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Der stumme Ruf der Nacht

Titel: Der stumme Ruf der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Griffin
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kurvenreichen Straße durch die Hügel westlich von Austin. Aufmerksam hielt Will Ausschau nach möglichem Wild am Straßenrand. Außerdem blickte er immer wieder in den Rückspiegel, um zu sehen, ob sie verfolgt wurden. Doch da war niemand.
    »Wie ist sie gestorben?«, wollte er wissen. »Bei uns gibt es wegen ihr keine Ermittlungen.«
    »Es war ein Fahrradunfall. So steht es jedenfalls in der Zeitung. Aber ich glaube das nicht.«
    »Wo ist der Unfall passiert?«
    »Da fahren wir gerade hin. An der nächsten Ampel rechts.«
    Will wechselte auf die Abbiegespur. Wieder durchzuckte ihn der leichte Kopfschmerz, der ihm schon seit Tagen zu schaffen machte. Jetzt wusste er, dass er von der Gewissheit rührte, dass Courtney in eine tödliche Sache verwickelt war.

    Und er musste möglichst bald herausfinden, was es war.
    »Du lebst noch nicht lange in Austin, oder?«, fragte sie.
    »Seit drei Wochen.«
    »Dann weißt du wahrscheinlich nicht, dass wir gleich auf eine der schönsten Radstrecken Austins kommen, den Capital of Texas Highway. Sehr beliebt bei allen, die am liebsten gelbe Trikots tragen. Vor allem im Frühling, wenn hier alles voller blauer Lupinen ist.«
    Es war zwar zu dunkel, um die Landschaft zu bewundern, aber durch eine Senke zwischen den Hügeln erhaschte Will einen Blick auf die Skyline von Austin mit der markanten Kuppel des Kapitols und dem Uhrenturm der Universität. Tief in den Kalkstein gefräst schlängelte sich die Straße dahin, und als sie bergab fuhren, drosselte Will die Geschwindigkeit.
    »Hier geht’s rauf«, rief Courtney. »Halt kurz vor der Ausfahrt an.«
    Will lenkte den Wagen auf den Seitenstreifen und ließ ihn ausrollen. Obwohl es schon so spät war, sah er die Reflektoren von Radlern, die auf der anderen Seite des Mittelstreifens in Gegenrichtung dahinfuhren.
    Courtney stieß die Wagentür auf und stieg aus, Will tat es ihr gleich. Sie begann, den leichten Anstieg hinunterzulaufen. Unter Wills Schuhe knirschten die Kiesel auf dem Asphalt, als er ihr folgte. Die Scheinwerfer des Suburban ließen ihre ins Riesige verzerrten Schatten auf der Fahrbahn tanzen.
    Courtney blieb stehen und sah sich kurz um. »Da ist es!«

    »Was?«
    »Das Kreuz. Hier kam sie von der Straße ab.« Sie trat aus dem Kegel der Scheinwerfer und tastete sich vorsichtig einen grasigen Abhang hinunter. Will zog eine kleine Lampe aus der Tasche und leuchtete auf ein weißes Kreuz, um das frische weiße und gelbe Blumen drapiert waren. »Laut Unfallbericht ist sie am frühen Morgen gefahren. Es gab keine Zeugen, aber es wird vermutet, dass sie hier an diesem Anstieg die Kontrolle über das Rad verloren hat und in diesen Abgrund gestürzt ist. Sie hatte keinen Helm auf.«
    Will spähte über den Felsvorsprung in die dunkle, felsige Schlucht hinunter. »Möglich wäre das.«
    »Ihre Freunde glauben es aber nicht.«
    »Was?«
    »Dass sie ohne Helm losgefahren ist.«
    Wieder stieg Ärger in ihm auf. »Wann hast du denn mit ihren Freunden gesprochen?«
    »Bei der Gedenkfeier heute Nachmittag.«
    »Du bist zu ihrer Beerdigung gegangen und hast ihre Freunde ausgefragt?«
    »Ich glaube, sie wurde ermordet. Meiner Meinung nach wurde sie umgebracht und in die Schlucht geworfen. Oder vielleicht hat man sie auch von der Straße abgedrängt …«
    »Verdammt, Courtney, du bist nicht die Polizei!«
    Sie blickte auf die Hand, mit der er ihren Arm gepackt hatte, und er ließ los.
    »Eve ist nie ohne Helm Fahrrad gefahren«, beharrte sie. »Und ausgerechnet an dem Tag, an dem sie doch ohne fährt, verunglückt sie tödlich? Das ist doch kein
Zufall. Sieh dich doch um!« Ihr Arm beschrieb einen Kreis von Wills Wagen bis zur Schlucht. »Das sind mindestens dreißig Meter von der Straße bis hierher. Wie soll das denn gegangen sein? Außerdem war sie eine erfahrene Radlerin. Und die Straße war trocken. Warum sollte sie hier die Kontrolle verlieren?«
    »Courtney …«
    »Sie hatte zur gleichen Zeit etwas mit David wie ich. Im Januar. Mir ist wieder eingefallen, dass ich sie im Randolph gesehen habe und eifersüchtig wurde. Ich dachte, sie wollte was von ihm. Und jetzt stirbt sie einen Tag nach ihm.« Sie drehte sich um, um den provisorischen Gedenkstein anzusehen. Sie sah so traurig aus, wie sie da stand. Dabei hatte sie die andere Frau nicht einmal gekannt.
    »Weißt du, seit dem Tod meines Vaters war ich auf keiner Beerdigung mehr.« Sie sprach ganz leise. »Und heute war es schon die zweite in einer Woche.«
    Er war drauf und dran,

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