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Der stumme Tod

Der stumme Tod

Titel: Der stumme Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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keine amtsärztliche Untersuchung.«
    »Das mag ja nett gemeint sein vom Kollegen Brenner, die Affäre allein mit übler Nachrede regeln zu wollen«, sagte Rath lächelnd. »Vielleicht bestehe ich aber darauf, dass ein Disziplinarverfahren gegen mich angestrengt wird. Schon mal an diese Möglichkeit gedacht?«
    »Warum sollten Sie?«
    »Damit die Wahrheit ans Licht kommt. Dass Kriminalkommissar Frank Brenner falsche Atteste einreicht.«
    »Was reden Sie da? Wollen Sie mir etwa unterstellen, falsche Atteste auszustellen?«
    Doktor Borghausen glühte oberhalb des weißen Kragens inzwischen violett. Der Mann sollte wirklich etwas für seinen Blutdruck tun.
    »Ich unterstelle gar nichts«, sagte Rath, weiterhin ruhig und freundlich, »ich stelle lediglich Theorien auf, wie Kriminalbeamte das eben so tun. Vielleicht hat Brenner ja auch ein gefälschtes Attest eingereicht und seinen alten Freund Doktor Borghausen hintergangen.« Rath merkte, dass er jetzt die ungeteilte Aufmerksamkeit des Mediziners hatte. »Spinnen wir doch einfach mal rum«, fuhr er fort. »Kann es nicht sein, dass Sie die Angewohnheit haben, immer ein paar Attestformulare blanko unterschrieben Ihrer liebenswürdigen Roswitha in die Schublade zu schieben, damit sie das für Sie erledigen kann. Dummerweise nur - Sie zählen diese Blanko-Atteste natürlich genau nach - haben Sie heute bei der Kontrolle festgestellt, dass ein paar dieser Formulare - vielleicht auch nur eins, das überlasse ich Ihrer Fantasie - gestohlen wurden. Natürlich erstatten Sie sofort Strafanzeige bei der Polizei. Das örtliche Revier wird Ihnen jemanden vorbeischicken, und der wird Sie bitten, die Zeit einzugrenzen, in der der Diebstahl sich ereignet haben könnte. Dann nennen Sie eine Zeit, in der sich neben ein paar anderen Patienten auch Frank Brenner in Ihrer Praxis aufgehalten hat. Und die Dinge nehmen Ihren Lauf. Ohne dass Ihnen irgendein Schaden daraus entsteht.«
    Doktor Borghausen hatte ihm sprachlos zugehört. Rath spürte, dass er diesen Strohhalm ergreifen würde.
     
     
    »Sie entschuldigen mich, ich habe noch einen Hausbesuch«, sagte der Arzt. »Und dann muss ich zur Polizei - einen Diebstahl melden.«
    Als Rath nach Hause kam, erwartete ihn eine Überraschung. Damit hatte er beim besten Willen nicht gerechnet.
    Mitten auf dem liebevoll eingedeckten Esstisch, auf einem blütenweißen Tischtuch, flankiert von zwei Kerzenständern, thronte ein Geburtstagskuchen.
    Kathi stand am Tisch. Sie musste ihn im Treppenhaus gehört haben, denn die Kerzen brannten.
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Gereon«, sagte sie und lächelte.
    Fast tat sie ihm ein wenig leid, wie er sie da stehen sah, und für einen Moment hätte er sie am liebsten in den Arm genommen. Aber ein anderes Gefühl war stärker. Er spürte, wie eine unbestimmte Wut in ihm aufstieg und sich immer weiter ausbreitete, je länger er auf den Kuchen und die flackernden Kerzen starrte.
    Was fiel ihr ein, einfach so wieder aufzukreuzen? Nachdem sie ihn versetzt hatte! Nachdem er sie längst schon abgeschrieben hatte! Schon angefangen hatte, sie zu vergessen!
    Warum machte sie es ihm so schwer? »Dich gibt es also auch noch«, knurrte er.
    Ihr Lächeln faltete sich zusammen, als habe jemand ihr Gesicht zusammengeknüllt wie eine Papiertüte.
    »Kannst du mir mal sagen, wo du gewesen bist in den letzten Tagen?«, fuhr er sie an. »Du verschwindest ohne ein Wort, ohne eine Nachricht, ohne irgendetwas, und dann wagst du es, hier einfach wieder aufzutauchen, als wäre nichts geschehen?«
    »Aber Gereon! Du musst nicht böse sein! Es war nichts. Ich ... « »Ich bin nicht böse! Ich frage mich nur, was diese Spielchen sollen? Einen sitzen lassen. Sich ein paar Tage nicht melden. Dann einfach wieder aufkreuzen!«
    »Wieso Spielchen? Wir sind freie Menschen, jeder lebt sein Leben. Das hast du doch selbst mal gesagt.«
    Ja, das hatte er gesagt. Um Kathi vorsichtig anzudeuten, dass sie besser nicht allzu viel von ihm erwarten solle. Diese kalten Worte hatten sie nicht von ihm weggetrieben. Im Gegenteil.
    »Natürlich sind das Spielchen«, sagte er. »Warum lädst du mich zu einem Kostümball ein und verschwindest dann einfach, ohne auf mich zu warten?«
    »Ach Gereon! Du kamst und kamst und kamst nicht! Ich dachte, du hättest mich wieder mal versetzt!«
    »Deswegen musstest du mit einem anderen weggehen?« "Das ist nicht so, wie du denkst! Herbert ... «
    "Ich will gar nicht wissen, wie er heißt!«
    »Gereon, reg

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