drei Stockwerke hoch. Gut in Schuß gehalten, mit Klimaanlagen, die
aus den Fenstern herausragten, als seien diese von rechteckigen Parasiten
befallen. Die von der Infektion verseuchten Fenster waren in der Überzahl.
Ich parkte auf der anderen
Straßenseite und beobachtete das Haus eine Weile. Und wurde mit
einem Mangel an verdächtigen Aktivitäten belohnt; das Gebäude
war an einem Arbeitstag weitgehend leer. Also ging ich hinein in den
Hausflur, wo ich Marcia Meroms Apartmentnummer sowie die Klingel fand, die
ich schließlich auch betätigte. Viermal, und das mit Gefühl.
Nachdem weder in der
Gegensprechanlage noch am Türöffner eine Reaktion erfolgte, befaßte
ich mich mit dem Problem, wie ich ins Haus kommen sollte. Ich klingelte
bei allen Apartments im ersten und zweiten Stock und wartete. Dann drückte
ich noch einmal auf die Klingelknöpfe. Endlich kam ein Knistern aus
der Gegensprechanlage. Eine männliche Stimme drang zu mir durch:
»Wer ist denn da, in Dreiteufelsnamen?«
Mit meiner eigenen
knisternden Fistelstimme sagte ich: »Ich bün briddel
elektrischer rumbel stringrangl dringend signalialli farumsia
fliemickallie Angestellter.«
Die Gegensprechanlage sagte:
»Scheiße!« Der Türöffner summte. Ich war im
Haus.
Die Treppen bis zum dritten
Stock nahm ich im Laufschritt, nur für den Fall, daß mein Gesprächspartner
aus der Gegensprechanlage seine Tür öffnen würde, um zu
sehen, wen er da hereingelassen hatte.
Ich rang nach Luft. Dann drückte
ich auf die Türklingel von 3 c. Ich erwartete keine Reaktion und
versuchte es nur zweimal.
Mit einigen Dietrichen und
einem Plastiklineal machte ich mich an die Arbeit.
Ich brauchte sieben Minuten,
um mich davon zu überzeugen, daß Marcia Merom ein besseres
Schloß an ihrer Tür hatte als der Durchschnitt. Die meisten
Leute sichern ihre Türen mit Schlössern, die gut aussehen, aber
schlecht schließen. Mit denen werde ich fertig.
Aber nun war ich allein mit
Plan C.
Ich ging wieder nach draußen,
stieg in den Wagen und fuhr um den Block herum in die Gasse hinter dem Gebäude.
Dort blieb ich direkt hinter dem Haus stehen und stellte fest, welche
Feuerleiter zu Marcia Meroms Wohnung hinaufführte. Der Besitz eines
Lieferwagens ist immer ein Vorteil, wenn man versucht, mitten am
Nachmittag in ein Apartmenthaus einzubrechen. Man sieht mehr nach einem
Reparaturdienst aus.
Ich nahm ein paar Werkzeuge
und stieg langsam die Leiter hinauf. Am Notausgang von Marcia Meroms Wohnung angelangt, beschloß
ich, das Schloß zu vergessen und sofort zu Plan C, Unterplan b,
überzugehen. Ich schlug den Kitt von einer Glasscheibe in der Tür
ganz ab, zog mit einer Kombizange den Rahmen heraus und löste das
Glas aus seinem Gestell.
Plötzlich spürte
ich etwas hinten an meinem Bein. Ich war so überrascht, daß ich
beinah das Glas fallen ließ.
Es war eine grauweiße
Katze, die sich in der Hoffnung auf eine Geschenkmaus halbherzig an meinem
Bein rieb. Dann rieb sie sich noch an meinem anderen Bein, aber auch das
ohne große Überzeugung.
»Geh weg. Schhh«,
flüsterte ich.
Die Katze sah mich an und faßte
ihren eigenen Beschluß. Sie ging ein halbes Dutzend Stufen hinunter
und setzte sich neben das Geländer.
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