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Der stumme Ruf der Nacht

Titel: Der stumme Ruf der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Griffin
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schieben.«
    »Das war eine Falle.« Sie stand wieder hinter ihm und schnitt ihm die Haare hinter den Ohren.
    »Eine Falle?«
    »Ich glaube, David wollte sich gar nicht mit mir treffen.«

Kapitel 6
    »Wie kommst du darauf?«
    Sie sah von oben auf seinen Kopf. Sie wollte ihm nicht in die Augen schauen. Mein Gott, was tat sie da bloß? Ihr Anwalt würde an die Decke gehen.
    »In jüngster Zeit bekam ich so viele E-Mails und SMS«, antwortete sie. »Aber nie haben wir miteinander gesprochen.«
    »Aber die Nachrichten waren alle von ihm?«
    Sie zuckte die Achseln. »Ich bin mir nicht sicher. Ich dachte, ja. Aber jetzt glaube ich, dass das nicht stimmt. Vielleicht hatte irgendwer sein Handy. Jemand, der wollte, dass ich ihn an jenem Tag treffe.«
    Courtneys Puls wurde schneller. Jetzt war es so weit. Sie sagte ihm die Wahrheit. Und er hing an ihren Lippen.
    »Als David zu mir ins Auto stieg«, fuhr sie fort, »sagte er etwas von – den Wortlaut weiß ich leider nicht mehr – aber dem Sinn nach sagte er etwas wie, ›Hör auf, mich zu belästigen‹. Also hat er vielleicht ebenfalls solche Nachrichten bekommen.«
    »Ist es dir recht, wenn ich mal in deinen Computer schaue?«
    Sie steckte die Schere in die Schürze. Um ihre Nervosität zu überspielen, griff sie nach einer Bürste und
konzentrierte sich darauf, ihm den Nacken und die Schultern zu säubern.
    Sie wollte ihm vertrauen. Sie wollte, dass er ihr half. Er hatte so viele Mittel, die ihr nicht zur Verfügung standen – vielleicht fand er heraus, was geschehen war. Courtney hatte versucht zu verstehen, was passiert war, aber irgendwie ergab alles keinen Sinn. Sie wusste einfach nicht genug. Und für die Polizei deuteten alle Indizien auf sie.
    »Courtney?«
    »Mein Anwalt würde garantiert sagen, dass du dir eine richterliche Anordnung besorgen sollst«, meinte sie.
    »Deinen Anwalt frage ich aber nicht.«
    Sie beendete das Abbürsten und nahm ihm den Umhang ab. Gegen die Theke gelehnt sah sie ihn an. Er hatte warme braune Augen. Vertrauenswürdige Augen. Sie fragte sich, ob das daher kam, dass er Soldat gewesen war.
    »Ich überleg es mir.«
    Er hatte auf eine andere Antwort gehofft.
    »Wie viele Nachrichten hat er dir denn geschickt?«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht fünf oder sechs. Er wurde ziemlich aufdringlich, nachdem ich zum ersten Treffen nicht erschienen bin …«
    »Welches erste Treffen?«
    Verdammt. Das hatte sie gar nicht erwähnen wollen.
    Aber vielleicht war es am besten so. Vielleicht sollte sie ihm alles erzählen, damit er die Möglichkeiten der Polizei für sie nutzte anstatt gegen sie.
    »Welches erste Treffen denn?«

    Oder sollte sie sich erst beratschlagen und ihren Anwalt konsultieren?
    Noch immer saß er auf dem Stuhl, aber jetzt beugte er sich nach vorne. »Courtney?«
    »Er hatte vorher schon ein Treffen arrangiert. Im Randolph Hotel.«
    »Wann denn?« Will schien hochkonzentriert.
    »Vor ein paar Wochen. Am fünfundzwanzigsten Juli.«
    »Und du hast es abgesagt?«
    »Ich hab ihm gesagt, dass ich kommen würde. Bin ich dann aber doch nicht.«
    »Und das alles ist per E-Mail gelaufen?«
    »Am Anfang schon. Aber nachdem ich zum ersten Treffen nicht erschienen bin, hat er mir ein paar SMS geschickt.«
    »Warum bist du denn nicht hingegangen?«
    Sie biss sich auf die Lippe. Nun schien ihr die Sache etwas albern. »Eigentlich wollte ich gar nicht hingehen. Ich wollte ihm nur eins auswischen.«
    »Ihm eins auswischen?«
    »Na ja, du weißt schon, ihn ein bisschen heißmachen, damit er hinterher umso mehr enttäuscht wäre.«
    Wie ertappt zog sie die Augenbrauen hoch.
    »Wahrscheinlich bin ich ein bisschen rachsüchtig.«
    Über sein Gesicht huschte ein Grinsen, das jedoch schnell wieder verschwand. »Warum bist du dann zum Zilker Park gekommen, wenn du ihn gar nicht sehen wolltest?«
    Sie seufzte. »Die Nachrichten wurden immer drängender. Und die letzte hat mich dann wirklich geschockt.«

    »Wie das?«
    »Er schrieb, er würde seine Frau verlassen. Wegen mir.« Sie erinnerte sich an das Gefühl, als sie die SMS las. Ihr ganzer Körper war vor Schock wie erstarrt. »Ich konnte das einfach nicht ertragen. Also habe ich zugesagt. Ich wollte ihn treffen und es ihm ausreden. Das Ganze war total verrückt. Seit sechs Monaten hatten wir uns nicht einmal gesehen.«
    Will lehnte sich wieder zurück und überdachte ihre Worte.
    »Tja, ich schätze, es war ein Volltreffer, dass du dir die Haare hast schneiden lassen.«
    Er sah sie nur an.
    Sie

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