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Der Sturm

Der Sturm

Titel: Der Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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Herzstück des Grace zu zerstören.
    Sein Blick flog über die anderen Bildschirme. Überall verlassene Korridore und Räume. Der leere Aufzug, die Tür offen. Die dunklen Räume des Untergeschosses, in denen er keine Bewegung wahrnahm. Auch in der Mensa, der Küche oder in den einzelnen Apartments konnte er nichts Außergewöhnliches feststellen. Labors, Vorlesungssäle, der gesamte Sportbereich versanken im Dunkel.
    Julia, wo bist du?
    »Nichts.« Chris ballte die Faust und spürte, wie sich seine Fingernägel schmerzhaft in die Haut gruben. »Als seien sie spurlos verschwunden.«
    »Nein«, erwiderte Benjamin, »sie sind nicht spurlos verschwunden! Das Problem ist nur, sie können überall sein!« Er deutete auf die Reihe der Monitore. »Das sind nicht die einzigen Kameras, die im Gebäude vorhanden sind. Je nachdem, wofür man sich interessiert, kann man bestimmte Gebäude, Stockwerke oder eine der Außenanlagen auswählen.« Er klickte sich durch ein Dateiverzeichnis und dann öffnete sich auf dem Monitor ein Plan des gesamten Campus. »Die blauen Punkte scheinen alle Kameras zu sein, die im Gebäude vorhanden sind.« Er beugte sich noch weiter vor. »Wahnsinn! Die sind so angebracht, dass es kaum einen toten Winkel gibt. Jeder Zentimeter in diesem Gebäude ist überwacht. Das bedeutet, wir müssten eigentlich jeden finden, der sich im Collegegebäude oder auf dem Gelände aufhält.«
    »Und die roten Punkte?«, fragte Rose drängend.
    »Das sind die aktivierten Kameras, also die Kameras, deren Bilder auf die Monitore hier übertragen werden. Im Moment betrifft das die Eingangshalle, das zweite Stockwerk, das zweite Untergeschoss und die Flure im Hauptgebäude, die Mensa...«
    »Und da ist niemand zu sehen. Bis wir alle Kameras ausprobiert haben, kann Julia schon längst wieder woanders sein.« Chris verlor die Geduld.
    Benjamin hob die Hand. »Bleib cool. Ich muss erst einmal kapieren, nach welchem Prinzip die Verzeichnisse aufgebaut sind. Soweit ich das sehe, steht 0 für das Erdgeschoss. I–IV bezeichnen die Stockwerke. K für Korridor. A für Apartment...U1und U2 für die beiden Untergeschosse, U3...für das geheime Kellergeschoss, das wir entdeckt haben.«
    »Ein drittes Untergeschoss?«, fragte Rose.
    »Später. Und hier können wir die einzelnen Straßen auf dem Collegegelände . . .« Er klickte eine Kamera nach der anderen an.
    »Da!«, rief Rose. »Da bewegt sich etwas!«
    Sie beugten sich über den Bildschirm.
    Chris konnte nichts erkennen.
    Nur Schwärze. Nacht. Hohe Mauern. Ein Tor.
    »Da war doch etwas, oder?« Rose stieß einen Schrei aus. »Das ist Debbie!«
    Chris starrte auf den Monitor. Das Bild war verschwommen und körnig, aber er wusste, dass Rose recht hatte. Er erkannte Debbie an ihrem Gang und der beigen Jacke, die sie bereits am Morgen getragen hatte.
    »Wo ist das, Ben?«
    »Irgendwo draußen.«
    »Geht das auch genauer?«
    Benjamin zoomte das Bild näher heran.
    Links erkannte Chris ein flaches Dach und daneben ein weiteres, auf denen sich meterhoch der Schnee türmte. »Das ist das Sportcenter!«, rief er. »Verflucht, geht das nicht schneller!«
    »Ich kann nur so schnell sein wie das System!«, erwiderte Benjamin, aber auch er klang, als ob er jeden Moment die Geduld verlieren würde.
    Chris fixierte den Monitor. Ja, ihm schien es fast so, als ob sein Gehirn das Bild in rasender Geschwindigkeit einscannte, es immer mehr vergrößerte, bis...
    »Der Durchgang«, schrie er. »Das ist der Durchgang zwischen dem Sportcenter und den Bungalows der Dozenten.«
    Die Kamera zeigte Debbie nun ganz deutlich. Es schien fast so, als wüsste sie, dass sie beobachtet wurde, sie schaute gerade zur Seite, strich die nassen Haare aus dem Gesicht und Chris las in ihrem Gesicht: Verwirrtheit, Angst und... Wut.
    »Was will sie dort?«, hörte er Rose fragen, aber weder Chris noch Benjamin wussten eine Antwort. Stumm verfolgten sie, wie Debbie sich mühsam die schneebedeckten Stufen nach oben kämpfte. Stufen, die Chris selbst erst vor Kurzem hochgestiegen war. Und ihre Hand umklammerte, um auf dem glatten Schnee nicht auszurutschen, dasselbe schmiedeeiserne Geländer, das Chris noch vor einer halben Stunde umklammert hatte.
    Kein Zweifel – Debbie stand auf der Treppe zu Professor Brandons Haus.
    Fehler, dachte er, Fehler können manchmal tödlich sein.
    Auch wenn man glaubte, das einzig Richtige zu tun.

26. Kapitel
    A ls Chris die Haustür zu Professor Brandons Haus aufstieß, spürte er bereits,

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