Der stumme Ruf der Nacht
nicht glaubte.
Sie lächelte dünn. »So wie es einem unter diesen Umständen geht. Aber warum verraten Sie mir nicht einfach den Plan, wie Sie die kleine Nutte verhaften wollen, die meinen Mann auf dem Gewissen hat?«
Devereaux hob erstaunt die Brauen. Kühl wandte sie sich an Will. »Detective?«
»Es ist nicht so einfach«, entgegnete er.
»Sie war doch im Auto, oder? Und es war ihre Pistole.«
Devereaux sah ihn an. Woher wusste sie von der Waffe? Dass die Pistole gefunden worden war, war noch nicht an die Presse weitergegeben worden.
»Madam«, sagte Will. »Darf ich fragen, woher Sie diese Information haben?«
Ohne ihm zu antworten, wandte sie sich wieder an Devereaux. »Sie ist verrückt, verstehen Sie? Vergangenen Winter hat sie mit einem Hammer auf Johns Carrera eingeprügelt. Das müsste die Polizei doch wissen. John war die ganze Nacht auf dem Polizeirevier, um einen Skandal zu vermeiden.«
Devereaux blickte kurz zu Will. Die Verblüffung stand ihm ins Gesicht geschrieben.
»Wie? Sie glauben wohl, ich hätte keine Ahnung?«, höhnte sie. »John mag vieles gewesen sein, aber eines war er sicher nicht: diskret. Er konnte nie seinen Mund halten. Ich habe zufällig mit angehört, als er vor seinen Golffreunden über sie sprach.«
Will starrte sie an. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Er räusperte sich: »Mrs. Alvin, wir sind mitten in den Ermittlungen -«
»Erzählen Sie mir nichts.« Sie erhob sich. »Ich will, dass diese Frau festgenommen wird. Sie ist gefährlich. Wer weiß, wie viele Familien sie schon zerstört hat? Sie gehört hinter Gitter.«
Will und Devereaux erhoben sich ebenfalls. Das Gespräch nahm eine sehr ungute Wendung.
»Ich kann Ihnen sagen, dass wir rund um die Uhr arbeiten.« Devereaux’ gedehnter Louisiana-Akzent war jetzt viel deutlicher zu hören. Will fragte sich, ob das Taktik war, um sie zu beruhigen. »Wir müssen uns strikt an die Regeln halten, damit die Sache auch vor Gericht Bestand hat.«
Sie funkelte ihn an. Zornig wandte sie sich an Will.
»Und was passiert da eigentlich in Johns Büro? Sie wissen doch längst, wer ihn ermordet hat. Warum graben Sie dort all diese persönlichen Informationen aus?«
»Madam?« Devereaux tat so, als verstünde er nicht.
»Warum befragen diese Detectives alle Freunde und Kollegen von John. Das ist empörend. Glauben Sie, mir hilft es, wenn Sie überall in der Stadt diese Gerüchte verbreiten, dass wir Eheprobleme gehabt hätten? Ich muss an meine Tochter denken!«
Will versuchte, beschämt dreinzublicken. »Es tut uns leid, wenn unsere Methoden für Sie unangenehm sind. Aber unsere Sorgfaltspflicht gebietet -«
»War Riley deswegen hier?«, fuhr Devereaux dazwischen. »Wegen des Klatsches im Büro?«
Sie sah Devereaux an. »Nein, natürlich nicht. Das war ein geschäftlicher Termin für ihn.«
»Wie bitte?«
Finster starrte sie Will an. Die feine Dame hatte die Maske fallen gelassen. »Ein Mandantentermin. Der Kerl hat Angst, dass das Unternehmen meiner Familie sich nun, da John tot ist, eine andere Kanzlei sucht. Er befürchtet, dass seine Firma ihren größten Mandanten verliert. Er hat schlicht Angst um sein Geld.« Ihr Kinn zitterte nun, und die Hände hatte sie zu Fäusten geballt. »Bin ich hier denn die Einzige, die auch nur eine Sekunde lang an John denkt? Bin ich die Einzige, die will, dass die Schuldige bestraft wird? Ich will nichts mehr von Ihren Methoden hören. Ich will, dass sie verhaftet wird.«
Zwei Minuten später standen sie wieder auf dem Parkplatz vor dem Haus. Der Lotus war verschwunden.
»Das war wohl nichts«, schimpfte Devereaux.
Will setzte sich ans Steuer. »Was machen wir jetzt?«
Devereaux ließ das Fenster herunter und legte seinen Arm auf die Tür. »Ach, keine Ahnung. Es hat fast vierzig Grad. Die Sonne scheint. Ideales Wetter, um ein bisschen im Zilker Park zu joggen.«
Courtney stand in Baumstellung auf ihrer Yogamatte und versuchte, ihren Körper von all der Anspannung und dem vielen Koffein zu befreien, die sich heute Nachmittag darin angesammelt hatten. Sie hatte heute früher Schluss gemacht, wollte in ein Internet-Café gehen und ein bisschen Ordnung in die Ereignisse der vergangenen Tage bringen.
Langsam wechselte sie in den Zehenstand, indem sie die Bewegungen des Lehrers nachahmte. Als sie sich bemühte, diese Position zu halten, liefen ihr kleine Bäche von Schweiß den Hals hinab. Ihr T-Shirt war klatschnass, ihre Leggins feucht. Eigentlich fand sie Bikram-Yoga
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