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Der Sturm aus dem Nichts

Der Sturm aus dem Nichts

Titel: Der Sturm aus dem Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James G. Ballard
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herabgestürzt, so daß die Mündung jetzt ein Stück unter der Piermauer zurück lag. Die schweren Caissons der Betonpier standen tief in den jetzt freiliegenden Schlammbänken. Luigi zeigte nach rechts zu den Bunkern hinüber, und Lanyon sah, daß der Wellenbrecher, in tausend Stücke zerschlagen, auf der Seite lag.
    »Hier werden wir Sie verlassen«, erklärte ihm der Dolmetscher. »Hundert Meter rechts kommen Sie ins Dock. Dann okay.«
    Lanyon nickte und nahm Patricias Arm. Dann ließ er sie die zehn Fuß auf die Schlammbank hinunter. Sie sank bis zu den Knien in den schleimigen Brei. Langsam paddelte sie sich durch bis auf festeren Grund unter dem Kanalrohr und lehnte sich erschöpft an einen Betonpfeiler.
    Lanyon wandte sich an Luigi, drückte ihm kräftig die Hand und klopfte ihm auf die Schulter.
    Der große Mann grinste. Dann zog er die 45er aus dem Gürtel und reichte sie Lanyon.
    Lanyon wandte sich an den Dolmetscher. »Sagen Sie ihm, ich werde ihn wählen, wenn er als Bürgermeister für Genua kandidiert.«
    Luigi brüllte vor Lachen, schlug Lanyon auf die Schulter und half ihm aus dem Kanal hinunter.
    Lanyon sank bis zu den Oberschenkeln in den weichen, schwarzen Schlamm, winkte den Männern über ihm ein letztes Mal zu und watete langsam zu den Pfeilern hinüber, wo sich Patricia auf eine schmale Sandbank an der Pierwand gerettet hatte. Er nahm ihren Arm, und sie drückten sich an der Mauer entlang zwischen den verbogenen Stützpfeilern hindurch. Jetzt, innerhalb des U-Boot-Hafens, befanden sie sich immer noch im Schutz der überstehenden Pier, doch der Sturm zog und zerrte an ihnen.
    Sie klammerten sich an wirren Tangwedeln und Muscheln fest, die die Pfeiler überzogen, und Lanyon deutete auf das fünfzig Yards entfernte Dach des ersten Bunkers. Entsetzt sahen sie, daß das Wasser den Boden des Bunkers freigelegt hatte, und obwohl das nicht heißen mußte, daß sie nicht hineinkonnten, bedeutete es jedoch, daß möglicherweise zu wenig Wasser im Bunker war, um die Terrapin auszufahren. Glücklicherweise lag sie im letzten des Halbkreises von Bunkern, und der Wind mußte eigentlich das Wasser darauf zutreiben.
    Sie erreichten den ersten Bunker und zogen sich hinein. Vor ihnen erhoben sich bis zum Dach riesige Gittertore. Lanyon und Patricia liefen hin und sahen durch die Stäbe den Rumpf eines Bootes der K-Klasse, das hilflos auf der Seite lag.
    Die Klappen des Gitters waren offen. Lanyon hob Patricia hinauf, und sie kletterte hindurch in die große Halle des Bunkers. Lanyon folgte, und beide liefen sie an der hochaufragenden Bodenseite des gestrandeten Bootes entlang. Die Festmacherleinen waren zerrissen oder hingen lose durch, der Turm hatte fünfundvierzig Grad Schlagseite.
    Sie erreichten die Treppe zur Verladepier, stiegen sie hinauf und bogen dann in den Gang zum Kommandostand am anderen Ende des Bunkers ein.
    »Na also, Pat, soweit hätten wir's geschafft«, sagte Lanyon, als sie stehenblieben, um Atem zu schöpfen. Er holte die Stablampe aus der Tasche und knipste sie an.
    »Sieht nicht aus, als ob noch jemand hier wäre, Steve. Glaubst du, daß die Terrapin noch da ist?«
    »Weiß der Teufel. Wenn nicht, kommen wir hierher zurück und warten das Ende des Sturmes hier in dem K-Boot ab.«
    Sie erreichten den Kommandostand und spähten in die verlassenen Büros. Die dicken Betonmauern des Bunkers hielten noch gut zusammen, aber irgendwo war ein Ventilator kaputt, und durch die Öffnung drang Luft herein und blies die Papiere von Schreibtischen und Regalen. Überall lag Abfall herum. Es gab herausgezogene Schubladen, zerbrochene Wasserbehälter, offenstehende Koffer.
    »Scheinen's ja ziemlich eilig gehabt zu haben«, bemerkte Lanyon. »Ich finde, das hier ist ein Platz, an dem man's recht gut aushalten kann. Wo, zum Teufel, sind die nur alle hin?«
    Sie liefen den dunklen Verbindungsgang entlang, vorbei an den Kommandoständen der nächsten drei Bunker. Als sie am fünften ankamen, hob sich plötzlich der Fußboden ein wenig, und Lanyon taumelte an die Wand.
    »Großer Gott, erzähl mir nicht, daß der Wind auch diesen Bau bewegen kann! Anscheinend bricht die See durch den Bunkereingang ein und schiebt den ganzen Kasten an Land!«
    »Komm, Steve, schnell«, sagte Patricia. Im Laufen klammerte sie sich an seinen Arm. Sie stolperten in den letzten Kommandostand und jagten die Treppe zum Materiallager hinunter. Als sie unten waren, öffnete sich die Tür zur Pier, Lichter gingen an, und zwei Matrosen

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