Der stumme Tod
abgeschlossen.
»Da steht ja sogar sein Name an der Tür«, sagte Paul anerkennend, »wusste gar nicht, dass Gereon so wichtig ist.«
Im Büro war alles dunkel, und Charly machte Licht.
Der Schreibtisch der Sekretärin war nur notdürftig aufgeräumt.
Charly ging gleich durch in Gereons Büro, und Paul folgte. Auf dem einen Schreibtisch herrschte gähnende Leere, während auf dem anderen das Chaos tobte.
»Lass mich raten, wo Gereon sitzt«, sagte Paul. Charly schaute sich den Schreibtisch an.
Direkt auf der Schreibunterlage lag ein Zettel, auf dem etwas mit Bleistift notiert war, eine Gesprächsnotiz. Eine Adresse. Sandwerder, das musste unten am Wannsee sein. Und ein mehrfach umkringelter Name.
Marquard.
Sie versuchte sich zu erinnern, hatte Gereon den Namen nicht kürzlich erwähnt?
»Halt du die Stellung, falls er hier auftauchen sollte«, sagte sie zu Paul und nahm den Zettel vom Schreibtisch. »Ich bin gleich wieder da.«
Gräf schaute überrascht auf, als Charly so schnell schon wieder in der Mordbereitschaft erschien.
»Gibt es irgendwelche laufenden Ermittlungen, in denen der Name Marquard eine Rolle spielt?«, fragte sie.
Gräf schüttelte den Kopf.
»Marquard?« Der Mann am Nebentisch horchte auf. »Wieso fragen Sie?«
»Ich weiß nicht.« Sie zeigte den Zettel. »Eine Telefonnotiz von Gereon ... Kommissar Rath. Vielleicht hat sie ja etwas zu bedeuten.«
»Zeigen Sie doch mal«, sagte der Mann, und sie reichte ihm den Zettel. »Äh«, stammelte er und streckte die Hand aus, »Lange mein Name, Andreas Lange.«
»Ritter, Charlotte Ritter.«
»Aber ich weiß doch«, sagte Lange und wurde rot. Er schaute sich den Zettel an und schlug einen Ordner auf. »Äh, hier, wusste ich's doch! Wolfgang Marquard ist Inhaber des Filmverleihs Lichtburg. Die Adresse ist identisch mit seiner Privatadresse.«
»Und was heißt das?«
»Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das sagen darf.«
»Na, komm schon, Andreas! Charly ist sozusagen eine Kollegin!
Nur vorübergehend nicht im Dienst.«
»Also: Die Lichtburg ist eine von vier Firmen, die Schlüssel zu den beiden Kinos besaßen, in denen wir die Leichen zweier Schauspielerinnen gefunden ... «
» Besaßen? «
»Angeblich wurden die Schlüssel wieder eingefordert, als die Kinos schließen mussten, aber man weiß ja nie, ob wirklich alle zurückgegeben worden sind. Außerdem kann man solche Schlüssel ohne Probleme nachmachen.«
Charly nickte nachdenklich. »Und Sie wollen damit den Kreis derer eingrenzen, die die Schauspielerinnen in den Kinos abgelegt haben könnten.«
»Richtig, wir haben ja sonst kaum Anhaltspunkte.« Lange schaute noch einmal auf den Zettel. »Aber mich wundert, dass Kommissar Rath auf diesen Namen gestoßen ist, soweit ich weiß, kümmert der sich im Moment wieder um den Fall Winter.«
»Wenn wir mal davon ausgehen, dass Gereon nicht an Ihrer Schlüsselliste gearbeitet hat«, meinte Charly, »kann das nur eines heißen: Er ist über irgendeine andere Spur auf den selben Namen gestoßen. «
»Yangtao«, sagte Lange. »Wie bitte?«, fragte Charly.
»Das steht hier auf dem Zettel. Über der Adresse.« »Was hat denn das zu bedeuten?«
»Eine Schnapsidee von Gereon«, erklärte Gräf. »Yangtao ist so'n chinesisches Obst. Deswegen hat er sich gestern den halben Tag im Chinesenviertel rumgetrieben. «
»Und warum?«
»Dieses Chinaobst war im Magen der Winter und im Obstkorb der Fastré.« Gräf schüttelte den Kopf. »Zufall, wenn du mich fragst, der Fall Winter hat doch mit den Kinomorden rein gar nichts zu tun.«
»Wer weiß?« Charly zuckte die Achseln. »Gibt es da wirklich keine Verbindung? Was ist mit diesem Oppenberg? Der taucht auch in beiden Fällen auf.«
»Zufall.«
»Und wisst ihr, wo Manfred Oppenberg die Todesnachricht von Vivian Franck überbracht wurde?«
Die beiden Kriminalbeamten schauten sie neugierig an.
»In der Villa von Wolfgang Marquard«, sagte sie. »Sind das nicht auffallend viele Zufälle?«
»Meinst du, Oppenberg ist der Kinomörder ?«
»Oder Wolfgang Marquard. Oder jemand, den beide kennen.
Keine Ahnung. Jedenfalls stimmt da was nicht, und Gereon hat Lunte gerochen.«
»Ich glaube nicht, dass er da rausgefahren ist. Er hat keinem was davon erzählt, da nimmt man doch jemanden mit.«
»Wer weiß?« Charly zuckte die Achseln. »Wenn er es für ungefährlich hielt, weil er nicht wusste, dass der Name Marquard bei den Kinomörderermittlungen aufgetaucht ist ... Kannte er Ihre Liste, Herr
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